Hutch 02 - Die Sanduhr Gottes
seinen Widerhall in der Besorgnis an Bord der Wildside. Embry hatte sich mit Schuldgefühlen herumschlagen müssen, als ihr bewusst geworden war, was der Verlust der Landefähre für die Menschen auf der Oberfläche bedeutete. Natürlich wusste sie, dass sie für dieses Geschehen in keiner Weise verantwortlich war, dennoch versuchte sie, es auf ihre eigenen Schultern zu laden. Albern.
Von Anfang an hatten Tom und sie selbst vor den Monitoren gehockt und die Konversation zwischen der Landetruppe und dem Kommandostab auf der Wendy verfolgt. Als Clairveau sie gerufen hatte, um ihnen mitzuteilen, dass ein Rettungsschiff unterwegs sei, hatte sie verlangt, informiert zu werden, wie es überhaupt so weit hatte kommen können. Er hatte sich entschuldigt und erklärt, sie könnten schlicht nicht für alle Eventualitäten gerüstet sein. Wie hätte irgendjemand vorhersehen sollen, dass beide Landefähren zerstört werden würden?
Sie hätte entgegnen können, dass die zweite Fähre, das Raumfahrzeug von der Evening Star, gar nicht hätte dort sein dürfen. Es war nicht Teil dessen, was die Akademie beabsichtigt hatte. Ursprünglich war so oder so nur eine Landefähre verfügbar gewesen, also war das Risiko von Beginn an beachtlich gewesen.
Umstände. Immer führte alles zurück auf die Umstände. Nach ihrem Gespräch mit dem Captain der Wendy Jay hatte Tom gesagt, es wäre nun einmal nicht immer möglich, jede Gefährdung auszuschließen. Es kam nicht darauf an, so meinte er, was jemand vor zwanzig Jahren getan oder nicht getan hatte. Das Einzige, worauf es ankam, war die derzeitige Situation. Hutchins hatte eine Anweisung erhalten, hatte entschieden, dass das Resultat die möglichen Risiken rechtfertigte und sich konsequenterweise entschieden, nicht gegen die Anweisung zu rebellieren, was man ihr nicht zum Vorwurf machen konnte.
Aber Menschen waren gestorben, und andere mochten ihnen folgen. Embry fiel es schwer, eine Haltung zu akzeptieren, der zufolge niemand verantwortlich war. Wenn etwas schief ging, so war in ihren Augen stets jemand dafür verantwortlich.
Aber etwas Positives hatte sich in all dem Chaos doch ereignet. Sie und Scolari, allein und vergessen an Bord der Wildside, auf der niemand medizinische Hilfe brauchte, hatten Trost in den Armen des anderen gefunden.
Sie lauschten Canyons regelmäßigen Berichten auf dem Nachrichtenkanal, sie voller Verachtung, er mit der gewohnten Toleranz. »Vermutlich geht es ihm auch nicht anders als uns«, sagte er zu ihr. »Aber wenn er für die Öffentlichkeit berichtet, darf er seine Gefühle nicht zeigen. Das ist verachtenswert.«
Sie glaubte ihm nicht. Canyon schlachtete die Katastrophe aus, profitierte von ihr und dankte vermutlich seinem Glücksstern, der ihn hergeschickt hatte.
Sie saß mit Tom zusammen, sprach mit ihm über ihre Zukunftspläne, davon, wie sie sich verhalten sollten, wenn sie nach Hause zurückkehrten. Sie lebten auf entgegengesetzten Seiten des nordamerikanischen Kontinents und würden gezwungen sein, eine Weile eine virtuelle Beziehung zu führen. Keiner von beiden war zu diesem Zeitpunkt schon wirklich bereit, sich dauerhaft zu binden. Aber das musste nicht zwangsläufig zum Nachteil werden. In einem Zeitalter hoch entwickelter Technologien gab es auch in intimer Hinsicht nicht mehr viel, das sich nicht auch über weite Entfernungen durchführen ließ.
Tom sprach gerade darüber, dass sie sich während ihres Urlaubs sehen würden, als der Monitor erwachte. Eine Nachricht traf ein.
»Stell durch, Bill«, sagte er zu der KI.
Clairveaus Bild erschien auf dem Schirm. Er sah müde aus, wie Embry feststellte. Ausgezehrt. »Tom«, sagte er. »Soweit ich weiß haben Sie Laser an Bord? Tragbare Laser?«
»Ja. Irgendwo müssen einige von den Dingern sein.«
»Gut. Sie müssen sie für mich holen. Ich schicke ein Shuttle, um sie abzuholen.«
»Was haben Sie vor?«, fragte Embry. »Wozu brauchen Sie die Laser?«
»Um Ihren Captain zu retten.«
»Wirklich?«, hakte Tom nach. »Wie?«
»Später. Im Augenblick habe ich es sehr eilig.«
»Brauchen Sie Hilfe?«
»Unbedingt«, sagte Clairveau. »Wir brauchen jede Hilfe, die wir kriegen können.«
Als die Verbindung beendet war, fühlte sie die Spannung in der Kabine. »Tom«, sagte sie schließlich. »Du hast keine Ahnung von Schweißarbeiten.«
»Ich weiß«, sagte er. »Aber wie schwierig kann das schon sein.«
»Meine Damen und Herren, hier spricht Captain Nicholson. Wie Sie alle wissen, hat
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