Hungry for Love
„Können wir die 8-Uhr-Nachrichten ansehen, Mom?“
„Okay. Aber dann gehst du gleich ins Bett, versprochen?“
Zusammen saßen sie – Pablo zusammen mit seiner Mom und seiner Grandma – gespannt vor dem Fernseher.
„Da, jetzt kommt es.“
Die Lokalnachrichten brachten einen Bericht über Luke Cartwright, den Wohltäter der Bedürftigen, der sich sogar in ein verarmtes Viertel wie Oak Park begab, um einem kleinen Jungen eine Freude zu machen. Er wurde als Heiliger dargestellt.
„Mr. Cartwright, wer ist dieser besagte Junge und in welcher Beziehung stehen Sie zu ihm?“, fragte einer der Reporter mit einem Mikrofon in der Hand.
„Ich kann nur sagen, dass er ein Freund von mir ist, ein ganz besonderer kleiner Junge.“
Dann wurden plötzlich verschiedene andere Personen eingeblendet. Eine Lehrerin, ein paar Schüler. Alle wurden sie gefragt, ob sie wüssten, um wen es sich bei dem Jungen handelte.
„Na, das ist Pablo aus der 3d“, sagte ein Mädchen.
„Ich darf Ihnen dazu leider keine Auskunft geben“, sagte eine mollige Lehrerin.
„Na, mein bester Freund, Pablo“, antwortete ein kleiner Junge.
„Hey, das ist ja Julio!“, rief Pablo jetzt auf. Er war vollkommen begeistert, dass im Fernsehen von ihm die Rede war. Teresa fand die ganze Angelegenheit weniger prickelnd.
„Scht!“, machte sie. Sie wollte hören, wie es weiterging.
„Wer ist nur dieser mysteriöse Junge, für den ein berühmter Bestseller-Autor extra den Weg nach Oak Park auf sich nimmt und vor einer Reihe von Unterschicht-Kindern spricht? Ein elternloser Junge? Sein uneheliches Kind? Die Liste der Spekulationen ist lang. Wir werden es hoffentlich bald erfahren. Das war Timothy Bales aus der Oak Park Grundschule.“
Der Moderator war weg und Bonita stellte den Fernseher ab.
„Na, wenigstens hat niemand unseren Nachnamen genannt“, sagte Teresa.
„Ist schon gut, Corazón, niemand weiß, dass es sich um unseren Pablo handelt“, versuchte ihre Mutter sie zu beruhigen.
„Wahrscheinlich hast du recht, Mutter, ich mache mir wieder viel zu viele Sorgen.“
Pablo saß noch immer mit offenem Mund da.
„Komm, ab ins Bett, Kleiner“, forderte Teresa ihn auf.
„Die haben echt meinen Namen im Fernsehen erwähnt.“
„Jetzt bist du eine richtige kleine Berühmtheit. Aber auch Berühmtheiten müssen schlafen gehen.“
„Ich war aber gar nicht im Bild. Schade, ich dachte, ich wäre mit im Bild.“
„Hör auf deine Mutter, Pablo. Und gib mir noch einen Kuss, bevor du gehst.“
Pablo beugte sich über seine Grandma und gab ihr einen Kuss. Dann ließ er sich endlich von Teresa in sein Zimmer geleiten.
Was für ein aufregender Tag für einen kleinen Jungen, dachte Teresa, als sie zwei Stunden später selbst im Bett lag. Und dann dachte sie daran, wie unglaublich gut Luke Cartwright in der Sendung ausgesehen hatte. Mit ihm in ihren Gedanken schlief sie ein, und er würde diese Nacht ganz sicher nicht mehr aus ihrem Kopf verschwinden.
♥♥♥
„ Es tut mir leid“, vernahm Teresa am nächsten Tag, als sie gerade an der Durchreiche zur Küche stand.
Sie drehte sich um und blickte direkt in die schuldbewussten Augen Luke Cartwrights.
„Ihnen muss nichts leidtun. Sie haben doch nichts getan“, beruhigte sie ihn, nahm zwei Schüsseln mit Chili con Carne und brachte sie an Tisch 4. Luke Cartwright folgte ihr und sagte: „Ich wusste wirklich nicht, dass daraus so eine große Sache gemacht wird. Ich hätte es aber wissen sollen. Ich hätte Pablo da nicht mit einbringen sollen. Bitte glauben Sie mir, dass ich ihn nicht dazu benutzt habe, um gut dazustehen, wie die Medien es darstellten.“
„Apropos Medien, die haben Sie gestern gar nicht erwähnt, als ich Sie nach dem Schulbesuch fragte.“
Sie waren jetzt an Tisch 7 angelangt und er setzte sich.
„Ich wollte Sie nicht beunruhigen. Bitte verzeihen Sie mir, ja?“ Er sah Teresa mit einem Welpenblick an, dem man nicht widerstehen konnte.
„Ist alles okay. Es weiß ja keiner, dass es sich um meinen Pablo handelt.“
„Sagen Sie`s! Sagen Sie, dass Sie mir verzeihen, sonst kriege ich heute Nacht wieder kein Auge zu.“
Oh, dachte sie, er hat sich Gedanken deswegen gemacht? Er hat nicht schlafen können deswegen?
„Ich verzeihe Ihnen. Es ist alles gut. Ich weiß doch, dass Sie Pablo nur helfen wollten. Er war übrigens total begeistert, dass er im Fernsehen erwähnt wurde.“
„Na, wenn mir keiner wirklich böse ist, dann bin ich ja beruhigt.“ Er atmete hörbar
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