Hutch 05 - Odyssee
»Vermutlich nicht.«
Jegliche Energie schien aus seinem Körper zu entweichen. Er strich sein Haar zurück, massierte seine Schläfen und biss die Zähne zusammen. »Gottverdammt! Das entwickelt sich zu einem Albtraum in Sachen Öffentlichkeitsarbeit!«
»Wir verlieren dabei ein paar Leute!«
»Ich weiß, Hutch.« Seine Stimme klang wieder milder. »Ich weiß. Es ist schrecklich. Und es wird noch schlimmer.«
»Wie meinen Sie das?«
»Das Wissenschaftskomitee hat vor, die Sache unter die Lupe zu nehmen.«
»Das ist das Komitee, in dem Taylor sitzt, richtig?«
Er nickte. »Hiram hat mir erzählt, dass sie Anhörungen anberaumen werden, und danach werden sie eine Kürzung unserer Mittel empfehlen. Er sagt, sie hätten keine Wahl. Sie könnten schlechtem Geld kein gutes hinterherwerfen, sagt er.«
Sie fühlte sich hilflos. »Die Mittelkürzungen der letzten Jahre sind der Grund dafür, dass wir jetzt ein Problem haben.«
»Sie wissen das. Und ich weiß das. Und, was das betrifft, Taylor weiß es auch. Aber die sind ganz einfach der Ansicht, irgendwo kürzen zu müssen.«
»Vielleicht sollten Sie diese Leute darauf hinweisen, dass wir gerade ein Viertelprozent des Bundesbudgets erhalten.«
»Das werde ich, keine Sorge.«
»Wenn die das tun, werden wir noch mehr Missionen streichen müssen. Aber wir sollten die Streichungen so planen, dass sie dort treffen, wo es wehtut. Wir müssen den Leuten, die auf uns zählen, klarmachen, dass es Probleme gibt. Wenn diese Leute dann nicht zum Senat gehen, drängen Taylor und der Rest dieser Meute uns mit Sicherheit aus dem Geschäft!«
»Mir ist das klar. Aber, Hutch, wir haben noch nie zuvor Missionen storniert. Wir haben uns einen Ruf erarbeitet. Man hält uns für verlässlich.« Er sah ernsthaft besorgt aus. »Die Art, wie das alles läuft, gefällt mir ganz und gar nicht.«
»Michael, wir haben gestern schon eine Mission abgesagt. Und wir werden bis Ende der Woche noch fünf weitere stornieren.«
Er versteifte sich, als wäre das etwas, von dem er noch nie zuvor gehört hatte. »Die meisten dieser Missionen stehen erst in einiger Zeit an. Warum schieben wir die Entscheidung nicht noch ein bisschen raus?«
»Weil die Leute, die von uns abhängig sind, so weit wie möglich im Voraus informiert werden sollten.«
Er murmelte etwas über Kopfschmerzen. Dann: »Ich meine …« Er unterbrach sich, war offenbar nicht ganz sicher, was er eigentlich meinte. »So können wir jedenfalls nicht weiterarbeiten.«
»Wir haben keine Wahl. Solange wir keine Unterstützung seitens der Politik erhalten, müssen wir mit den Folgen leben.«
»Ich weiß, wie Sie denken, Hutch. Aber irgendwie müssen wir den Betrieb aufrechterhalten.«
»Den Teufel müssen wir, Michael! Wir sind keine militärische Einrichtung. Wir setzen nicht das Leben anderer Menschen aufs Spiel! Zumindest nicht gezielt.«
Hutch war in Versuchung, sich einen Flug zur Union zu suchen und die Suche dort in der Missionsleitstelle weiterzuverfolgen. Das würde sich immerhin gut machen, wenn im Zuge der unvermeidlichen Untersuchung die Suche nach dem Schuldigen für den Verlust der Heffernan eingeleitet würde. Andererseits gab es nichts, was sie zu der Suche hätte beisteuern können, also widerstand sie der Versuchung. Das Letzte, was Peter und seine Leute jetzt brauchten, war eine Vorgesetzte, der ihnen über die Schulter sah.
Im Lauf des Nachmittags zogen dichte Wolkenfelder von Westen auf, und ein mächtiger Gewittersturm brach über der Hauptstadt los. Gegen fünf hatte sich der Himmel wieder aufgeklart. Asquith rief Hutch erneut an und erkundigte sich, ob es irgendwelche Neuigkeiten gebe und ob sie noch etwas tun könnten. Einige Schiffe von Privatunternehmen hatten sich inzwischen auf den Weg gemacht. »Es wird eine Weile dauern, bis sie da sind«, erklärte sie ihm.
Sie ließ sich eine Pizza bestellen, rief Tor an, um ihm zu sagen, dass sie auch heute im Büro bleiben würde, bis sie irgendetwas gehört habe, sei es zum Guten oder zum Schlechten. Dann unterhielt sie sich ein paar Minuten mit Maureen. »Du fehlst mir, Mami«, sagte ihre Tochter. »Wo warst du?«
»Du fehlst mir auch, mein Schatz. Aber Mami muss arbeiten.«
»Warum?«
Je älter Maureen wurde, desto unbehaglicher fühlte sich Hutch angesichts der Zeit, die sie fern von ihrer Tochter verbrachte. Das Kind veränderte sich vor ihren Augen, wurde älter, und die Wahrheit lautete, dass Hutch wusste, sie würde eines Tages zurückblicken
Weitere Kostenlose Bücher