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Hundsleben

Hundsleben

Titel: Hundsleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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was aussagen wollen.
    »Ach, und das erfahr ich jetzt!«, brüllte Reiber die
junge Polizistin an, die nur noch hauchen konnte: »Sie waren ja nicht da.«
    Reiber trat einen Stuhl zur Seite, das tat er äußerst
selten, aber er war so was von wütend.
    Wegen des Feiertags war es einigermaßen schwierig, den
Blumenhändler an die Strippe zu kriegen, der ihm dann aber die Mobilnummer von
»Otto« gab, einer seiner Aushilfen. Der hätte was zu sagen.
    Otto hatte was zu sagen, oh ja! Otto, ein Mann Ende
fünfzig mit Tonsur und weißem tief gebundenem Pferdeschwanz, Fransenlederjacke,
Cowboystiefeln und übler Bierfahne, kam umgehend in Reibers Büro.
    »Also noch mal, wie vorhin am Telefon«, sagte Reiber.
    »Na, ich bin da mit dem Lieferwagen hingefahren, fang
an auszuladen, als mich so ein Typ anspricht und fragt, ob er mir helfen kann.
Ich dachte erst, der verarscht mich oder is’ echt der Weihnachtsmann oder so.«
    »Ja, und weiter?«
    »Na, er hat mir gesagt, er würd mir zweihundert Euro
geben, wenn er helfen dürft. Zweihundert Euro, ganz schön viel Moos!«
    »Ja.« Reiber versuchte, nicht zu genervt zu klingen.
»Und immer noch weiter?«
    »Der hat dann eben auch einige der Blumentöpfe
gepackt, wir haben das Zeug platziert, und plötzlich war der weg.«
    »Wie, weg?«
    »Na, eben weg.«
    »Sie können also nicht sicher sagen, ob er das Gebäude
wieder verlassen hat?«, fragte Reiber. In seinem Kopf wirbelten die Gedanken
wie Konfetti im Wind.
    »Nö!«, sagte Otto.
    »Und die Türsteher?«
    »Ach, die haben nicht auf uns geachtet, die haben sich
Kaffee geholt. Ham Sie vielleicht ‘nen Kaffee für mich?«
    »Hab ich, Otto, hab ich! Und ich hab dann noch einen
Job für Sie. Wir müssen ein Phantombild erstellen. Es kann ein bisschen dauern,
bis mein Spezialist für so was da ist.«
    Ganz so lange dauerte es nicht, allein das Ergebnis
war nicht sehr zufriedenstellend. Der Mann hatte eine Nikolausmütze, hatte
einen Bart und eine Brille.
    »Was ist das denn?«, fragte Reiber.
    »Ich sag doch, das war der Weihnachtsmann«, meinte
Otto treuherzig.
    »Wie? Der Bart war ein Nikolausbart?«
    »Klar!«
    Reiber notierte Ottos Adresse und Telefonnummer und
verfluchte den Tag, an dem er diese Münze geworfen hatte. Sie hatte damals
entschieden, ob er Jura studieren oder zur Polizei gehen sollte. Oh wäre sie
doch andersrum gelandet!
    Zumindest war sich Otto sicher, dass der Mann etwa
eins fünfundsiebzig gewesen war, sehr dunkle Augen und einen leichten Akzent
gehabt hatte. Welcher Art? Natürlich Fehlanzeige! Fakt war immerhin, dass ein
Mann sich auf diese Weise Zutritt zur Vertretung verschafft hatte. Nicht nur
ein Mann, sondern der Weihnachtsmann. Und nicht Sandra Angerer.
    Reiber starrte wütend in seinen PC und blieb wieder an der Sache mit der
Flugpatin hängen. Und plötzlich konnte er nicht anders. Was sollte es auch, mehr
als auflegen konnte sie ja nicht!
    Roswitha Maurer hatte noch dieselbe Nummer und ging
dran. Reiber erklärte ihr, wer er war. Dass sein Anruf wirklich nichts mit der
Sache damals zu tun hatte. Dass er nun ihre Hilfe brauche.
    »Ich will damit nichts mehr zu tun haben. Was glauben
Sie, wie lange ich damit zu kämpfen hatte? Etwas bleibt immer zurück. Also
lassen Sie mich in Ruhe!«
    Sie war kurz davor, aufzulegen, als Reiber seinen
Trumpf ausspielte. »Frau Maurer, Sie lieben doch immer noch Tiere. Frau Maurer,
Sie sind ein guter Mensch, das hat man im Blut. Und nun mussten sieben Hunde
elend sterben. Sie wurden aufgehängt, stellen Sie sich diesen Frevel vor! Frau
Maurer, Sie müssen mir helfen, für diese Tiere!«
    Am anderen Ende war es still. Reiber nutzte die Chance
und breitete die ganze Geschichte aus. Den Mord an Frau Pfaffenbichler, den
grausamen Tod der Tiere.
    »Und was wollen Sie jetzt von mir? Ich kann Ihnen auch
nichts anderes sagen als damals«, sagte sie.
    »Sie hatten wirklich keinen Namen? Ich meine, Sie wussten
wirklich nicht, wer den Hund in München in Empfang nehmen sollte?«
    »Nein, es hieß, jemand würde ein Schild mit
›Sternenhunde‹ hochhalten. Das hab ich alles tausendmal gesagt.«
    Aber da war etwas in ihrer Stimme, das Reiber
aufhorchen ließ. »Frau Maurer, das glaube ich Ihnen, und das ist heute alles
nicht mehr relevant. Aber wenn Sie irgendwas wissen, Frau Maurer, für diese
armen Kreaturen!«
    Es war still, und dann hörte er ein Schnaufen, wie
eine Entladung. »Brigitte kannte den Namen Pfaffenbichler!«
    »Brigitte?«
    »Brigitte, eine Freundin von mir.

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