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Hunkelers erster Fall - Silberkiesel

Hunkelers erster Fall - Silberkiesel

Titel: Hunkelers erster Fall - Silberkiesel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Schneider
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habe alle Taxihalter in Basel und Umgebung angerufen und gebeten herumzufragen, wer zur fraglichen Zeit eine solche Person chauffiert haben könnte. Ich wette, der Mann meldet sich. So was vergisst keiner. Ich habe das übrigens heute Morgen getan, als du noch im Bett lagst.«
    Er erhob sich, zerknüllte die Zeitung, warf sie in den Papierkorb und ging hinaus.
    Hunkeler wandte sich wieder zum Fenster. Er betrachtete die schwarzen Vögel auf dem Baum, ihre starken Schnäbel. Warum hockten sie hier und nicht irgendwo draußen im Wald?
    Er ging zur Tür und drehte den Schlüssel. Dann setzte er sich an den Tisch, ließ den Stuhl halbwegs nach hinten kippen und stellte die Fußsohlen gegen die Tischkante. Er umschlang mit beiden Armen seine Knie, schloss die Augen und wartete. Es fiel ihm nichts ein, was er hätte unternehmen können. Der Ball lag beim Gegner, und er selber konnte nur abwarten und hoffen, dass er einen Fehler machte. Diesen Moment durfte er nicht verpassen, für diesen Moment musste er gerüstet sein, nur darauf kam es jetzt an.
    Er schloss die Tür wieder auf und holte sich einen Kaffee. Er trank ihn genüsslich, obschon er nicht besser schmeckte als sonst. Aber er war sich seiner Sache plötzlich sicher. Dieser Kayat war auf der Flucht, und sie waren ihm auf den Fersen. Irgendwann würde er die Nerven verlieren, und wenn sie Glück hatten, würde er sie sogar zu seinem Auftraggeber führen.
    Hunkeler holte im Parterre unten ein Feldbett und zwei Wolldecken. Er stellte das Bett vor das Fenster, so dass er im Liegen die leere Krone des Ahorns vor sich hatte mitsamt den Krähen, die immer noch reglos verharrten. Er sperrte die Tür wieder zu, lockerte die Krawatte, legte sich aufs Bett, zog eine Wolldecke über sich und schlief ein.
    Ein lautes Poltern weckte ihn. Jemand klopfte draußen gegen die Tür.
    Er erhob sich und öffnete. Es war Suter, rot vor Entrüstung.
    »Was fällt Ihnen ein, sich einzuschließen? Sie kapseln sich ab. Sie absonderlicher Mensch, Sie drücken sich vor Ihrer Arbeit, vor Ihrer Verantwortung. Wie bitte?«, schrie er, als er das Feldbett sah. »Sehe ich richtig? Sie schlafen während der Arbeitszeit Ihren Rausch aus? Auf Staatskosten? Wie viel haben wir denn wieder getrunken gestern Abend, Herr Kommissär, wenn man fragen darf?«
    »Sie dürfen«, sagte Hunkeler. »Ich habe ein halbes Bier getrunken, es hat mir nicht geschmeckt. Dann habe ich zwei Tassen Milchkaffee getrunken. Die haben mir geschmeckt. Dann bin ich schlafen gegangen.«
    »Das ist eine ungeheuerliche Impertinenz. Sie machen sich lustig über die Staatsanwaltschaft. Das wird Ihnen nicht guttun, Herr Kommissär. Dieser Saustall hier gehört ausgemistet, gründlich und endgültig. Und dafür werde ich sorgen, ich persönlich.«
    Hunkeler setzte sich an den Tisch. »Ich habe eine Spur«, sagte er, »zusammengesetzt aus einzelnen Teilen, die ich noch nicht miteinander verbinden kann. Eine Kette gewissermaßen, in der mehrere Glieder fehlen. Es bleibt mir nichts anderes übrig, als zu warten, bis weitere Glieder auftauchen, welche die Lücken schließen. Das heißt, ich kann nichts anderes tun als warten. Und das tue ich hier, in diesem Zimmer. Und weil diese Warterei sich aller Voraussicht nach mehrere Tage hinziehen wird, habe ich mir erlaubt, ein Bett in mein Zimmer zu stellen, mich darauf zu legen und zu schlafen. Ich kann nämlich im Schlaf am besten denken, falls Sie das interessiert. Ich werde hier in diesem Zimmer so lange warten, bis etwas geschieht. Und wenn das eine Woche dauert. Sie wollen doch nicht, dass ich auf dem kalten Boden liege und mich erkälte?«
    »Was Sie hier von Ketten und Gliedern und Spuren reden«, schrie Suter, »ist mir völlig egal. Sie haben den ganzen Fall vermasselt. Hundertprozentig. Wenn diese Diamanten tatsächlich in der Kanalisation unten lagen, so hätten Sie sie gestern holen müssen. Heute ist es zu spät. Alle diese Röhren sind vollständig überschwemmt. Da steigt Ihnen kein Schwein mehr hinunter, keine Sau steigt Ihnen da hinab. Haben Sie das nicht gemerkt?«
    »Die Diamanten liegen schon längst nicht mehr dort unten.«
    »So. Und wo liegen sie denn, wenn man fragen darf?«
    »Ich habe Ihnen schon gesagt: Sie dürfen.«
    Suter drohte zu explodieren, so rot wurde sein Gesicht. Aber er beherrschte sich, trat ans Fenster und atmete tief durch, ein gestresster Verantwortungsträger, der unter der Unfähigkeit seiner Untergebenen litt. Er drehte sich um und sagte: »Und warum

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