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Hutch 06 - Hexenkessel

Hutch 06 - Hexenkessel

Titel: Hutch 06 - Hexenkessel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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Sie froh sein, dass Matt da ist.«
    »Tja, schon.« Er setzte eine Miene auf, als hätte er dergleichen schon zu oft gehört. »Aber wie oft geht etwas schief?«
    Antonio bot Hutch einen Traubensaft an. Sie nahm ihn und lehnte sich zurück. »So etwas passiert ständig. Besonders bei Forschungsmissionen. Die Physiker möchten meist nahe heran. Üblicherweise so nahe, wie sie können, bis irgendwas in die Luft fliegt. Und im Hyperspace treten Energieimpulse auf, für die es keine Erklärung gibt. Manchmal aber durchdringen die die Abschirmung und legen dann die Geräte lahm.«
    »Aber künftig …«, Jon hatte die Brücke verlassen, um nach ihnen zu sehen, »… reisen wir natürlich nicht mehr im Hyperspace. Nicht mit dem Locarno.«
    »Ach, ja«, sagte Hutch. »Die Dimension, durch die wir reisen – wie heißt sie?«
    »Wir haben ihr noch keinen Namen gegeben.«
    »Das sollten Sie tun, ehe wir nach Hause kommen, anderenfalls wird Antonio das für Sie erledigen. Nicht wahr, Antonio?«
    »Ich habe selbstverständlich schon einen Namen für diese Dimension«, meinte er mit ernster Miene. »Ich schlage vor, wir nennen sie Giannotti-Raum.«
    Matt kündigte über die Allcomm an, dass sie startbereit seien. »Priscilla«, fügte er hinzu, »möchten Sie mir auf der Brücke Gesellschaft leisten?«
    Sie sah Antonio und Jon an. »Möchte von Ihnen jemand auf die Brücke?«
    »Gehen Sie nur!«, ermunterte Jon sie. »Viel Spaß!«
    Sie trank einen tiefen Schluck von ihrem Traubensaft und ging auf die Brücke, fühlte sich wieder jung, fühlte sich, als könne sie alles tun. Sie schlüpfte auf den Sitz auf der rechten Seite, den des Beobachters, und während Matt mit der Einsatzzentrale von Union sprach, aktivierte sie das Gurtsystem, das sich gleich darauf um sie herum schloss.
    Als Matt fertig war, sah er sich zu ihr um. »Willkommen zurück!«, sagte er.
    Ja. In diesem Moment hätte Hutch die ganze Welt umarmen können.
    Matt aktivierte die Allcomm. »Alles anschnallen«, sagte er. »Phyl, Maschinen starten.« Dann wieder über die Allcomm: »Wir starten in drei Minuten.«
    Hutch fühlte das vertraute Vibrieren, als die zusätzliche Energie sich bemerkbar machte. »Wie arbeitet der Locarno?«, fragte sie. »Wir müssen immer noch Anlauf nehmen, richtig?«
    Matt war ein gut aussehender Bursche mit rotem Haar und einem spitzbübischen Lächeln, das von seinen ernsten Augen gemildert wurde. Er erinnerte sie an Tor, aber sie wusste nicht warum. Vielleicht war es die Unschuld. Matt war ein Mensch, der immer noch an etwas glaubte. In einer zerfallenden Gesellschaft, geschlagen mit einem Übermaß an Muße, Korruption in gehobenen Positionen, einer angeschlagenen Umwelt und Gott weiß was noch, gab es nicht mehr viele Menschen seiner Art. Stets war man von der Prämisse ausgegangen, den Menschen ginge es gut, wenn sie nur genug zu essen und ein angemessenes Zuhause hätten. Aber Menschen brauchten eben auch noch etwas anderes. Man darf es wohl Selbstachtung nennen oder ein Gefühl der Sinnhaftigkeit. Was auch immer, derzeit fehlte es. Vielleicht konnte ein neuer Aufbruch in die Galaxie das vermitteln, was fehlte, vielleicht aber auch nicht. Dennoch war Hutch überzeugt davon, dass die Menschheit, wenn sie sich weiter nur auf die kollektive Veranda zurückzog, keine Zukunft habe.
    In ihren Augen war es kein Zufall, dass niemand mehr große Holos produzierte. Die, an die sich jedermann erinnerte, Barcelona, Hornsignale in der Abenddämmerung, Icelandik und all die anderen, stammten aus dem vorangegangenen Jahrhundert. Das Gleiche galt für Schauspiel, Schriftstellerei, Architektur, Bildhauerei. Die Zivilisation als Ganzes schien sich im Niedergang zu befinden.
    Hutch hatte Tor geliebt, und sie vermisste ihn jeden Tag. Er hatte sich seinen Lebensunterhalt als Künstler verdient; aber sie wusste, dass seine Fähigkeiten eher bescheiden gewesen waren. Niemand würde je ein Museum oder eine Schule nach ihm benennen. Aber das hatte ihr nichts ausgemacht. Sie hatte ihn nicht um seines Talents willen geliebt. Dennoch lautete die grausame Wahrheit, dass es keine großen Künstler mehr gab. Hutch wusste nicht, warum, und sie konnte dieses Problem nicht in einen sinnvollen Zusammenhang mit der Malaise bringen, die von dem ganzen Planeten Besitz ergriffen hatte. Vielleicht wusste irgendwer irgendwo, was eigentlich los war. Hutch jedenfalls wusste es nicht. Vielleicht war das Leben vielerorts zu einfach, anderenorts zu sinnlos geworden.

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