Hutch 02 - Die Sanduhr Gottes
das Bild an. Starrte den Turm und den Schnee an. Das sah nach einem kalten, einsamen lebensfeindlichen Ort aus.
»Bewohnt sieht er nicht aus«, bemerkte Arvin.
Dieser Feststellung konnte Marcel nur zustimmen. Der Turm sah alt aus, und der Schnee in der Umgebung war unberührt.
»Ich glaube nicht, dass Scheiben in den Fenstern sind«, sagte ein anderer.
Auf dem Bildschirm erschien eine Karte, auf der der Standpunkt des Turmes eingezeichnet war. Er befand sich südlich des Ozeans, den die Wissenschaftler Coraggio genannt hatten, nicht weit von der Bucht der Schlechten Neuigkeiten entfernt.
Passender Name, dachte er. »Was ist unter dem Schnee?«
Beekman nickte jemandem zu, der sich außerhalb des Bildes aufhielt. Ein Netzwerk aus Linien erschien auf dem Monitor. Häuser. Straßen. Parkanlagen, möglicherweise. Eine Prachtstraße, vielleicht auch ein ehemaliger Kanal, wand sich durch die Mitte des Musters. Vermutlich ein Kanal, denn es gab einige gerade Linien, die aussahen wie Brücken. »Ziemlich groß«, sagte er.
Beekman nickte. »Sollte für eine Bevölkerung von ungefähr zwanzigtausend Einwohnern gereicht haben. Aber die Häuser und Straßen selbst sind eher klein. Wir nehmen an, dass die Straßen nur wenige Meter breit sind. Nach unseren Maßstäben sind sie demnach sehr schmal. Und hier ist noch etwas.« Mit einem Marker deutete er auf eine breite Linie, die das Netzwerk zu umschließen schien. »Das hier sieht aus wie eine dicke Mauer.«
»Befestigungsanlagen«, sagte Marcel.
»Das nehme ich an. Und diese Art von Befestigungen deutet auf eine präindustrielle Gesellschaft hin.« Beekman machte einen unbehaglichen Eindruck. »Ich wünschte, wir hätten einen Experten an Bord.«
Der Turm schien an die Mauer zu grenzen. »Sonst ist oberhalb des Schnees nichts sichtbar?«
»Nein. Alles begraben.«
Er hatte angenommen, die Mauer, die sie am Vortag entdeckt hatten, wäre nur eine Laune der Natur gewesen, eine Illusion vielleicht. Aber das hier … »Damit haben wir also schon fünf«, kommentierte Marcel. Fünf Planeten, auf denen empfindungsfähiges Leben nachgewiesen werden konnte. »Gibt es noch andere Bauwerke auf dem Planeten, Gunther?«
»Keine außer der Mauer, jedenfalls bis jetzt. Aber wir haben erst angefangen zu suchen, und ich bin sicher, es gibt dort noch mehr.« Geistesabwesend zupfte er an seinem Bart. »Marcel? Wir werden ein Team da hinunterschicken müssen. Um herauszufinden, wer sie sind. Oder waren.«
»Unmöglich«, widersprach Marcel.
Der Projektleiter starrte ihm direkt in die Augen und senkte die Stimme, damit niemand merkte, dass sie sich nicht einig waren. »Das sind besondere Umstände. Ich bin bereit, jegliche Verfahrensregeln oder Weisungen aufzuheben, die es Ihnen verbieten zu handeln, aber wir müssen da runter und uns die Sache genauer ansehen.«
»Ich würde Ihnen gern helfen, Gunny«, sagte Marcel, »aber ich kann nicht. Wir haben keine Landefähre.«
Beekmans Unterkiefer sackte sichtlich herab. »Das kann nicht stimmen«, sagte er. »Da stehen doch drei auf dem Shuttledeck.«
»Das sind normale Shuttles, für den Verkehr von Schiff zu Schiff, aber sie sind nicht für einen Flug innerhalb planetarer Atmosphären geeignet.«
»Sind Sie sicher?« Die Bestürzung war ihm deutlich anzusehen. »Wir müssen doch irgendetwas tun können.«
»Ich wüsste nicht, was«, sagte Marcel. »Erstatten Sie Bericht. Soll Gomez sich den Kopf darüber zerbrechen.«
»Wieso haben wir keine Landefähre?«
»Wir wollten kein unnötiges Gewicht mitschleppen. Landefähren sind schwer, und wäre die Mission planmäßig verlaufen, hätten wir sie nicht gebraucht.«
Beekman schnaubte. »Und wer entscheidet das? Na ja, was soll’s. Ich schätze, wir haben alle etwas gelernt, wenn es darum geht, vorbereitet zu sein.«
»Sie haben so oder so niemanden, der für eine solche Untersuchung qualifiziert wäre«, sagte Marcel.
»Qualifiziert?« Beekman sah aus wie ein Mann, der sich einsam durch eine Welt voller Idioten kämpfte. »Wir sprechen davon, in einem alten Gebäude herumzustöbern, vielleicht nach Wandmalereien zu suchen und ein paar Bilder zu machen. Möglicherweise würden wir sogar ein paar alte Gefäße finden. Was für eine Qualifikation soll dazu erforderlich sein?«
Marcel grinste. »Sie würden womöglich all die alten Gefäße zerbrechen.«
»Na schön, informieren Sie die Akademie. Richten Sie ihnen aus, sie sollen ein anderes Schiff herschicken, wenn sie wollen. Aber sie
Weitere Kostenlose Bücher