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Hybrid

Titel: Hybrid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Wilhelm
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gerade festhielten, als hätten sich meine Gedanken manifestiert.
    Dort, wo die Ränder der Hautfetzen zerfressen und zerfasert waren, waren sie weiß und teilweise milchig durchscheinend. Auch die Oberfläche des rohen Fleisches war mit großen, hellen Flecken wie mit fauligen Flechten überzogen, aber dort, wo die Masse weniger lang der Fäulnis, dem Wasser und dem Tierfraß ausgesetzt gewesen war, wo das Fleisch frischer aufgerissen war, schimmerte es violett.
Restaurant Maybach, Eppendorfer Weg, Hamburg, 20. Juli
    »Die Polizei wird meine Jacke finden«, sagte Juli, nachdem die Bedienung ihre Bestellung aufgenommen hatte.
    »Ja, natürlich«, sagte Tom. »Und sie werden auch herausfinden, dass der Untersuchungsbericht gelöscht wurde. Wenn sie nicht blöd sind, entdecken sie außerdem das Privatverzeichnis des Labormitarbeiters. Und wenn sie dann feststellen, dass dein Kollege Hwang bereits darauf zugegriffen hat, werden sie über ihn auch uns finden.«
    »Immerhin haben wir uns nicht strafbar gemacht.«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher. Aber auf jeden Fall werden wir Zeit verlieren, wenn wir erst mal befragt werden. Wir sollten so schnell wie möglich unsere Recherchen fortsetzen. Wie es aussieht, hat es mit dem Fuß ja irgendetwas auf sich. Jemand ist uns zuvorgekommen und hat die Untersuchungsergebnisse vernichtet. Der Brandsatz, der durch das Fenster geworfen wurde, sollte dem Labor vermutlich den Rest geben.«
    »Und Dirk Gäbler.«
    Tom nickte. Der verletzte Mann wäre an einer Rauchvergiftung gestorben oder vielleicht sogar verbrannt. Wer auch immer hier seine Finger im Spiel hatte, war ganz offenbar nicht zimperlich. Was bedeutete, dass es um eine große Sache ging.
    »Ich will die Geschichte auf alle Fälle weiterverfolgen«, sagte er. »Aber was ist mit dir? Du meintest, dass der Fuß etwas mit deiner Dissertation zu tun hätte. Aber was jetzt passiert, hat vermutlich nicht mehr viel damit zu tun.«
    Juli schwieg. Im Gegenteil vermutete sie, dass die jetzigen Ereignisse sogar viel deutlicher als zuvor in eine bestimmte Richtung zeigten. Möglich, dass es weit hergeholt war, aber dieser Spur zu folgen, war seit Wochen die erste Möglichkeit, etwas zu unternehmen. Und sie musste etwas unternehmen.
    Sie konnte den Journalisten bisher noch nicht richtig einschätzen. Er schien ihr sehr von sich überzeugt, wie es in seinem Beruf vielleicht auch nötig war, aber ihr war nicht klar, wie viel wirklich dahintersteckte. Vielleicht konnte sie durch seine Kontakte oder seine Rechercheerfahrung schneller vorankommen. Aber was, wenn er dabei nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht war? Könnte es zu Problemen kommen?
    Während Juli ganz offenbar nachdachte, musterte Tom ihr Gesicht. Ihm gefielen ihre tiefbraunen Augen, die ihr ein fast südländisches Aussehen verliehen. Anders als bei vielen anderen Menschen, die er beobachtete, strahlten sie eine besondere Klarheit aus, so als sei sie vollkommen wach und aufmerksam. Leichte Falten auf ihrer Stirn vermittelten den Eindruck von Ernsthaftigkeit, aber weder wirkte sie biestig noch verbittert, sondern einfach nur konzentriert. Eine hübsche junge Frau, die sich nicht wie ein junges Huhn benahm, sondern wusste, was sie wollte, und sich dabei auf ihren Kopf statt auf ihren Körper verließ.
    Sie hatte ihn nun erfolgreich ins UKE und an die Untersuchungsergebnisse gebracht. Im Grunde war das alles, was er brauchte, von hier aus konnte er alleine weiterarbeiten. Und im Grunde verfuhr er so am liebsten. Er war nie ein guter Teamplayer gewesen. Und die Zusammenarbeit mit einer Frau war immer ein Wagnis. In der Vergangenheit hatte es immer irgendwelche hormonbedingten Probleme gegeben. Irgendwann landete man in der Kiste, und kaum eine kam damit zurecht. Entweder sie fingen an zu klammern oder kapselten sich plötzlich ab. Beides war nicht sonderlich förderlich für die weitere Zusammenarbeit.
    »Wir sollten gemeinsam weitermachen«, sagte Juli.
    Tom hob eine Augenbraue, nicht sicher, ob er über diese Entscheidung glücklich sein sollte oder nicht. Siegte da ihre Neugier, oder verbarg sich hinter Julis Dissertation mehr, als sie vorgab?
    »Hier wird mit harten Bandagen gekämpft«, fuhr sie fort. »Ich kann deine Hilfe gebrauchen, um der Sache auf den Grund zu gehen. Und du brauchst mein medizinisches Wissen.« Sie zeigte auf den mehrseitigen Ausdruck, der neben ihr auf dem Tisch lag. »Denn sonst verstehst du gar nicht, um was es hier geht.«
    Tom lächelte. »Glaubst

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