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Hundsleben

Hundsleben

Titel: Hundsleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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erfolgreichen
Schaffens in München dabei gewesen war, als eine Flugpatin, die einem räudigen
Köter die Einreise erleichtert hat, des Drogenschmuggels überführt worden war.
Da der gute Reiber aber keine Ahnung hatte, ob Frau Pfaffenbichler daran
beteiligt war, war mir diese Spur nun wirklich zu lau.«
    »Komm, Weinzirl, sei mal fair. Die Idee gefällt dir
nur deshalb nicht, weil sie von Reiber stammt!«, rief Evi.
    Melanie zog ein bisschen den Kopf ein, so als wolle
sie sich aus der Schusslinie bringen. Aber Gerhard reagierte nicht. Evi hatte
ja recht. Er war ein ziemlicher Stinkstiefel gewesen. Matte hatte schon am
zweiten Tag die elementare Frage gestellt: »Hat Jo einen Neuen? Einen Mister
Wonderful, einen, der besser ist, als du es bist?« Matte kannte Jo genauso lange,
wie Gerhard Jo kannte. Matte war auch mal das Objekt ihrer Begierde gewesen,
und in einem Städtchen wie Kempten war es in den lustigen bunten Achtzigern
auch nicht ausgeblieben, dass jeder mal mit jeder …
    Dass nicht nur innerhalb der angesagten Cliquen
gevögelt wurde, sondern auch mal ausgetauscht. Matte war damals eine Randfigur
gewesen, schwer einzuordnen. Und er war wahnsinnig hübsch gewesen, was Jo
natürlich auch aufgefallen war. Dass Jo mit Matte und vielen anderen seiner
Freunde etwas gehabt hatte, hatte Gerhard damals nur jeweils kurz gestört, und
heute war das eher eine Gemeinsamkeit aus jener verklärten Jugend in den
Achtzigern.
    Gerhard hatte Jos weltmeisterlichen Alpinlover
hingenommen, auch den jungen Ungarn, sie alle waren Episoden gewesen. Hatten Jo
ein bisschen unterhalten, sodass er sie nicht hatte unterhalten müssen.
Verloren hatten sie sich beide darüber nie. Matte hatte die richtige Frage
gestellt: »Einen, der besser ist?« Ja, besser für Jo.
    »Lass sie endlich ziehen«, hatte Matte gesagt. »Dann
kann sie mal zu leben beginnen und du auch.« Gerhard hatte jedes weitere
Gespräch abgeschmettert und doch gewusst, dass Matte recht hatte. Jo und Reiber
– warum nicht? Sie war schön und intelligent, aufbrausend und höchst explosiv.
Er war schön und intelligent, aber beherrscht und ausgleichend. Wenn Jo es
schaffte, diesem Mann mit Respekt zu begegnen, würden sie ein grandioses Paar
abgeben.
    Gerhard konzentrierte sich wieder auf Evi. »Doch, die
Theorie gefällt mir so gut wie jede andere. Ich zweifle nur stets an solchen
abstrusen Geschichten. Morde passieren am häufigsten im allernächsten
Bekannten- und Verwandtenkreis. Wir bleiben an allem dran, wir sollten auch
Herrn Angerer nochmals ins Visier nehmen.«
    »Ach, jetzt doch? Vor Weihnachten warst du weniger
überzeugt.« Evi musste heute ein bisschen stänkern.
    »Ja, all die Kerzlein und die beschauliche Musik haben
meine aufgewühlte Seele beruhigt, meine Beste! Diese stade Zeit, die i so moag,
hat so viel Beruhigendes.« Gerhard grinste Melanie an.
    »Depp! Wo warst du eigentlich?«, fragte Evi.
    »Och, am Bodensee bei Freunden. Man sieht sich ja
sonst so selten.« Das kam lässig rüber, ließ offen, ob die Freunde männlich
oder weiblich gewesen waren. Und weil er heute so gut drauf war, schickte er
ein »Und bei euch war’s auch nett?« hinterher. »Jos Feste sind ja immer
legendär!«
    »Ja, sehr lustig, Reiber hat mich echt überrascht.
Ganz locker, sehr nett, fanden wir alle.«
    Das war eine Provokation, aber Gerhard ging nicht
darauf ein. Wer »alle« war, wusste er.
    »Gut, Mädels, dann mal auf! Dieser Angerer täte doch
alles für seine Frau. Warum nicht auch Hunde aufhängen lassen?«
    Reiber war an diesem 26. wirklich frustriert. Er war
am 25. gegen Mittag gefahren, sehr ungern und voller widersprüchlicher Gefühle.
Er mochte Jo wirklich, er mochte sie sogar sehr, und das passte nun gar nicht
in seinen Plan vom Leben. Vom Berliner Leben.
    Arbeit lenkte ja bekanntlich ab. Er ließ den Fall
Revue passieren, die Gespräche mit Sandra Angerer. Es gab einfach nichts, was
eine Tatbeteiligung von Sandra Angerer nahelegte.
    Es war wie verhext, der oder die den Schlagstock
geführt hatte, war ein Phantom. Keine Spuren, einfach nichts! Reiber blätterte
in seinen Unterlagen, und da blieb sein Blick an einem gelben Klebezettelchen
hängen. Jemand hatte mit Krakelschrift eine Telefonnummer hingeschmiert und den
Namen eines Blumenladens. Akim war nicht zu erreichen, und erst nachdem er ewig
auf der Inspektion herumtelefoniert hatte, löste sich das Rätsel.
    Am 24., als er nicht da gewesen war, hatte sich der
Blumenladen gemeldet. Einer hätte wohl

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