Hype: Thriller (German Edition)
bekämpfen, die Hand auszustrecken und sie zu berühren.
»Du bist verrückt«, sagte sie und schüttelte langsam den Kopf.
»Kann schon sein. Philip das Ruder aus der Hand zu nehmen, wird wohl nicht ganz leicht sein, aber gemeinsam können wir das schaffen. Du und ich, Baby! Was sagst du?« Er versuchte, ein enthusiastisches Lächeln aufzusetzen.
»Das habe ich nicht gemeint«, sagte sie leise.
»Nicht?«
»Ich meinte, dass du verrückt sein musst, wenn du glaubst, ich würde Philip verraten. Nach allem, was er für die Firma getan hat, für uns, für mich persönlich. Glaubst du wirklich, ich würde all das aufs Spiel setzen für jemanden … wie dich?«
Die Wut war wieder da, aber in ihrer Stimme lag noch etwas anderes, das ihm nicht gefiel.
»Gratuliere, Henrik, wenn das denn dein richtiger Name ist. Es ist dir gelungen, Monika zu überreden, dir ihre Aktien zu verkaufen. Also besitzt du jetzt vierzig Prozent eines Unternehmens, dessen Angestellten dich zu hundert Prozent hassen!«
Sie ging einen Schritt näher auf ihn zu.
»Mein Ratschlag an dich wäre, Philip anzurufen und deine Aktien an ihn zu verkaufen. Wenn du Glück hast, verdienst du daran noch ein hübsches Sümmchen und kannst damit wieder unter den Stein schlüpfen, unter dem du hervorgekrochen kamst. Denn was eine Sache betrifft, hast du verdammt recht …« Sie bohrte ihren Zeigefinger in seine Brust, und obwohl HP einen Kopf größer war als sie, wich er einen Schritt zurück. »… Philip würde niemals zulassen, dass ein anderer die Kontrolle über ArgusEye übernimmt, nie im Leben. Er würde jeden töten, der es überhaupt versucht!«
*
Schon als sie das Klappern des Briefschlitzes hörte, war ihr klar, dass etwas nicht stimmte. Für die Post war es zu spät, und der Prospekteverteiler, der für ihren Hauseingang zuständig war, trotzte den »Bitte keine Werbung!«-Schildern normalerweise nicht.
Sie ging schnell in den Flur, um gerade noch rechtzeitig den kleinen, braunen Umschlag auf den Fußboden fallen zu sehen. Als sie ihn aufhob, fühlte sie durch das Papier hindurch einen kleinen, harten Gegenstand.
Ein Schlüssel, vermutlich einer, der zu einem Vorhängeschloss passte. Aber zu welchem? Und wer hatte ihn durch ihren Briefschlitz geworfen?
Sie schlüpfte hastig in ihre Schuhe und spurtete die Treppe hinab, da hörte sie ein paar Stockwerke weiter unten die Tür zuschlagen. Als sie auf die dunkle Straße hinaustrat, war niemand mehr zu sehen.
*
Okay, jetzt hatte er also offiziell Liebeskummer. Wahrscheinlich zum ersten Mal seit seiner Schulzeit.
Rilke verachtete ihn, für sie war er nichts anderes als ein Bodenlecker, ein schmutziges Kriechtier, das man tottrampeln sollte. Das verletzte ihn mehr, als er vermutet hätte.
Normalerweise war es ihm scheißegal, was die Leute über ihn dachten, doch mit ihr war es anders. Obwohl er kapiert hatte, dass seine Chancen nicht gerade gut standen, hatte er die Hoffnung nicht aufgeben wollen, dass Rilke seinen Staatsstreich unterstützen würde. Dass sie ihm zuliebe die Seiten wechseln würde – wie es die Damen in den James-Bond-Filmen immer taten.
Stattdessen hatte sie sich bestimmt gleich ans Telefon gehängt, kaum dass die Tür hinter seinem armen, liebeskranken Hintern zugefallen war. Und jetzt wusste Philip mit Sicherheit, dass ArgusEye einen neuen Teilhaber bekommen hatte, was bedeutete, dass die Jagd auf HP noch einen Zahn wilder werden würde …
Aber er musste sich damit trösten, dass sein Plan trotzdem funktionieren würde.
Morgen war Silvester, der Bürobetrieb würde nur noch auf Sparflamme laufen. Und dank der Passierkarte, die er aus Rilkes Tasche stibitzt hatte, würde er problemlos in die Firma gelangen.
»Du, HP, ich habe da über eine Sache nachgedacht.« Es war Lehrjunge Nummer 1, Jonny.
Die Jungs hatten den Laden verriegelt und die Rollläden heruntergelassen, sobald HP durch die Tür hereingeschlüpft war.
»Schieß los, Jonny.«
HP zog an der Tüte und reichte sie dann nach rechts weiter, während er auf einen kleinen Feuchtigkeitsfleck an der Decke starrte, der seine Aufmerksamkeit schon seit ein paar Minuten fesselte.
»Diese ganze Story mit ArgusEye, der Bombe und so weiter …«
»Mmm.«
Marcus, der auf dem Boden neben ihm lag, nahm einen Zug und hustete dann krampfartig.
»Du hast es immer noch ein bisschen zu eilig, Marcus. Du musst dich trauen, den Rauch in der Lunge zu halten und den Geschmack von Marokko genießen, kapierst du?«
Marcus
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