Hutch 05 - Odyssee
Schultern. »Wir haben uns nie besonderes nahegestanden. Meine Familie hat eigentlich ständig nur für mich gebetet.«
»Das kann ich Ihnen nicht verübeln.« Ein Lächeln erhellte ihr Gesicht.
»Amy soll Anwältin werden. Sie sollten Ärztin werden. Und ich Prediger.«
»Wirklich? Was ist passiert?«
Wieder zuckte er mit den Schultern. »Ich hatte Glück.«
»Sie haben sich ziemlich weit von zuhause entfernt.«
»Manchmal ist das nötig. Ich kann Beemer gut verstehen.«
»Wen?«
»Oh, der steht gerade in North Carolina vor Gericht. Er hat gegen die kirchliche Schule aufbegehrt, die er besuchen musste.«
»Ist das der Kerl, der den Prediger geschlagen hat?«
»Ja. Schön zu wissen, dass gelegentlich mal jemand rebelliert.«
»Was ist mit Ihrer Mutter, Mac?«
»Ich sollte sie nicht allzu heftig anklagen. Sie hat mich zum Lesen ermutigt. Allerdings haben ihr die Bücher, die ich mit nach Hause gebracht habe, nicht immer gefallen. Aber notfalls hat sie eben weggesehen.«
»Also sind Sie dem Glauben nicht lange treu geblieben.«
»Nein, ich habe es nicht lange ausgehalten.«
Sie unterhielt sich kurz mit Bill. Irgendetwas über Korrelationen, aber MacAllister wusste, dass sie lediglich Zeit schinden wollte, um sich zu überlegen, wie sie auf seine Geständnisse reagieren sollte. »Das kann ein sehr schwerer Verlust sein, Mac«, sagte sie schließlich. »Es gibt Zeiten, in denen muss man einfach in der Lage sein, an eine höhere Macht zu glauben, oder man wird es nicht schaffen.«
»Bisher«, sagte MacAllister, »habe ich es geschafft.«
»Der Tag wird kommen.«
»Vielleicht. Aber die Vorstellung, wir bräuchten eine höhere Macht, ist eher so etwas wie menschliches Versagen, spiegelt jedoch wenig die Realität wider. Wahr ist, was ist, und die Mühe, die uns das machen kann, ändert daran nichts.«
»Wie ist es dazu gekommen? Wann sind Sie fortgegangen? Erinnern Sie sich noch daran?«
»Oh, ja, ich war ungefähr siebzehn. Hab versucht, dranzubleiben, weil ich vor der Strafe dafür, irgendwas falsch zu machen, immer noch Angst gehabt habe. Meine Seele zu verlieren. Das ist schon eine ziemlich ernste Angelegenheit.«
»Und was ist genau passiert?«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht habe ich zu viel Dostojewski gelesen. Einmal zu oft die Auswirkungen einer Flutwelle erlebt. Zu viele Kinder während der Carodyne-Epidemie sterben sehen.«
»Aber die Medikamente waren doch verfügbar, oder nicht?«
»Doch, aber es gab Probleme bürokratischer Natur. Alle möglichen Verzögerungen. Und darum sind Zehntausende von Menschen gestorben.«
»So etwas passiert«, meinte sie.
»Und dann war da noch Milly.«
»Milly?«
»Ein Kätzchen. Eine Streunerin. Von der Mutter verlassen. Wir haben sie ins Haus geholt, als ich noch ein kleiner Junge war. Aber sie hatte Brinkmann, eine Katzen-Krankheit, und die war zu weit fortgeschritten, also hat man sie eingeschläfert.«
»Für ein Kind muss das ein traumatisches Erlebnis gewesen sein. Wie alt waren Sie damals?«
»Neun. Und ich erinnere mich, gedacht zu haben, was bringt es schon, wenn wir einen Gott haben, der über den Planeten wacht, aber nicht einmal für ein Kätzchen sorgen kann. Er bekommt den Dank für eine Hand voll Überlebender nach einem Schiffsuntergang; aber niemandem scheint jemals aufzufallen, dass er nicht die Bürde für den Tod der übrigen trägt.«
Eine Weile herrschte Schweigen. Dann: »Sie müssen eine schlimme Enttäuschung für ihn gewesen sein. Für Ihren Vater, meine ich.«
»Seine Einstellung hat sich nie verändert, und er hat mir nie vergeben. Er war auch nicht gerade gut im Vergeben. Geredet hat er viel darüber, aber selbst hat er sich nicht darin geübt.«
»Wie geht es Ihrer Mutter heute?«
»Sie betet immer noch für mich.«
Bill unterbrach das Gespräch. »Valya, tut mir leid, Sie stören zu müssen.«
»Was ist denn, Bill?«
»Der Monitor meldet sich nicht mehr.«
Sie hatten Glück. Die Salvator kehrte kaum eine Stunde von dem Monitor entfernt in den normalen Raum zurück. MacAllisters erste Tat bestand darin, den Blickwinkel, der auf dem Bildschirm angezeigt wurde, rotieren zu lassen, um sich zu überzeugen, dass keine Moonrider in der Nähe waren.
»Teleskop auf den Monitor ausrichten«, befahl Valya auf der Brücke.
Der Monitor sah unberührt aus.
»Alle bleiben angeschnallt. Wir sehen uns das Ding an.«
MacAllister hatte es nie an der Courage gemangelt, den diversen Machtmenschen die Stirn zu bieten, mit
Weitere Kostenlose Bücher