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Hyänen

Hyänen

Titel: Hyänen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Epperson
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hatte ihm in den Kopf geschossen. Gray hatte keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Er musste Gina und Luke finden.
    Aber sie hatten ihn schon gefunden. Sie kamen auf ihn zu. Er ging ihnen entgegen und sah, dass Gina eine Waffe in der Hand hielt.
    Sie starrte ihm in das blutige Gesicht.
    «Gray, um Himmels willen!»
    «Alles okay. Das ist nicht mein Blut.»
    «Was haben sie mit ihm gemacht? Wie geht es ihm?»
Luke. Er hatte den Hund entdeckt.
    Gray sagte nichts. Luke lief hinüber zum Hund.
    «Er ist verletzt. Wir müssen ihn zum Tierarzt bringen.»
    «Luke», sagte Gray. «Ein Tierarzt kann ihm nicht mehr helfen.»
    Es sah aus wie bei Bulgakov. Die Art, wie Luke in die Knie sackte.
    «Neeeiiiin!»
, heulte er.
    «Wir müssen los», sagte Gray. «Sofort. Vielleicht kommen noch mehr. Sie können schon unterwegs sein.»
    Luke streichelte den Nacken des Hundes und weinte.
    «Wir können ihn doch nicht hierlassen.»
    «Das müssen wir aber, Schatz», sagte Gina. Sie ging zu ihm. «Du hast doch gehört, was Gray gesagt hat.»
     
    Sie gingen los. Zurück blieben der Hund und Bulgakov und die Lingos und Normans brennender Chrysler und der brennende Rover mit der gestohlenen Jadefigur und die Überreste von ter Horst und Grohs zerschmetterte Leiche am Boden der Schlucht. Ein Stück weiter fanden sie den Chevy Suburban der Lingos. Der Schlüssel steckte. Gray ließ den Motor an, und sie fuhren davon.
    Luke saß auf dem Vordersitz, Gina hatte den Arm um ihn gelegt. Niemand sprach ein Wort. Zuerst weinte Luke ein wenig, dann verstummte er. Man hörte nichts als die Geräusche des Wagens, der durch die Wüste rumpelte. Dann kamen sie zur Rango Road, und das Rumpeln war vorbei.

Samstag
    U m zwei Uhr morgens sahen sie den Mond aufgehen, fragil und weiß und direkt vor ihnen. Sie fuhren nach Osten, aus demselben Grund, weshalb Gina und Luke vor elf Tagen nach Westen gefahren waren. Nicht, um ein Ziel zu erreichen, sondern um dem zu entkommen, was hinter ihnen lag.
    In Indio hatten sie an einer Tankstelle gehalten. Gray hatte sich auf der Toilette gewaschen, damit er nicht mehr so aussah, als käme er gerade von einer Nachtschicht im Schlachthof. Und Gina hatte den Suburban, so gut es ging, entrümpelt. Lingos Zigarettenkippen weggeworfen und all die leeren Budweiser- und Cola- und Shark-Dosen, die Fastfoodverpackungen, angebissenen Schokoriegel und Beef-Jerky-Streifen, die Pornohefte und Waffenzeitschriften. Gegen die Flecken von Steves Blut und gegen den Geruch konnte sie nichts machen. Sie versuchten, mit offenen Fenstern zu fahren, aber dafür war es schon zu kalt. Nach einer Weile hatten sie sich daran gewöhnt, und sie nahmen das Lingo-Aroma kaum noch wahr.
    Während all der Stunden wurden höchstens ein paar Dutzend Worte gewechselt. Es fiel ihnen schwer zu reden. Alles fiel ihnen schwer. Alle drei kamen sich vor, als hätte man ihnen alle Knochen gebrochen. Als wäre nichts weiter von ihnen übrig als ein dünner Hautsack, in dem die zerbrochenen Knochen klapperten.
    Luke kletterte schließlich auf den Rücksitz, legte sich hin und schlief ein. Es war ein unruhiger Schlaf, der immer wieder von Stöhnen und Gemurmel unterbrochen wurde. Dann merkten sie, dass er aufgewacht war, weil sie ihn weinen und schniefen hörten. Gina fragte ihn, was los ist.
    «Der Hund», sagte er. «Wir haben ihm nicht mal einen Namen gegeben.»
    Gray wurde von unerträglichen Gedanken gequält. Er warf sich vor, er hätte alles vermasselt, und es sei nichts als Glück gewesen, dass sie diese Nacht überlebt hatten. Wenn er seine Arbeit richtig gemacht hätte, wäre es nicht dazu gekommen, dass Luke sich ganz allein mitten in der Nacht und in der Wüste gegen einen Mörder wehren musste; er hätte diese furchtbare Grenze nicht überschreiten und einem anderen Menschen das Leben nehmen müssen. Was er getan hatte, würde Luke für immer verändern. So wie es Gray verändert hatte, die drei Soldaten auf Haiti zu töten. Er dachte an all die Männer, die er getötet hatte, wie gut er töten konnte und was das über ihn aussagte. Er dachte auch an Kangari. An die Kinder, die er erschossen hatte. Als sie im Regen über den Rasen angelaufen kamen. Es war nicht ihre Schuld gewesen, dass sie in einen solchen Albtraum hineingeboren worden waren und Gewehre in den Händen hielten. Und obwohl er an diesem Tag so viele Menschen getötet hatte, war es ihm nicht gelungen, den Präsidenten und seine Frau zu beschützen. Sie hatten ihm vertraut, und er

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