Hype: Thriller (German Edition)
öffnete sie den Mund, um zu antworten, aber Runeberg legte eine Hand auf ihr Knie. Offenbar hatte sie den netten Onkel unterschätzt.
Auch wenn er die Sache gut verpackt hatte, war doch er es, der ihr eine Art Eingeständnis entlocken sollte.
Sie atmete tief durch.
»Was andere gesehen haben oder nicht gesehen haben, muss ich nicht kommentieren. Ich kann nur für mich selbst antworten«, sagte sie, so ruhig sie konnte, und bemerkte, dass Walthers freundliches Lächeln langsam erlosch. »Ich sah einen Attentäter und eine Waffe, die Gefahr sowohl für die Schutzperson als auch für das Team war offensichtlich, und ich habe daher entsprechend meiner Befugnisse gehandelt.«
Sie warf Runeberg einen raschen Seitenblick zu und erntete ein ermunterndes Nicken. Walthers blickte enttäuscht auf seine Notizen, und Westergren ergriff das Wort.
»Wie stehen Sie zu der Tatsache, dass dort Menschen gestorben sind, Normén? Wahrscheinlich als direkte Folge Ihres zweifelhaften Handelns …«
Rebecca zuckte zusammen. Sie hatte erfahren, dass Menschen zu Schaden gekommen waren, vielleicht sogar im Feuer der Soldaten getötet worden waren – es aber auf diese Weise ins Gesicht geschleudert zu bekommen, war eine ganz andere Sache. Westergrens Gesichtsausdruck nach zu schließen, schien es ihn jedoch nicht zu kümmern, dass er zu weit gegangen war.
»Noch einmal …«, sagte sie beherrscht, während die Wut in ihr immer höher an die Oberfläche kochte. »Ich habe meine Entscheidung angesichts einer möglichen Gefährdung meines Teams und meiner Schutzperson getroffen. Was andere Menschen gemacht oder nicht gemacht haben, dafür trage ich nicht die Verantwortung.«
»Wollen Sie damit sagen, es ist Ihnen egal, dass Menschen um sie herum getötet wurden?«
»Natürlich nicht!«, zischte sie, aber bevor Rebecca fortfahren konnte, unterbrach sie Runeberg.
»Worauf willst du mit diesen Fragen hinaus, Westergren?«
Die beiden Männer starrten sich an.
»Der Zeuge muss während des Verhörs schweigen«, piepste Walthers von der Seite, aber keiner achtete auf ihn.
»Ich interessiere mich für die Frage, ob Polizeiinspektorin Normén wirklich einsieht, dass ihre zweifelhafte Entscheidung den Tod mehrerer Menschen zur Folge hatte. Dass sie direkt oder indirekt deren Tod verursacht hat, indem sie den Schusswechsel der Soldaten provozierte.«
»Jetzt fischst du im Trüben, Pelle …«
»Ach wirklich, Ludde? Du solltest dir vielleicht die Gesetzesparagraphen zu Dienstvergehen mal näher ansehen, anstatt ständig im Fitnessstudio rumzuhängen.«
Runeberg erhob sich langsam, und Westergren tat es ihm gleich.
»Jetzt beruhigen wir uns alle mal«, quäkte Walthers. Auch er stand von seinem Platz auf und quetschte sich mit gewisser Mühe zwischen die beiden Männer.
»Das Verhör wird um 09:51 Uhr für eine kurze Pause unterbrochen.«
*
Seit ungefähr drei Tagen saß er in dieser Zelle. Zumindest glaubte er das. Schlief auf der Holzpritsche, kackte in einen Eimer und versuchte sich, so gut es ging, die Zeit zu vertreiben. Die Sehnsucht nach einer Kippe trieb ihn fast in den Wahnsinn. Aber wenigstens hatte er ein paar Klamotten bekommen. Ein weißes T-Shirt und einen orangefarbenen Overall, der zwei Nummern zu klein war.
In den ersten Stunden hatte er sich buchstäblich vor Angst in die Hosen gemacht, aber nachdem er sich wieder etwas gefangen und ein wenig Flüssigkeit und Nahrung zu sich genommen hatte, waren die Nebelschwaden verschwunden, und er konnte sich das ein oder andere zusammenreimen.
Er war ordentlich bekifft gewesen, als die Bullen ihn gefasst hatten, und außerdem hatten sie entdeckt, dass er mit einem falschen Pass reiste. Beides war hier unten sicherlich ein ziemlich schwerwiegendes Vergehen, aber die Art, wie sie ihn behandelten, kam ihm dennoch überzogen vor.
Irgendetwas stimmte da nicht …
*
»Was war denn bitte das?«, fuhr sie Runeberg an, der geistesabwesend an der Kaffeemaschine herumwerkelte.
»Nichts Besonderes …«
»Na, hör mal, ihr wart kurz davor, euch an die Gurgel zu gehen, du und Westergren … Kennt ihr euch?«
Runeberg nickte widerwillig.
»Pelle und ich sind vor langer Zeit zusammen Streife gefahren, er war schon damals ein ungemütlicher Kerl – unkollegial, wenn du verstehst, was ich meine?«
Sie zuckte mit den Achseln. »Und?«
Runeberg seufzte. »Er hat sich vor ein paar Jahren bei der Sicherheitspolizei beworben, und als man bei mir nachgefragte, riet ich ab. Irgendwie hat er
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