Hype: Thriller (German Edition)
glücklich zu sein?
Während das Teewasser kochte, warf sie einen raschen Blick ins Wohnzimmer. Micke war noch immer auf den Fernseher konzentriert.
Sie nahm ihr Handy.
Mittwoch um sieben
Wie immer
Dann drückte sie auf Senden.
*
»Sie sind ein Glückspilz, Mr. Pettersson«, sagte ein glatt rasierter Moussad grinsend auf dem Sitz neben ihm in einem Englisch, das beinahe so perfekt war wie das von Anna Argus.
HPs Gehirn hängte sich auf, und während er einen Neustart versuchte, verpasste er einen Teil von Moussads einleitenden Erklärungen.
»… einen deutlichen Fingerabdruck auf dem Feuerzeug und außerdem genügend Hautreste für eine Mitochondrien-DNA. Interpol hat sich heute Vormittag gemeldet, beide Proben haben zu einem Treffer geführt: Bruno Hamel, Franko-Kanadier mit einem gelinde gesagt interessanten Ruf …«
Der Polizist schwieg lange genug, damit HP’s Synapsen eine funktionierende Leitung aufbauen konnten.
»W-wie?«
»Offenbar hat Monsieur Hamel als Auftragskiller Karriere gemacht. Mindestens vier ungeklärte Fälle werden ihm zugeschrieben. Wollen Sie wissen, was seine Spezialität ist?«
Erneutes Grinsen.
HP nickte stumm.
»Einsame Frauen …«
HP spürte, wie die Übelkeit blitzartig in ihm aufstieg. Das Blut rauschte in seinen Schläfen, und er musste sich vorbeugen, um nicht umzukippen.
Obwohl Moussad dicht neben ihm saß, schien seine Stimme von weit weg zu kommen.
»Was Oberst Aziz während Ihrer Unterredungen nicht erzählt hat, ist, dass es Morddrohungen gegen Mrs. Argus gab. Die Polizei ihres Heimatlandes hat uns dies bestätigt.«
»O-oberst …?«, stammelte HP verwirrt.
Moussad lachte. »Ein kleiner Kniff, den wir manchmal anwenden, um rasch zu einem Ergebnis zu kommen. Unrasierte Araber, die kein Englisch sprechen, sorgen aus irgendeinem Grund bei den allermeisten Ausländern für Kooperationsbereitschaft. Oberst Aziz ist mein Chef und zugleich Leiter der königlichen Kriminalpolizei von Dubai.«
Der Polizist holte tief Luft und atmete langsam aus, während er darauf wartete, dass HP sich wieder aufrichtete.
»Sie verstehen, Mr. Pettersson, alles schien sonnenklar zu sein. Das Blut, die Zeugenaussagen, Ihr Verhältnis zu Mrs. Argus und so weiter … Aber es gab ein störendes Element …«
Er fuhr mit der einen Hand durch die Luft, um seine Erklärung zu unterstreichen.
»Echte Zeugenaussagen entsprechen sich nie zu einhundert Prozent, Mr. Pettersson. Menschen nehmen Dinge ganz einfach unterschiedlich wahr. Aber jeder der fünf Franzosen, die gegen Sie ausgesagt haben, erzählte dieselbe Geschichte – exakt, bis ins kleinste Detail. Verstehen Sie?«
Er fuhr fort, ohne eine Antwort abzuwarten: »Wir ahnten, dass irgendetwas faul war, und schließlich haben Sie uns den Beweis geliefert, nach dem wir suchten. Stellen Sie sich die Mienen der Franzosen vor, als wir ihnen die Interpolfotos von Hamel gezeigt haben – ein international gesuchter Auftragsmörder, den sie um jeden Preis hatten schützen wollen …«
Er lachte erneut und schwieg dann, als wartete er auf irgendeine Reaktion bei HP.
»Jemand ließ Mrs. Argus umbringen …«, fuhr Moussad fast übertrieben langsam fort, als er keine Antwort bekam, »… und dieser Jemand hat sich außerdem sehr viel Mühe gemacht, Ihnen die Schuld anzuhängen, Mr. Pettersson.«
HP’s Welt schwankte, die Übelkeit übermannte ihn plötzlich vollkommen, und wie auf ein Zeichen öffnete sich die Wagentür von außen.
Kurz darauf kniete er auf allen vieren und erbrach sich in den Wüstensand.
Déjàvu!
*
Die Antwort kam augenblicklich.
Ok – dachte schon, du machst ’nen Rückzieher ;)
Erst wollte sie eine säuerliche Antwort schreiben, ließ es dann aber sein. Sie hörte, wie Micke sich auf dem Sofa streckte, und löschte hastig die erhaltene Nachricht. Das Teewasser war fertig, und sie stellte zwei Tassen und ein paar Kekse auf ein kleines Tablett.
Als sie sich auf das Sofa setzte, legte Micke wieder den Arm um sie und zog sie an sich.
»Schön, dass du da bist«, murmelte er.
Sie antwortete nicht.
»Du, übrigens …«, sagte sie nach einer Weile.
»Mmm.«
»Ich bin am Mittwochabend nicht zu Hause. Wollte mit Nina ins Kino gehen. Ich muss ein wenig den Kopf freikriegen.«
»Okay.«
Er wandte den Blick nicht einmal vom Fernseher ab, was ihr das Lügen leichter machte. Sie wurde erschreckend gut im Lügen.
»Wir gehen danach vielleicht noch ein Glas Wein trinken, du brauchst also nicht aufbleiben. Ich
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