Hutch 01 - Gottes Maschinen
aus der Sprache der ehemaligen Bewohner und bedeutete Erholungsgebiet der Götter. Der Yakata-See durchzog das Land auf einer Strecke von mehr als dreitausend Kilometern. Ganz im Norden, direkt vor der Küste, lag der Tempel der Winde.
Irgendwo hatte Hutch gelesen, daß Quraqua wahrscheinlich in eine Eiszeit fallen würde. Ob wahr oder nicht, die beiden Polkappen schienen jedenfalls ziemlich dick. Wenn sie dahinschmolzen, würde es eine gewaltige Überschwemmung geben. Quraqua würde sozusagen Instant-Ozeane bekommen, wenn die Experten recht behielten.
Zehn Uhr Freitag morgen. Tempelzeit. Wann war das? Sie rief die Umrechnungstabelle auf, die Allegri geschickt hatte.
Quraquas Tag dauerte zwanzig Stunden, zweiunddreißig Minuten und achtzehn Sekunden. Jedermann verstand die psychologische Bedeutsamkeit, weiterhin die gewohnte Vierundzwanzig-Stunden-Zeit zu verwenden. Anpassungen wurden immer dann erforderlich, wenn Menschen auf einer neuen Welt landeten und für einen ausgedehnten Zeitraum blieben. Auf Quraqua liefen die Chronometer normal bis 10:16:09, dann sprangen sie vor auf 12:00:00 und liefen wiederum normal weiter, bis sie um 22:32:18 auf Mitternacht vorrückten. Diese Methode verkürzte sowohl den Tag als auch die Nacht um die gleiche Zeitspanne. Folglich war jetzt beim Tempel der Winde Sonntag, genau wie an Bord der Winckelmann.
Die Terraformung würde in etwas mehr als neunzig Stunden beginnen. Henry Jacobi wollte die Evakuierung mit einer Sicherheitsspanne von zwanzig Stunden, einem Quraqua-Tag, abschließen. Sie hatten zwei Fähren, mit denen sie arbeiten konnten. Es würde leicht sein.
Trotzdem fühlte Hutch sich unbehaglich. Sie hatte nicht gerade das Gefühl, als ob die Evakuierung auf Jacobis Terminkalender obenan stünde. Sie wies den Navigationsrechner an, den Orbit um den Mond zu verlassen und Kurs auf Quraqua zu nehmen. Dann programmierte sie die beiden Stichzeiten in ihr Chronometer und stellte die Schiffsuhren auf Tempelzeit um.
Das Navigationsdisplay gab eine Warnung aus. Das Schiff würde den Orbit in sechzig Minuten verlassen.
Hutch beendete ihr Abendessen und schüttete die Reste in die Vakuumkammer. Dann legte sie eine Simm- Komödie ein und lehnte sich gemütlich zurück. Sie schlief bereits tief und fest, als die Schiffstriebwerke zündeten und die Winckelmann den Orbit verließ.
Der Summer weckte Hutch aus dem Schlaf. Ankommende Übertragung.
Die Lichter waren dunkel. Sie hatte sieben Stunden geschlafen. Richards Gesicht erschien auf dem Monitor. »Hallo«, sagte er. »Wie geht es uns?«
»Ganz gut.«
Er wirkte besorgt. Genau der Gesichtsausdruck, den er nur bei ganz bestimmten Gelegenheiten aufzusetzen pflegte. Immer dann, wenn er ihr etwas sagen wollte. Etwas, von dem er wußte, daß es ihr nicht recht war. »Hören Sie zu, Hutch. Hier unten geht alles drunter und drüber. Es gibt mehrere Fundstellen unter dem Tempel. Die eine, die uns alle am meisten interessiert, liegt ganz tief unten. Das Team stößt gerade im Augenblick erst durch. Wir brauchen jede Minute, die wir noch haben. Die Fähre hier kann drei Leute und den Piloten transportieren. Arbeiten Sie einen Plan aus, um uns hier rechtzeitig herauszuholen. Aber lassen Sie uns so viel Arbeitszeit wie nur irgend möglich!«
Hutch ließ ihrem Ärger freien Lauf. »Richard, Sie sind verrückt!«
»Möglich. Aber wir sind verdammt dicht dran, fast schon im Unteren Tempel. Hutch, er stammt aus der Zeit um neuntausend vor Christus! Die gleiche Epoche wie die der Konstruktion von Oz! Wir müssen unbedingt einen Blick darauf werfen. Wir dürfen nicht zulassen, daß er einfach so zerstört wird.«
Hutch war anderer Meinung. »Ich denke, wir sollten sehen, daß wir hier wegkommen, bevor das Wasser steigt.«
»Werden wir, Hutch. Aber bis dahin zählt jede Minute.«
»Verdammte Scheiße.«
Richard lächelte geduldig. »Hutch, wir werden kein Risiko eingehen. Sie haben mein Wort. Aber ich brauche Ihre Hilfe, in Ordnung?«
Sie dachte, ich sollte dankbar sein, daß er sich nicht einfach weigert hochzukommen, und Kosmik herausfordert, ihn zu ersäufen. Sein tiefer Glaube an die Anständigkeit anderer hatte ihn schon öfters in Gefahr gebracht. »Ich werde sehen, was ich tun kann. Richard, wer leitet die Kosmik-Operation hier? Haben Sie eine Ahnung?«
»Der Name der Direktorin lautet Melanie Truscott. Ich kenne sie nicht. Henry und sie vertragen sich nicht besonders.«
»Kann ich verstehen. Wo ist ihr Hauptquartier?«
»Eine
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