Hundsvieh - Kriminalroman
Schritte. Dann erscheint ein perfekt gekleideter Mann in der Tür, sportlich, gut rasiert, wachsamer Blick und …
»Ist Herr Keller nicht da?« Eine herrische Stimme.
»Sehen Sie ihn vielleicht?« Ich schaue unter den Tisch. »Hier ist er nicht!«
»Lassen Sie das! Wann kommt er wieder?«
»Bin ich Herrn Kellers Sekretärin?« Ich greife nach der Zeitung.
»Darf ich mich setzen?« Er zieht einen Stuhl zum Tisch und verzieht das Gesicht zu einer Grimasse, die möglicherweise ein Lächeln sein könnte. »Ich kenne Sie gar nicht, Herr …«
Ich nehme mir den Sportteil vor. »Ich Sie auch nicht!«
»Verzeihung, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt.« Nun scheint er begriffen zu haben, dass es bei mir mit der Brechstange nicht geht. »Mein Name ist Niggli, Pit Niggli.«
»Claudio Mettler, freut mich.« Wir schütteln uns die Hände.
»Es freut mich, dass ich Sie treffe, Herr Mettler. Sie wohnen und arbeiten doch bei Frau Caduff und scheinen einen großen Einfluss auf die Dame zu haben.« Er räuspert sich, zieht dann seine Brieftasche hervor und legt einen Tausender auf den Tisch. »Wäre es vorstellbar, dass man die alte Dame davon überzeugt, uns das Landstück beim Tunnel ohne großes Aufsehen zu überschreiben?«
Ein Schulterzucken meinerseits bewegt ihn dazu, einen weiteren Tausender auf den Tisch zu legen.
»Na, Mettler, ist das ein Angebot?« Niggli zündet sich eine Zigarre an und schaut mich erwartungsvoll an.
»Ich soll also Frau Caduff dazu bringen, Ihnen das Land zu überschreiben?« Vor mir liegen die zwei Tausender.
Er pafft Rauchwolken in die Küchenstube. »Nicht mir. Frau Caduff schuldet Herrn Belasch Geld und kann es nicht zurückzahlen, da wäre es wirklich das Einfachste …«
»Frau Caduff wird ihre Schulden bezahlen, wenn sich Belasch der Polizei stellt.« Ohne die zwei Tausender eines Blickes zu würdigen, stehe ich auf und lasse den verdutzten Anwalt in Kellers Küche zurück.
21.
Um zwei Uhr halte ich mit dem Jeep von Christine vor der Krone. Frau Thalmann und drei Herren mit kleinen Rucksäcken stehen bereit. Sie wiederum ganz in Loden, die Herren mit festem Schuhwerk und Expeditionskleidung, einzig die Tropenhelme fehlen noch.
»Mein Name ist Mettler, ich werde Sie heute Nachmittag fahren.«
Frau Thalmann öffnet die Wagentür. »Darf ich vorstellen: Herr Arpagaus, Herr Camenisch und Herr Doktor Kugler aus Stuttgart.«
Der etwas übergewichtige Kugler setzt sich neben mich, die anderen zwängen sich auf die Rückbank.
»Wohin fahren wir?« Ich starte den Motor und lege den Gang ein.
»Wir möchten Herrn Doktor Kugler gerne das Tal zeigen, nehmen Sie zuerst die Straße zur Baustelle am Aquapark.« Frau Thalmann lehnt sich zurück. »Das wird ihn sicher interessieren.«
Nach wenigen Minuten Fahrt halte ich neben dem Bretterzaun.
»Warten Sie bitte hier auf uns.« Frau Thalmann und die Politiker gehen zum Tor und verschwinden hinter dem Bretterzaun. Ich wende den Wagen, steige dann aus, gehe zum Eingang und schaue zur Stelle hinüber, wo wir vorgestern Nacht die tote Anna Rasut gefunden hatten. Eine junge Tote, umgeben von brennenden Kerzen, einen Blumenkranz um den Kopf. Das heißt, gefunden haben wir sie erst beim zweiten Mal, beim ersten Mal hatte dort der gelbe Trax gestanden und daneben eine tote Kuh gelegen. Beim zweiten Besuch war dann die Leiche da, Trax und Kuh dagegen verschwunden. Frau Moser kommt mir in den Sinn mit ihrer Geschichte. Ist es wirklich möglich, dass sie heute Morgen einen Haufen toter Kühe beim Tunnel gesehen hat?
Nach einigen Minuten sind meine Fahrgäste zurück. Kugler wischt sich mit seinem Taschentuch den Schweiß von der Stirn.
»Kann man von hier zum Tunnel hinüberfahren?«, will Arpagaus wissen.
»Wir können es versuchen.« Ein Weg voller Schlaglöcher führt uns hinüber zum Bahndamm. Was soll’s? Es ist ja nicht mein Wagen. Meine Passagiere werden ganz schön durchgeschüttelt.
»Wohin führen diese Schienen?« Herr Kugler neben mir hält sich krampfhaft am Türgriff fest.
»Sie enden beim Tunnel«, erklärt die Thalmann, »doch ich denke, man könnte sie bis zum Aquapark verlängern, dann gäbe es eine direkte Verbindung für unsere … Gäste.«
»Gut. Wissen Sie, Herr Camenisch«, ein Schlagloch unterbricht Kuglers Rede, »funktionierende Transportwege sind das A und O in unserem Geschäft.«
»Geht es nicht auch um eine soziale Aufgabe?«, mischt sich Arpagaus in die Diskussion ein. »Ich denke da an einen Dienst
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