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Hymne an Die Nacht

Hymne an Die Nacht

Titel: Hymne an Die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Madsack
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feuchten Träume von Millionen weiblicher Fans bediente.
    Sie hingegen war die Tochter eines mächtigen alten Vampirs, und sie war sich lange, bevor sie davon gewusst hatte, ihrer Andersartigkeit und ihrer außergewöhnlichen Fähigkeiten bewusst gewesen. Da würde sie auch mit einem Kerl wie Vadim fertig werden, der sie und ihren Vater zuerst beleidigt hatte, danach gewaltsam über sie hergefallen war und dann mit dieser unerträglichen Arroganz auch noch zu glauben schien, sie würde ihm trotzdem wie eine reife Frucht in den Schoß sinken. Eine überstürzte Abreise kam daher nicht in Frage, sie würde das Problem, wenn es denn eines war, auf ganz souveräne Weise lösen, sie würde ihm am nächsten Tag erklären, sie sei nicht interessiert.
    »Joanna!«
    Sie fuhr herum und entdeckte Maria mitten auf der Tanzfläche, wo sie von einem Fuß auf den anderen hüpfte und einladend die Hand nach ihr ausstreckte. Neben ihr bewegte sich Stanislaw zu den Klängen einer Zigeunerweise, nicht so wild wie die junge Frau, aber perfekt im Rhythmus und so geschmeidig, wie nur jemand seiner Art es vermochte.
    Der Anblick löste unterschiedliche Empfindungen in ihr aus, vor allem aber verstand sie, dass Stanislaw endlich angekommen war, in diesem Land und bei sich selbst. Er war zu Hause. Allein für diesen Moment hatte sich die Reise hierher gelohnt.
    Sie blieb neben der Tanzfläche stehen und wehrte lächelnd ab. Ihr war nicht nach Tanzen zumute, sie wollte nur noch zurück ins Hotel. Zu vieles war an diesem Abend geschehen, das sie erst einmal verarbeiten und in Ruhe überdenken musste. Vadim ließ sich nicht blicken, und es war ihr recht so. Als die Musiker ihr Spiel beendeten, kamen Stanislaw und Maria auf sie zu.
    »Du siehst müde aus.« Stanislaw betrachtete sie forschend. »Lass uns aufbrechen, wir haben noch eine längere Fahrt vor uns.«
    Und zu Maria gewandt: »Ich habe den Abend mit dir sehr genossen. Bis bald.« Er hauchte einen Kuss auf ihre vom Tanzen geröteten Wangen, nahm Joanna beim Arm und ging mit ihr nach unten, wo Igor auf sie wartete. Joanna tauschte mit ihm einen komplizenhaften Blick, und diesmal wies er sie nicht zurück, als sie ihn streichelte.
    Cornel brachte ihre Mäntel.
    »Ich hätte mich gern von unserem Gastgeber verabschiedet«, sagte Stanislaw, »aber er scheint momentan beschäftigt.«
    »Ich kann versuchen, ihn über Funk zu erreichen«, schlug der Rumäne vor, doch Joanna sagte hastig: »Vielen Dank, das ist nicht nötig. Wir haben es eilig, und wir melden uns morgen bei ihm.«
    »Dann wünsche ich eine gute Nacht, Herr Graf, und natürlich auch Ihnen, Miss Joanna.« Cornel verneigte sich, öffnete ihnen die Haustür und wartete, bis sie ihren Wagen erreicht hatten. Als Joanna sich noch einmal umdrehte, stand er noch immer oben am Geländer und sah ihnen nach.

Achtzehn
    Es hatte aufgehört zu schneien. Die Luft war klar und die Temperatur noch um einige Grade gesunken. Stanislaw stellte die Sitzheizung ein. »Es dauert etwas, bis es warm wird«, sagte er in entschuldigendem Ton.
    Joanna versank tiefer in ihrem Sitz und blieb stumm, bis sie das Ortsausgangsschild von Poiana Brasov passierten. »Daphne würde es nicht gefallen, wenn sie wüsste, was du hier treibst«, sagte sie dann.
    »Was meinst du damit?« Er versuchte, sich seinen Ärger nicht anmerken zu lassen, und blickte auf die Fahrbahn.
    »Glaubst du, mir ist entgangen, was sich zwischen dir und Maria tut? Ich mag Maria, aber ich dachte bisher, dass Daphne die Eine und Einzige in deinem Leben sei.«
    Stanislaw lenkte den Wagen an den Straßenrand und blieb mit laufendem Motor stehen. »Du hast recht, Daphne wird immer meine einzige Liebe sein. Sie hat mich alles gelehrt, was es über die Liebe zu wissen gibt, und seitdem ich sie von meinem Blut habe trinken lassen, ist sie ein Teil von mir geworden, so wie ich ein Teil von ihr bin.«
    Joanna erwiderte nichts. Stanislaw schaltete den Motor aus, es wurde still.
    »Hast du damals an die Konsequenzen gedacht?«, fragte sie leise.
    Tief in ihrem Sitz lehnend, streckte sie die Hand nach ihm aus, und sie hielten einander fest.
    »Ich werde nie vergessen, wie du plötzlich aus dem Dunkel auf dem Platz vor der Kirche erschienen bist«, sagte er versonnen. »Dieses Heer von düsteren Gestalten hat dich angestarrt, sie scharten sich immer näher um dich, und Kyrill triumphierte schon, doch dann hast du sie alle schachmatt gesetzt, indem du dich als meine Tochter zu erkennen gegeben hast, die zu

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