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Hundeleben

Titel: Hundeleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Zander
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morgendliches Aufstehen. Proll konnte gar nicht wissen, was verschwunden war. Aber ich stellte die Frage trotzdem. Ich wollte in die Offensive.
    »Komm mit!« Proll zog mich hinüber zu einem Tisch, der in der Ecke des Zimmers stand. Nanu. Hatte er etwa eine Antwort auf meine Frage? Hoffentlich nicht.
    »Was siehst du?« Der Zeigefinger seiner rechten Hand piekste in Richtung Tisch.
    »Einen Tisch«, sagte ich wahrheitsgemäß.
    »Nein! Ja. Wer hat dir nur die Lizenz ausgestellt? Wer?« Proll schien verzweifelt. Ich schaute jetzt genauer hin. In all dem Staub zeichnete sich ein weniger staubiges Rechteck ab. Hier musste etwas gestanden oder gelegen haben. Nur was?
    »Da stand oder lag etwas«, sagte ich. Proll nickte halbwegs zufrieden.
    »Bravo. Und was?« Die Prüfung war noch nicht zu Ende.
    »Ein Buch?«
    »Ziemlich groß für ein Buch.«
    »Ein Tablett?«
    »Möglich.«
    » Mmh .«
    »Einmal darfst du noch, Mister Superhirn.«
    »Ein Aktenkoffer?«
    »Ein Aktenkoffer. Möglich. Wo ist er?«
    »Keine Ahnung.«
    »Natürlich nicht. Wieso frage ich überhaupt?«
    Er zeigte Richtung Tür.
    »Vergiss den Fall. Ab jetzt. Du hast Mark Müller gefunden. Damit ist die Sache für dich erledigt. So der Staatsanwalt will. Verstanden?«
    Ich nickte halbherzig.
    »Sagst du bitte Frau Keller Bescheid, dass ihr Bruder …«
    Proll war mit einem Satz bei mir. Seine Augen waren jetzt zehn Zentimeter von meinen Augen entfernt, vielleicht auch acht. Er stand so nah, dass ich ihn nicht sehen konnte.
    »Hast du Bruder gesagt?« Er atmete schwer.
    »Ja. Sag bloß, du hast das nicht gewusst.«
    Er kam noch näher heran. »Jetzt weiß ich es ja«, schnaufte er. Dann ließ er mich stehen.

20
    Glück gehabt. Die Lizenz steckte noch in meiner Jackentasche. Ich brauchte sie. Sie gab mir Sicherheit. Diese Sicherheit war nicht hundertprozentig. Na und, reiner Alkohol ist es auch nicht. Eine nicht hundertprozentige Sicherheit ist in unsicheren Zeiten allemal besser als gar keine Sicherheit. Ganz klar. An dieser Lizenz hingen meine Existenz, mein Müsli, meine GEZ-Gebühren , meine Kinokarten, mein Büro. Praktisch alles. Sie schützte mich davor, auf den Gängen des Arbeitsamtes meine restlichen Tage verbringen zu müssen. Sie bewahrte mich vor Hartz noch was, also vor aufkeimender Selbstmordstimmung. Sie schützte mich vor allzu großen Depressionen, vor Müßiggang und vor allem vor mir selbst. 15.07 Uhr war ich zurück im Büro. Niemand da. Der Anrufbeantworter blinkte nicht. Gut so. Zeit für einen Nachmittagsespresso. Ich setzte die Maschine in Gang und ging rüber ins Bad. Ich wickelte einige eilige und einige weniger eilige Geschäfte ab, verwischte sämtliche Spuren und schickte das Beweismaterial in den Untergrund. Erledigte Geschäfte sind besser als unerledigte Geschäfte. Und Binsenwahrheiten sind auch Wahrheiten. So ist das.
    Ich schaute rasch noch unter die Badewanne. Reine Routine. Nanu, keine 22er! Ich schaute noch einmal. Dann noch einmal. Die 22er war weg! Ich tastete mit der Hand herum. Na bitte! Da war etwas. Ich griff zu, zog das Etwas hervor. Es war ein Knochen. Hannibal musste ihn beim Spielen unter die Wanne geschoben haben. Ich dachte ein wenig an Hannibal. An seine klugen Augen, an sein stinkendes Fell, an seine riesigen Hinterlassenschaften, für die ich mich regelmäßig geschämt hatte. Ich weiß, richtige Hundebesitzer ticken in dieser Beziehung anders. Egal, Hannibal konnte mir auch nicht helfen. Nicht jetzt.
    Ich tastete weiter. Nichts. Das sah nicht gut aus. Meine Fingerabdrücke befanden sich auf der Waffe. Wenn die 22er die Tatwaffe … Oh, nein! Warum mischte ich mich immer wieder in den Gang der Dinge ein? Warum?
    Immer die Ruhe, sagte ich mir. Immer die Ruhe.
    Ich verlängerte meinen Arm mit Hilfe eines Besens, der trotz seines hohen Alters frisch und rüstig aussah. Ganz im Gegensatz zu mir. Kein Wunder. Der Besen hatte weit weniger Einsätze hinter sich als ich. Von gefährlichen Einsätzen ganz zu schweigen.
    Die Ausbeute der Besenaktion war beeindruckend: eine Glasmurmel, zirka zwei Zentimeter im Durchmesser, ein Zahn, von wem auch immer, eine Telefonkarte, ein D-Mark-Stück, zwei Ost-Alu-Pfennige, ein paar tote und ein paar lebende Asseln und sehr viel Dreck. Die 22er blieb verschwunden. Verdammt. Wer war hier gewesen? Cleo , Sylvia, Brand, meine Nachbarin? Wer hatte sich die Mühe gemacht, unter meine Badewanne zu schauen? Brand, meine Nachbarin, Cleo , Sylvia?
    Ich ging zurück ins Büro, nahm den

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