Hutch 02 - Die Sanduhr Gottes
einen Blick darauf werfen und Sie informieren, Marcel.«
Kellie meldete sich auf dem persönlichen Kanal. »Wir sind nicht über der Ebene, Hutch«, sagte sie. Tatsächlich flogen sie über Wälder und Hügel hinweg.
»Wir sind nur noch ein paar Minuten entfernt.« Hutch wandte sich wieder an Marcel. »Wenn wir eine Möglichkeit sehen, werden wir es versuchen.«
»Ich wünschte, Sie würden das lassen.«
»Ich wünschte, wir müssten es nicht tun. Und jetzt erzählen Sie mir etwas über das Wasser. Womit müssen wir rechnen? Wellen? Ein sanftes Ansteigen? Was?«
»Da ist eine Welle unterwegs. Eigentlich sind es sogar mehrere, die dicht aufeinander folgen.«
»Wie weit sind sie entfernt? Von dem Turm? Und wie hoch?«
»Hoch genug, um die Kondensatoren unter Wasser zu setzen. Sie liegen am Boden, richtig?«
»Ja. Auf einem Tisch.«
»Dann sind sie vermutlich schon unter Wasser.«
»Haben wir eine Chance, die Welle zu schlagen? Irgendeine Chance?«
»Sie haben ungefähr fünfzehn Minuten.«
Und sie waren noch zehn Minuten entfernt. Ungefähr. »Okay, Marcel. Alles oder nichts.«
»Da wir gerade davon sprechen: Sie sind vom Kurs abgekommen. Steuern Sie zwölf Strich nach Backbord.«
Hutch bewegte den Steuerknüppel nach links und beobachtete die Richtungsanzeiger. »Okay?«, fragte sie.
»Ja«, sagte er verzweifelt. »Sieht gut aus.«
Kellie lauschte dem steten Dröhnen der Düsen und betrachtete die schneebedeckten Wipfel der Berge, die unter ihnen vorüberzogen.
»Wir haben nur wenig geladen«, sagte Hutch zu ihr. »Das bedeutet, dass wir die Kondensatoren möglicherweise installieren müssen, bevor wir wieder abheben können. Das könnte interessant werden. Vielleicht sollten Sie sich hinten umsehen und sicherstellen, dass alles in Reichweite ist, falls wir sie anschließen müssen.«
»Tun wir das in der Kabine?«
»Wenn es knapp wird, ja. Wir werden uns nicht die Zeit nehmen können, die bordeigenen Kondensatoren auszubauen. Wir ziehen nur die Anschlussverbindungen ab, verladen die neuen so gut wir können, schließen sie an und sehen zu, dass wir wegkommen. Wir werden Elektrokabel und Werkzeug brauchen.«
Kellie kletterte nach hinten und fing an, alles Notwendige hervorzukramen.
Die Landefähre flog über die letzte Hügelkette hinweg und erreichte die Ebene. Unter der Schneedecke wirkte das Land beinahe ätherisch, eine geisterhafte Landschaft glitzernder Bäume und silbrig abgesetzter Schatten. Dann veränderte sich das Bild, und sie flogen über das Wasser hinweg.
Es sah nicht tief aus, vielleicht schienbeinhoch, kniehoch. Noch waren die kleinen Sträucher am Boden zu sehen. Kellie meldete, dass hinten alles bereitläge.
Hutch sah zur Uhr und hielt nach dem Turm Ausschau. »Kann nicht mehr weit sein.« Dann wandte sie sich an Marcel. »Was passiert, wenn sie nass werden? Die Kondensatoren?«
»Für den Unterwassereinsatz sind die Dinger nicht gebaut, Hutch. Falls sie nass werden, muss man sie trocknen lassen. Vielleicht sind sie immer noch zu gebrauchen, aber sicher kann ich Ihnen das nicht sagen, und wir finden darüber keine Informationen in der Datenbank. Aber das sind Bedingungen, die wir hätten vermeiden sollen.«
Hutch verstand, was sich hinter seinen Worten verbarg. Sie hätten schneller gehen sollen. Sie nahm Schub weg und näherte sich dem Boden. Die Fähre wurde langsamer. »Kellie, halten Sie die Augen offen.«
Bäume und Bodenerhebungen brachten Wellen hervor. Ein paar Tiere flohen vor dem Wasser, und ein Rudel der wolfsähnlichen Kreaturen, die sie auf ihrer Wanderung gesehen hatten, zog nach Südwesten in höher gelegenes Gebiet. Nur ihre Köpfe lugten noch aus dem Wasser hervor. Sie würden es nicht schaffen.
»Hutch«, sagte Marcel, »Sie nähern sich jetzt dem Turm. Drei Strich nach Backbord voraus, etwa zweitausend Meter.«
Sie schaltete die Jets ab, und die Fähre schwebte durch das silbrige Licht. »Es könnte seicht genug sein, dass wir es immer noch schaffen können«, sagte Kellie.
»Ich sehe ihn.« Hutch beugte sich über ihre Kontrollinstrumente. »Ich werde versuchen, mit so wenig Spikeantrieb wie möglich zu landen. So sparen wir vielleicht genug Energie, um gleich wieder starten zu können.«
Dennoch musste sie das System einsetzen, um die Fähre in der Luft zu halten. Der Energiepegel sank. Der Reaktor schaltete sich während des Fluges automatisch ab, also stand nur die Energie zur Verfügung, die vorher in Batterien oder Kondensatoren gesammelt worden
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