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Hunkelers erster Fall - Silberkiesel

Hunkelers erster Fall - Silberkiesel

Titel: Hunkelers erster Fall - Silberkiesel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Schneider
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haben Sie Herrn Dr. Zeugin belästigt, wenn man fragen darf?«
    Ach so, da saß der Hase im Pfeffer. Hunkeler betrachtete die Fingernägel seiner linken Hand. Er musste sie wieder einmal schneiden, sie wuchsen und wuchsen.
    »Ich habe mich bei ihm über Herrn Huber erkundigt.«
    »Ich weiß. Huber ist Dr. Zeugins Angestellter. Was soll daran verdächtig sein?«
    »Ich habe Herrn Dr. Zeugin nicht gesagt, daran sei etwas verdächtig. Ich habe bloß ein bisschen mit ihm geplaudert.«
    »So. Plaudern nennen Sie das. Dr. Zeugin ist entsetzt. Er ist geschockt. Und mit Recht. Dr. Zeugin ist ein absoluter Ehrenmann, der sich in selbstlosester Weise für diese Stadt einsetzt. Und jetzt dieser hinterhältige, gemeine Verdacht. Ich habe mich für Sie, Herr Kommissär, entschuldigen müssen, und ich habe mich dabei zutiefst geschämt.«
    Suter brauchte einen Stuhl, so sehr setzte ihm seine Enttäuschung zu.
    »Es ist ein Skandal«, klagte er. Er lockerte den Kragen, kratzte sich traurig am Nacken.
    »Ich habe Dr. Zeugin gesagt«, erzählte Hunkeler, »dass wir einen heißen Tipp bekommen haben von wegen schmutzigen Diamanten.«
    »Das nimmt ja kein Ende, diese miserable Stümperei«, klagte Suter, er weinte beinahe.
    »Er hat sich sehr interessiert gezeigt zu erfahren, von wem genau dieser Tipp gekommen ist. Er hat tatsächlich insistiert. Ich habe es ihm nicht gesagt.«
    »Was wollen Sie damit zum Ausdruck bringen, wenn man…«
    »Nichts. Ich will nur sagen, dass es ihn tatsächlich außerordentlich zu interessieren schien, woher dieser Tipp gekommen ist. Ich meine, im Grunde kann ihm das doch gleichgültig sein.«
    Suter saß da, den Blick gesenkt, eine lange Weile. Er schien das Holz der Tischplatte zu betrachten. Dann hob er den Blick, und er war plötzlich nicht mehr so sicher.
    »Was Sie hier andeuten, ist ungeheuerlich. Wenn das stimmen sollte, so können wir unsere ganze Kulturaktion ›Die Welt im Gesang‹ abblasen. Das ist schlicht unmöglich.« Er überlegte, die Augen geschlossen, ein leidender, schon fast verbitterter Zug lag um seinen Mund. »Sind Sie sich eigentlich bewusst, was für einen entsetzlichen Verdacht Sie hier aussprechen?«
    »Ja«, sagte Hunkeler. »Nur wissen wir ja beide, dass ohne Deckung von höchster Stelle dieser ganze milliardenschwere Drogenhandel gar nicht möglich wäre, nicht wahr, Herr Staatsanwalt?«
    Suters Augen fixierten einen Punkt weit hinter der Wand, auf die sie gerichtet waren, weit hinter allen Mauern, Meilen entfernt. »Ich weiß«, sagte er leise, man hörte es kaum. »Die Welt ist ganz durcheinander. Der Teufel befiehlt.«
    »Ich werde meine Arbeit also weiterführen«, sagte Hunkeler, »nicht wahr?«
    »Tun Sie, was Sie tun müssen, was Ihres Amtes ist.« Suter erhob sich. »Sie sind ein Dickschädel, ein Sturkopf. Sie rennen ins Verderben.«
    Er eilte hinaus und zog leise die Tür ins Schloss.
    Kayat erwachte an diesem Mittag aus einem traumlosen Schlaf. Er fühlte sich schlapp, als hätte er tagelang darniedergelegen, genesend von einer schweren kräfteraubenden Krankheit. Einen Augenblick lang hatte er Mühe, sich im Wachsein zu orientieren, er wollte zurück in die Schwärze. Dann rollte draußen ein schweres Gefährt vorbei, das die Scheiben zum Klirren brachte.
    Er erhob sich, er stand im Zimmer einer Altwohnung. Mehrere Tabakspfeifen lagen auf einem Tisch, Krawatten hingen an einem Nagel an der Wand. In einer Ecke standen ein Rucksack, ein Eispickel und hohe, schneefeste Bergschuhe. Der Boden war übersät mit aufeinandergeschichteten Büchern. Eine Studentenbude war das, das Zimmer eines jungen Mannes, der sich mit Literatur abgab.
    Kayat erinnerte sich, dass dieses Zimmer an der Hegenheimerstraße lag. Er war gestern Nachmittag hergekommen, zusammen mit einer jungen Frau, die Fränzi Fornerod hieß. Und er hatte sechzehn Stunden geschlafen.
    Er trat auf den Gang hinaus. Das Zimmer der Gastgeberin lag nach hinten. Die Tür stand offen, es war niemand da. Er schaute sich um, aus reiner Routine, er wollte sich ein Bild machen von der Person, bei der er wohnte.
    Ein Schachspiel stand auf dem Tisch. An der Wand klebte ein Poster mit dem »Schrei« von Edvard Munch, daneben eine von der Dame wahrscheinlich selber gezeichnete Marionette, ein engelhaftes Mädchen mit flachen Kinderaugen in weißem Nachthemd, am Boden kniend, Hände und Füße an Fäden befestigt, die senkrecht nach oben führten. Wer diese Fäden in Händen hielt, war nicht zu sehen, die feinen Striche

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