Hype: Thriller (German Edition)
die anderen ständig provoziert, also hat er vermutlich eher eine Art von Agenda.«
»Aber wie kannst du wissen, dass er kein Polizist ist?«
»Tja, der Polizeijargon scheint ja an und für sich korrekt. Aber ein richtiger Bulle würde wohl kaum mit Filmzitaten um sich werfen?«
»Was?!«
Sie konnte ihn beinahe feixen hören.
»Also hast du es nicht gemerkt? Wie gesagt, ich habe das nicht so wahnsinnig genau nachgeprüft, aber es gab sowohl De-Niro- als auch Clintan-Zitate, da bin ich sicher. Dieses ›Ein Regen, der die ganze Scheiße wegspült‹ ist zum Beispiel aus Taxi Driver …«
Er machte eine Pause, und sie konnte wieder seine hastigen Schritte hören.
»Außerdem gibt es seine Signatur«, fuhr er dann fort. »In der Forenwelt bedeuten die Signaturen fast immer etwas, sogar die der Trolle. Man will zeigen, wie verdammt smart man ist, und versucht, den Leuten die Anspielungen direkt vor die Nase zu halten, ohne dass es irgendjemand kapiert.«
»Und MayBey?«
»Tja, zunächst mal das ganz Offensichtliche, nämlich dass das Wort Maybe ›vielleicht‹ oder ›möglicherweise‹ bedeutet. Außerdem ist es auch der Name von Judge Dredds eingefleischtem Erzfeind. Ein Serienmörder, dem es gefällt, alle möglichen Spielchen mit der Polizei zu treiben … Und als wäre das nicht genug, hast du auch noch die Anagrammsache. Internetjockeys lieben Anagramme. MayBey – Abyme?«
Er machte eine Kunstpause, und Rebecca hatte keine andere Wahl, als in die Falle zu tappen:
»Und?«
»Mise en Abyme ist ein Filmterminus für Ins-Bodenlose- Sehen. Das hab ich in der Volkshochschule gelernt …«
Seine Stimme klang ein wenig heiser, und er räusperte sich.
»Wie wenn man zwei Spiegel gegenüberstellt, eine Kopie einer Kopie, bis in die Unendlichkeit. Doppelt unwirklich, verstehst du? Ein bisschen wie ein Traum in einem …«
»Traum …«, beendete sie.
*
Hölle auch, sie waren ihm auf der Spur!
Eigentlich sollte er auf das Hotel und seine Sachen scheißen und schnellstens ein neues Versteck suchen. Aber er durfte das Handy nicht dortlassen. Es war seine einzige Verbindung zum Spiel, und solange er das noch besaß, hatte er immerhin eine Art physischen Beweis dafür, dass das Spiel wirklich existierte.
Vorsichtig streckte er seinen Kopf über die Mauer an der Rückseite des Hotels. Alles schien ruhig zu sein.
Das kleine Holzstück, das er unter das Sicherheitsblech des Notausgangs gebohrt hatte, war noch da, und er gelangte problemlos in die richtige Etage. Der Flur war leer, aber er wartete lieber noch einen Moment, bis er sich zu seiner Tür vorwagte.
Er legte das Ohr an die Tür und lauschte.
Kein Mucks.
Er hatte nicht viel Zeit.
Wenn Becca recht hatte und jemand Informationen über seinen Aufenthaltsort gepostet hatte, dürfte es nicht mehr lange dauern, bis Philip und seine Getreuen hier auftauchten. Aber warum hatte dieser Polizeitroll ausgerechnet über ihn Informationen verbreitet? Und wie hatte er ihn gefunden?
Mit diesen Fragen musste er sich beschäftigen, sobald er ein sicheres Versteck gefunden hatte.
Er steckte die Schlüsselkarte ins Schloss und öffnete die Tür. Das Zimmer lag im Dunkeln. Vorsichtig machte er einen Schritt hinein, verzichtete aber darauf, die Lampe einzuschalten. Seine Augen gewöhnten sich schnell an die Dunkelheit. Der Raum war leer, dasselbe galt auch für die Toilette. Er nahm seinen kleinen Koffer und raffte hastig seine Sachen zusammen. Das Telefon packte er zuerst ein. Er hatte es nicht mehr angerührt, seit Nox es ihm wiedergegeben hatte. Über all dem, worüber er in der letzten Zeit hatte nachdenken müssen, hätte er es fast vergessen. Jetzt schien es ihm aber wieder beinahe lebenswichtig.
So – fertig!
Er schloss den Koffer und ging auf die Tür zu. Doch anstatt sie zu öffnen und den Notausgang am Ende des Korridors anzupeilen, blieb er stehen. Er wusste nicht genau, woher dieses Gefühl kam, aber irgendetwas stimmte nicht. Er beugte sich vor und spähte vorsichtig durch den Spion. Erst sah er nur ein Stück vom Flur. Dann konnte er drüben beim Aufzug eine Bewegung erahnen. Zwei Figuren mit Skimasken und in dunklen Klamotten kamen direkt auf seine Tür zu.
Blitzschnell hängte er die Sicherheitskette ein, holte den kleinen Schreibtischstuhl heran und verkeilte die Lehne unter dem Türgriff. Dann öffnete er das Fenster so weit, wie es die Kindersicherung zuließ, und kletterte auf das Fensterbrett.
Im selben Moment, als das Schloss hinter ihm
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