Hymne an Die Nacht
Getränken?«
»Rotwein von den Karpaten, ich denke an einen gehaltvollen Blauburgunder, der von innen wärmt. Und Mineralwasser natürlich.«
»Gut, in zwei Stunden ist alles bereit. Und ich bleibe wach, bis ihr zurück seid. Ruf mich sofort an, falls es Probleme gibt.«
»Welche Probleme könnte es geben? Es wird eine sternenklare Nacht, wir haben einen vollgetankten Geländewagen, ein aufgeladenes Mobiltelefon, einen gut gefüllten Picknickkorb mit Speisen und Getränken und eine Waffe mit Munition für alle Fälle. Das Beste ist aber, dass Joanna sich offenbar in mich verliebt hat und dass dieser Ausflug ein sehr romantisches Abenteuer wird. Was soll da noch schiefgehen?«
Cornel runzelte die Stirn. »Versprich mir, dass du dir vorher keine Linie genehmigst! Du brauchst auch für dein romantisches Abenteuer einen klaren Kopf. Trotz all deiner Argumente kann nämlich manches passieren. Es kann wider Erwarten zu schneien beginnen, der Wagen kann eine Panne haben, und die Waffe kann plötzlich versagen, wenn du sie brauchst.«
Vadim lachte. »Was bist du nur für ein miesepetriger Pessimist! Aber versprochen, ich bleibe sauber.«
Erst als er in die Augen seines langjährigen Vertrauten blickte, merkte er auf. »Ist sonst noch etwas, Cornel? Du wirkst beunruhigt. Was ist los?«
Cornel mied Vadims Blick und räusperte sich. Er kämpfte sichtlich mit sich, bevor er schließlich antwortete. »Ich habe mal den Grafen von Lugosy gegoogelt«, begann er zögernd.
Vadim hob eine Augenbraue. »Ja, und?«
»Da ist einiges seltsam. Das Adelsgeschlecht gibt es tatsächlich, es war in Transsylvanien angesiedelt, genau gesagt im 17 . Jahrhundert. Da gab es einen Grafen dieses Namens, der mit einer polnischen Prinzessin verheiratet war. Sie hatten zwei Söhne, von denen einer Stanislaw hieß, der war offenbar als Erstgeborener der Erbberechtigte, wie es damals üblich war. Der andere, an dessen Namen ich mich jetzt nicht erinnere, machte eine Karriere beim Militär, bis sich seine Spur verlor.«
»Das klingt alles nicht ungewöhnlich«, sagte Vadim mit Anzeichen von Ungeduld. »Was ist nun so seltsam daran?«
»Der Vater starb bei einem Jagdunfall, und der junge Stanislaw wurde zu Verwandten nach Frankreich geschickt. Kurz nach seiner Volljährigkeit starb auch die Mutter.«
Cornel machte eine bedeutsame Pause, fuhr aber rasch fort, als er die Miene seines Arbeitgebers bemerkte: »Von da an gibt es keinerlei Aufzeichnungen mehr über die Familie. Erst vor einigen Jahren, genau gesagt seit Einführung des Internets, tauchte ein Graf Stanislaw von Lugosy wieder auf. Nur findet man keinerlei Dokumentation über die Zeit dazwischen.«
»Das alles hast du im Internet gefunden? Da kann man ja nur froh sein, wenn man mal für eine Zeitlang vom Bildschirm verschwindet!«, warf Vadim ein.
»Schon richtig, Vadim, aber wenn sich dieser Zeitraum über mehrere Jahrhunderte erstreckt, stellen sich doch ein paar Fragen, findest du nicht?«
Vadims saphirblaue Augen funkelten spöttisch. »Was soll das, Cornel? Willst du damit etwa andeuten, dass es sich bei Joannas Vater um diesen Mann aus dem 17 . Jahrhundert handelt? Dann müsste er ja vierhundert Jahre alt sein.« Er lachte auf. »Jetzt verstehe ich: Du hast den Verdacht, er sei ein Vampir, der die Welt seit Jahrhunderten heimsucht? Das glaubst du doch nicht ernsthaft! Du kennst ja meine Einstellung zu diesen Schauergeschichten, von denen sich die Menschen in meiner Heimat offenbar noch immer nicht befreit haben. Nein«, lachte er, »es wird bestimmt eine ganz harmlose Erklärung dafür geben. Aber heute möchte ich mich wirklich nicht damit befassen.«
Cornel murmelte etwas Unverständliches vor sich hin, dann schwieg er mit verstockter Miene.
»Ich habe den Grafen selbst erlebt, und er ist tatsächlich ein sehr spezieller Typ, aber deshalb muss man nicht gleich die Mythen dieser Region in ihn hineinprojizieren. Außerdem …«, Vadims Stimme wurde weich, »außerdem ist Joanna ganz und gar ein Geschöpf von dieser Welt, und sie ist schließlich seine Tochter.«
*
Als er Joanna von dem geplanten Ausflug erzählte, strahlte sie. »Ein Mondschein-Picknick? Wie wundervoll! Ich liebe so etwas.«
»Das dachte ich mir«, sagte er lächelnd und zog sie in seine Arme.
»Wann geht’s los?«
»Sobald Cornel mit den Vorbereitungen fertig ist. Bis dahin führe ich dich durchs Haus und zeige dir meine Schätze.«
Sie folgte ihm durch einen langen Gang, an dessen Ende er eine Tür
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