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Hundeleben

Titel: Hundeleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Zander
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Film?«, mischte sich Sylvia Keller ein. »Sie tun ja gerade so, als hinge sonst was an diesem Hitchcock. Es ist doch nur ein Film.«
    War das wirklich die Frau, mit der ich noch vor Stunden ein Bett geteilt hatte, auf sehr menschliche Art und Weise? Was war geschehen? Hatte sie sich verändert? War ich ein anderer geworden? Hatte die Welt sich ein Stück zu weit gedreht?
    »Halten Sie sich da raus!« Ich wurde wütend. Ich war nahe daran, den Kopf zu verlieren.
    »Hannibal, aus!« Ich schrie den Hund an, der schien mich nicht zu hören. »Aus, habe ich gesagt. Aus!!!«
    Hannibal schaute kurz zu mir empor, seine Augen leuchteten boshaft. Dann kaute er ruhig weiter. Etwas Violettes blitzte auf. Blödes Vieh!
    Ich ging auf Cleo los. »Sag ihm, er soll aufhören, das Beweisstück durchzukauen. Sag es!«
    Cleo zuckte mit den Schultern.
    »Warum regst du dich eigentlich so auf? Sie hat recht. Es ist doch nur ein Film.«
    Cleo lächelte in Richtung Sylvia, Sylvia lächelte zurück. Mir reichte es.
    »Wenn du den Hund nicht sofort zurückpfeifst, lasse ich ihn verhungern.«
    »Idiot! Aus, Hanni! Platz!«
    Hannibal reagierte sofort. Er ließ augenblicklich die Hülle fallen und verzog sich unter den Schreibtisch. Braver Scheißhund.
    »Ihre Frau gefällt mir, Herr Gass .«
    »Ich heiße Cleo .«
    »Sylvia, angenehm.«
    Die beiden Frauen drehten ihr Lächeln weiter auf. Ich blieb ernst. Kein Wunder. Niemand lächelte mich an. Ich schaute hinunter. Da war sie, die Katastrophe. Die Hülle hatte sich halb geöffnet und gab ihren Inhalt preis. Ich schob mich zwischen Cleo und Sylvia auf der einen und dem am Boden liegenden Beweisstück auf der anderen Seite. Zu spät. Eine merkwürdige Stille breitete sich aus. Sie kam aus Richtung der beiden Frauen und überflutete den ganzen Raum. Sie hatten das Geld entdeckt. Kein Zweifel.
    »Ich kann alles erklären. Das Geld. Ich weiß, es klingt merkwürdig. Aber ich habe es gefunden.«
    Das stimmte und stimmte auch wieder nicht. Im Klartext, es war ungenau, mithin unwahr. Schluss, aus! Ich wollte nicht länger lügen, auch wenn das Gestehen der Wahrheit nicht gerade den Hauptgewinn versprach. Aber es gibt etwas, das schlimmer ist als teilen zu müssen: leer ausgehen.
    »Na schön. Ich habe es von Mark bzw. von dem, was von Mark übrig geblieben ist. Ja, er ist tot. Er wurde erschossen. Eine Leiche ohne Hinterkopf ist kein schöner Anblick, kann ich euch sagen.«
    Keine Reaktion.
    »Ich kann verstehen, dass ihr geschockt seid. Ich weiß ja selbst nicht, was mich bei der ganzen Sache geritten hat. Ich habe ihn entdeckt. Es war grauenvoll, die vielen Maden. Ich nahm mir für die langen Winterabende zwei DVDs mit. Da lagen mindestens 200. Als ich mir den Kubrick ansehen wollte, merkte ich, dass keine DVD in der Hülle steckte, sondern Geld. 10.000, wenn ihrs genau wissen wollt. In welches Restaurant gehen wir? Villa Kellermann?«
    Keine Reaktion. Keine Trauerbekundung, kein Freudenschrei, nichts. Sie ließen mich zappeln. Sie wollten die totale Unterwerfung. Typisch. Ich war bereits am Boden. Aber sie wollten, dass ich mich eingrub. Der Kampf der Geschlechter endete immer in irgendeinem Schützengraben. Keine neue Erkenntnis, ich weiß.
    »Was wollt ihr noch hören?«
    Sie antworteten nicht. Auch gut. Ich hatte meinen Anteil an der allgemeinen Aufklärungspflicht geleistet. Jetzt war Sylvia am Zug.
    »Erzählen Sie mir alles, was Sie über die Greenpeace-Geschichte wissen, Frau Keller. Und bitte lassen Sie sich nicht zuviel Zeit. Auf mich wartet noch jede Menge Arbeit.«
    Was das für Arbeit war, ließ ich offen.
    Ich griff nach der Hülle, schob die 500er hinein und riskierte einen Blick über die Schulter. Da war niemand. Ich schaute noch einmal hin. Das Büro war leer. Keine Cleo , keine Sylvia. Sie waren weg, sie hatten mich einfach sitzen bzw. stehen lassen.
    Ärger stieg in mir auf. Wieso waren sie gegangen? Was sollte das?
    Ich nahm die Hülle und deponierte sie auf dem Schreibtisch. Da lagen sie, 10.000 Euro. Einige Scheine waren durchlöchert. Hannis Zähne hatten Spuren hinterlassen. Na und. Was machte das, solange die Zahlen lesbar waren. 10.000! Genug Geld für ein halbes Jahr, wenn ich den Gürtel dort ließ, wo er war. Sieben Monate, wenn ich ihn etwas enger schnallte. Nein! Warum enger schnallen? Im Gegenteil. Ich hatte ja noch Kubrick. Und da waren noch Tarantino, Scorsese, Coppola, Scott, Kurosawa und all die anderen.
    Endlich begriff ich, die Katastrophe war ausgeblieben. Ich

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