Hyänen
abgehört. Irgendwo in der Stadt saß ein Mann in einem kleinen Zimmer, mit Kopfhörern auf dem Kopf und einem leeren Blick in den Augen, und hörte Latreece singen:
«Every little thing gonna be all right!»
Am einen Ende der Wüste ging die Sonne auf, als Gray am anderen Ende die Schlange beerdigte. Breite braune Streifen wechselten sich mit schmalen cremefarbenen ab. Er nahm an, dass sie bei der Jagd auf Beute in den Pool gefallen und eingegangen war, weil sie nicht wieder hinauskonnte.
Der Schlittenhund sah zu, wie er die Schaufel in den harten Boden rammte; es klang, als stieße sie auf Metall. Dann hörte er die krächzenden Schreie der Krähen. Sie zogen ein Stück weit entfernt ihre Kreise, ganz dunkel im Gegenlicht. Er hatte Krähen immer geliebt. Sie waren frech, klug und tapfer, und sie schienen das Leben zu lieben. Sie würden noch immer herumflattern und herumstolzieren, als würde ihnen die ganze Welt gehören, wenn der letzte Mensch schon längst zu Staub zerfallen war.
Luke kam auf sie zu. Schwanzwedelnd lief ihm der Hund entgegen.
«Morgen», sagte Gray.
«Morgen.» Luke gähnte und streichelte den Hund. Er sah das Loch und die Schlange daneben. «Was machst du da?»
«Die Schlange beerdigen.»
«Warum?»
«Ich wollte sie nicht im Pool liegen lassen. Ich glaube, deine Mutter fand das eklig.»
«Aber warum beerdigst du sie?»
«Keine Ahnung. Was würdest du denn tun?»
«In den Müll werfen, oder?»
«Sie ist aber doch kein Müll.»
«Es ist nur eine tote Schlange.»
«Ich finde, jedes Leben sollte respektvoll behandelt werden.»
«Und wie war das mit dem Kerl gestern? Auf dem Parkplatz?»
«Was soll mit ihm sein?»
«Den hast du nicht respektvoll behandelt.»
Gray hörte auf zu graben, lehnte sich auf den Stiel der Schaufel und dachte nach.
«Ich habe getan, was ich tun musste, um dich, deine Mutter und mich zu verteidigen.»
Er fand, dass das Loch jetzt tief genug war. Nahm die Schlange und legte sie hinein. Luke rümpfte die Nase.
«Wie kannst du das nur anfassen?»
Gray zuckte mit den Schultern und fing an, Erde auf die Schlange zu schaufeln.
«Was ist das für eine?», fragte Luke. «Eine Klapperschlange?»
«Nein, eine Königsnatter. Die fressen Klapperschlangen.»
«Wow, und sie sterben nicht an dem Gift?»
«Sie sind immun dagegen.»
Gray trat auf das Schlangengrab und trampelte die Erde fest. Einen Moment lang schien der untere Rand der Sonne direkt auf dem Horizont zu liegen. Es wirkte fast, als wäre sie nicht etwa Millionen von Meilen entfernt, sondern einfach nur ein großes, leuchtendes Etwas da draußen in der Wüste. Etwas, zu dem man hingehen konnte, um es sich anzuschauen und zu bestaunen.
Sie gingen zurück zum Haus. Die schmalen Schatten des Mannes, des Jungen und des Hundes lagen lang gestreckt vor ihnen.
«Ist deine Mom schon aufgestanden?»
«Nein. Ich glaube, sie schläft noch.»
«Sie muss ganz schön müde sein. Gestern war ein langer Tag.»
«Ja.»
«Hungrig?»
«Ja!»
«Ich auch. Magst du Haferflocken?»
«Na ja, geht so.»
«Ich habe mein eigenes Rezept, das schmeckt dir bestimmt. Soll ich dir zeigen, wie es geht?»
«Okay, aber …»
«Aber?»
«Wäschst du dir vorher die Hände?»
Gray lachte. «Klar doch.»
Eine braune Rauchwolke hing über dem Land. Aschebröckchen flogen durch die Luft, wie grauer Schnee aus der Hölle. Es war neun Uhr morgens und schon über 30 Grad.
Mit der Sonne im Rücken gingen Groh und Bulgakov die Alejo Avenue entlang. Groh trank Gatorade. Bulgakov trug eine Baseballmütze, die den größten Teil seines Verbands bedeckte.
«Alles klar?», fragte Groh.
«Frag mich nicht alle verdammten fünf Minuten.»
«Na gut, aber wie geht’s dir denn nun?»
«Als hätte mir einer in den Kopf geschossen.»
Eine Frau kam auf sie zu, sie führte ihren kleinen Hund aus. Mit einem freundlichen Lächeln sprach Groh sie an.
«Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie belästige, aber wir suchen ein paar Freunde.»
«Ja?», sagte sie, ebenfalls mit einem Lächeln. Eine üppige Rothaarige in den Fünfzigern. Ihr Hund begann, die Männer anzubellen. «Pogo! Sei still!»
Groh gab ihr die Fotos von Gina und Luke und eins der drei Steckbrieffotos von Gina und Gray. Ter Horst und die Lingos hatten die anderen beiden.
«Wir wollten uns mit ihnen treffen», sagte Groh, «aber es hat wohl ein Missverständnis gegeben. Ihre Telefonnummern haben wir leider verloren. Kennen Sie sie oder sind ihnen schon mal
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