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Hymne an Die Nacht

Hymne an Die Nacht

Titel: Hymne an Die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Madsack
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sie fand, was sie brauchte: Zahnbürste, Kamm, Körperlotion und Gesichtscreme, dazu ein paar Schminkutensilien, alles nagelneu und noch nicht angebrochen. Sehr fürsorglich, dachte sie und zog eine kleine Grimasse, man war hier offenbar immer auf Damenbesuch vorbereitet. Neugierig geworden inspizierte sie den weiteren Inhalt. Neben einer angebrochenen Packung Präservative lag ein Plastiksäckchen mit einem weissen Pulver darin. Sie starrte einen Moment darauf, bis sie begriff. Hastig schloss sie die Schranktür.
    Ihr fiel ein, was ihr Stiefvater Pepe ihr einmal darüber erzählt hatte, welche Symptome diese Droge hervorrief, und jetzt erinnerte sie sich an Vadims erweiterte Pupillen, seine Appetitlosigkeit und seinen schwer zu bremsenden Redefluss an jenem Abend im Restaurant. Benommen ging sie zurück ins Schlafzimmer und setzte sich aufs Bett. Hier hatten sie sich vor kurzem heftig geliebt und sie war sich ziemlich sicher, dass er dabei nicht unter Drogeneinfluss gestanden hatte. Vielleicht, überlegte sie hoffnungsvoll, war er nur ein gelegentlicher Konsument, in seiner Branche war das wohl üblich.
    Joanna stand auf und zog sich an. Sie würde ihn nicht darauf ansprechen, aber sie würde wachsam sein und sein Verhalten genau beobachten.
    *
    Währenddessen saß Vadim in seinem Büro und telefonierte. Bei der wohligen Mattigkeit, die er noch immer empfand, hatte er sich zunächst zu jeder Art von Aktivität zwingen müssen, denn viel lieber wäre er bei Joanna im Bett geblieben. Doch ein amerikanischer Produzent, der ihn für eine Zusammenarbeit gewinnen wollte, war momentan in Europa und hatte am Tag zuvor per Mail um seinen Anruf an diesem Nachmittag gebeten. Er hörte sich die Vorschläge des Amerikaners an, die vielversprechend klangen, und sagte ihm zu, das Projekt in den nächsten Tagen zu prüfen. Der Produzent drängte auf eine rasche Entscheidung, was Vadim missfiel. Er konnte es sich leisten, Angebote dieser Art sehr sorgfältig auszuwählen.
    Aufatmend beendete er das Gespräch, er hatte momentan keine Lust, sich mit solchen Dingen zu befassen. Er fühlte sich leicht und angenehm entspannt, das wollte er auskosten. Nachdem er noch ein paar geschäftliche Mails beantwortet und einen raschen Blick auf seine Post geworfen hatte, überlegte er, was er mit Joanna abends unternehmen könnte.
    Ob sie Lust auf ein intimes Essen zu zweit in seinem Haus hätte? Sollten sie Bekannte von ihm aus der Filmbranche treffen, die gerade auf ihrem Landsitz in Poiana Brasov eingetroffen waren? Oder, etwas exotischer, würde ihr eher ein nächtliches Picknick mitten in den Karpaten gefallen?
    Trotz des Wintereinbruchs würde sie sich vermutlich für die letzte Variante entscheiden.
    Vadim rief Cornel über das Haustelefon an.
    »Kannst du das organisieren?«, fragte er den langjährigen Weggefährten, als sie sich in Vadims Arbeitszimmer gegenübersaßen.
    »Du legst dich ja richtig ins Zeug«, erwiderte Cornel, und als Vadim ungeduldig mit dem Fuß wippte: »Kein Problem, ihr braucht warme Decken, einen gut gefüllten Picknickkorb und Taschenlampen. Es kann passieren, dass ihr unterwegs mal in ein Funkloch geratet, sorg aber trotzdem dafür, dass der Akku deines Mobiltelefons aufgeladen ist.«
    Vadim nickte. »Es sieht nicht nach neuem Schneefall aus, aber man weiß nie. Noch etwas, Cornel, was ist mit den Wölfen? Vielleicht sollte ich eine Waffe mitnehmen.«
    »Ja, tu das. Übrigens macht die junge Dame auf mich nicht den Eindruck, besonders ängstlich zu sein.«
    »Umso besser, obwohl …«
    »Ja?«
    »Obwohl das schade ist, bei ihr würde ich gern ein bisschen den Helden herauskehren.« Vadim grinste, wurde aber sofort wieder ernst, als er Cornels nachdenklichem Blick begegnete.
    »Wann soll es losgehen? Und welche Route wirst du nehmen?«
    »Ich denke, wir starten in zwei Stunden. Wohin, weiß ich selbst noch nicht. Jedenfalls nicht in Richtung Stadt, eher über den Kamm in die andere Richtung. Da gibt es ein paar malerische Stellen in der Landschaft, wo wir für das Picknick anhalten können, das wird ihr bestimmt gefallen.«
    »Was soll in den Picknickkorb? Hat sie besondere Vorlieben?«
    »Ich glaube, für Luxus hat sie nicht viel übrig, auch nicht in kulinarischer Hinsicht. Pack etwas Deftiges ein, Wurst, Schinken und Käse aus der Region, ein paar kalte Hühnerbeine und gekochte Eier, dazu Peperoni und kräftiges Bauernbrot. Das wird ihr gefallen.«
    Cornel notierte alles. »Was ist mit den

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