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Hundsköpfe - Roman

Hundsköpfe - Roman

Titel: Hundsköpfe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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Lümmel. Wisch dir das Grinsen aus dem Gesicht, was glaubst du denn, woher ich diese Münzen habe? Iwan war in meinem Laden! Aber das glaubst du mir wohl nicht, oder? Mach bloß, daß du wegkommst!«
    Und Segelohr entgegnete: »Nein, nein, ich glaub’ Ihnen!«
    »Gut«, sagte Ibsen, »nenn mir irgendeinen Namen, und ich werde dir sagen: Er war in meinem Laden. Komm schon, nenn mir einen Namen!«
    »Öh, der König«, schlug Segelohr vor, »König Haakon.«
    »1913! Wollte seine Sammlung erneuern und mir persönlich eine Jubiläumsmünze überreichen, er hatte seinen Sohn dabei. Du glaubst mir nicht … die alten Könige, die hatten noch Stil, heute interessieren sich die Leute doch nur noch für Dollars. Du hast bestimmt gesehen, wie die Menschen zu den amerikanischen Kriegsschiffen am Skoltegrunnskai laufen? Käuflich für die Dollars des großen Mannes, ha! Hast du nicht gesehen, wie die Yankees Münzen von der Reling schmeißen, als ob es Kaugummi wäre, nagelneue Münzen ohne Seelen, genauso blank wie der Körperteil, auf dem sie sitzen, und die Menschen, ha! Die verkaufen ihre Seelen für die Dollars des großen Mannes …« Während der Münzhändler noch schwadronierte, nahm Segelohr eine große Goldmünze in die Hand und starrte eindringlich das Portrait Iwans des Schrecklichen an, das ihm wie durch ein kleines Wunder zuzublinzeln schien.
    »He!« rief Ibsen. »Pfoten weg von dieser Münze! Nicht alles ist für Geld zu haben, du Lümmel. Du kannst statt dessen diese hier bekommen, aber verrat es niemandem.« Ibsen zeigte auf eine kleinere Silbermünze aus der russischen Zarenzeit, und diesmal war es Zar Nikolaj, der Segelohr zublinzelte, bevor sich seine Hand um ihn schloß.
    »He, was soll denn die Eile!« rief der Münzhändler, als Segelohr mit der Münze in der Tasche aus dem Laden stürmte und die Allikegate hinunter verschwand. Zu Hause auf Skansen fand er bei Askilds Malsachen eine alte Holzschachtel, er legte die Münze hinein und versteckte die Schachtel unter dem Bett, bevor er ins Wohnzimmer ging, um nach seinem kleinen Bruder Knut zu sehen, der jetzt knapp ein halbes Jahr alt war. Und Ibsens Ermahnungen zum Trotz lief er bereits am gleichen Nachmittag zum Skoltegrunnskai, um sich das große amerikanische Kriegsschiff anzusehen, das einen Tag zuvor angekommen war. Auf Deck stand eine Gruppe blauweißer Matrosen.
    »He!« rief Segelohr zu den Blauweißen hinauf. »Habt ihr ’n Dollar oder ’n halben?« – und ein blankes Geldstück segelte durch die Luft und landete vor ihm auf dem Kai, genau wie Ibsen es vorhergesagt hatte. Segelohr hob es auf, starrte es verzaubert an und konnte nicht verstehen, warum der alte Münzhändler sich weigerte, mit Dollars zu handeln. Auch verstand er nicht, warum die Blauweißen ihm ohne weiteres eine Münze zugeworfen hatten, daher versuchte er es noch einmal:
    »He«, rief er, »noch eine, nur eine kleine, dann seid ihr Klasse …«
    Noch eine Münze fiel hinunter, gefolgt von Gelächter an Deck. Als er sich bückte, um die Münze aufzuheben, spürte er einen harten Schlag auf dem Hinterkopf und hörte ein noch lauteres Lachen oben vom Schiff. Er faßte sich instinktiv an den brennenden Punkt ein paar Zentimeter über dem Hinterhauptbein, und während sich der Schmerz über den ganzen Kopf ausbreitete, spürte er einen heftigen Stich am Hals und noch einen Schlag, als eine Münze ihn direkt am Knie traf. Segelohr stand in einem Regen aus Hartgeld, und ihm wurde klar, daß die Blauweißen ihm nicht eine Menge Münzen schenken wollten, nein, sie versuchten, ihn zu treffen ; und er wußte nicht recht, ob er sich im Himmel oder in der Hölle befand. Fassungslos lief er den Kai auf und ab und raffte die Münzen an sich, Reichtum wird fließen, Münzen wird es regnen, und das Gold wird seinen Weg auf die Böden der Kisten finden , hatte Raffzahn geflüstert, und mitten in diesem Inferno traf ihn eine harte Münze mitten auf die Stirn, er schrie auf und flüchtete vom Kai …
    Wieder daheim – mit blauen Flecken am ganzen Körper –, bekam Zar Nikolaj Gesellschaft von George Washington in mehreren Versionen. Das Gelächter von der Brücke verfolgte ihn noch immer. Habe ich meine Seele für die Dollars des großen Mannes verkauft? grübelte Segelohr und dachte an das Geld, das noch immer am Kai unter dem großen Schiff lag. Am nächsten Tag lief er in der Hoffnung zum Kai, die restlichen Münzen zu finden, doch sie waren samt des Kriegsschiffes mit den

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