Hutch 01 - Gottes Maschinen
grünweiße Banner der Nordamerikanischen Union. Hier war der einzige Ort im ganzen Land, wo die Fahne der NAU unter der ehemaligen Nationalflagge der Vereinigten Staaten von Amerika hing.
In den Wolkenkratzern entlang des Ufers von Arlington brannten Lichter.
Das Taxi kurvte in weitem Bogen und nahm Kurs auf das Viktoria-Ufer. Zögernd wandte Richard seine Gedanken dem kommenden Treffen zu. Er haßte offene Konfrontationen. Er war an ein respektvolles Publikum und an freundlich lauschende Zuhörer gewöhnt. Die Menschen, vor denen er normalerweise sprach, wußten, wie sie eine abweichende Meinung mitteilen konnten, ohne verletzend zu sein. Norman Caseway war Vorstandsvorsitzender der Kosmik AG und die treibende Kraft hinter PROJEKT HOFFNUNG. Es war zu erwarten, daß er sich nicht so taktvoll gegenüber Richard verhalten würde. Caseway hatte keinen Respekt vor anderen Menschen. Er war ein Straßenkämpfer, ein Raufbold, dem es Vergnügen bereitete, seine Opponenten niederzumachen, und er hatte ein ganz besonderes Vergnügen daran, akademische Typen auseinanderzunehmen. Einige von Richards Kollegen hatten diese bestürzende Erfahrung bereits hinter sich.
Richard und Caseway waren sich noch nie zuvor begegnet, aber Richard kannte Caseways Mätzchen aus dem Netz. Vor ein paar Wochen hatte er zugesehen, wie Caseway den armen Kinsey Atworth blamiert hatte. Atworth war ein Ökonom, dessen Zunge bei weitem nicht so schnell war wie sein Gehirn.
Caseways Taktik bestand darin, die Motive seiner Gegenspieler in Frage zu stellen. Zuerst machte er sich über sie lustig, dann verspottete er sie und brachte sie schließlich in Wut. Und wenn seine Gegner anfingen zu stottern und sich lächerlich machten, lehnte er sich gemütlich in seinem Sessel zurück. Der Mann genoß es, Leute zu demütigen.
Er hält große Stücke auf dich, hatte Ed gesagt. Er hat alle deine Bücher gelesen.
Das Taxi flog über Potomac Island und das Pentagon und sank Goley Inlet entgegen. Dann kurvte es in einer weiten, trägen Spirale nach unten und landete schließlich auf dem Dach der Crystal Twins.
Richards Gurte sprangen auf, und die Lukentür fuhr zur Seite. Er steckte seine Kreditkarte in den Leseschlitz. Das Taxi bedankte sich und wünschte ihm einen angenehmen Tag. Er stieg aus und war von schwülwarmer Luft umgeben. Das Taxi schoß davon. Ohne Passagiere an Bord bewegte es sich viel schneller. Richard beobachtete, wie es Kurs nach Süden in Richtung Alexandria nahm und rasch über der Kette von Hotels kleiner wurde.
Caseway lebte mit seiner Familie im Penthouse der Crystal Twins. Die Gesellschaft nannte es stolz Observatoriums-Suite. Die luxuriöse Wohnung nahm die beiden oberen Stockwerke ein.
An der Tür wurde er von einer attraktiven Frau mittleren Alters begrüßt: »Doktor Wald? Wir sind glücklich, Sie begrüßen zu dürfen.« Ihr Lächeln wirkte oberflächlich. »Mein Name ist Ann Caseway.«
»Erfreut, Sie kennenzulernen.«
Sie bot ihm keine Hand, und Richard bemerkte eine Reserviertheit, die überhaupt nicht zu ihrem Äußeren passen wollte. Er schätzte, daß Ann Caseway eigentlich eine angenehme und freundliche Frau war – unter normalen Umständen.
»Mein Mann erwartet Sie in seinem Büro.«
»Vielen Dank.« Er folgte ihr in eine Art geschmackvoll eingerichtetes Empfangszimmer. An den Wänden hingen wertvolle Gobelins und Stickereien, und das Mobiliar bestand aus karibischen Flechtstühlen und einem geschwungenen Wurzelholztisch.
Hohe Fenster boten eine herrliche Aussicht auf den Potomac. Eine gewölbte Glaskuppel bildete die Decke des Raumes. Richard bemerkte, daß die Darstellung von Erfolg und die Anhäufung von Reichtum dazu dienen sollten, Besucher einzuschüchtern. Er lächelte wegen dieser leicht durchschaubaren Taktik und gestand sich widerwillig ein, daß er trotzdem beeindruckt war.
»Es muß eine recht schwierige Situation für Sie sein«, sagte Ann Caseway leise. »Norman hat immer gehofft, daß man die Angelegenheit mit jemandem von Ihrem Niveau ausdiskutieren könnte.« In ihrer Stimme lag ein schwacher Ton des Bedauerns, gepaart mit Befriedigung. Vielleicht Bedauern, weil Richard zu schade war, um ihn ihrem Mann zu opfern. Und Befriedigung, weil der ewige Streit mit der Akademie wegen Quraqua, die Prozeßlawinen vor den Gerichten und die ständige Drohung, die Mittel einzufrieren, zu Ende waren. Nett, den Gegner mit dem Hut in der Hand vor der eigenen Tür zu empfangen.
Verdammtes Weib.
Sie führte ihn
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