Hype: Thriller (German Edition)
die Scheibenwischer anstellen, um überhaupt etwas sehen zu können.
Rebecca warf sich herum und versuchte, den Revolvermann im Rückfenster zu erkennen. Sie drückte sich zwischen die Sitze, die Waffe im Anschlag. Den Blick aufs Visier geheftet, den Finger am Abzug …
Aber hinter ihnen war einzig und allein eine rot aufwirbelnde Staubwolke zu sehen, die die ganze Welt verschlang. Das Flüchtlingslager, die Menschenmenge, der Revolvermann – nichts davon war mehr zu erkennen. Nach ein paar Sekunden hätte man meinen können, das alles hätte es nie gegeben …
Modin brüllte etwas, ganz entfernt hörte Rebecca das Funkgerät rauschen, aber ihr Puls pochte so dröhnend gegen ihre Schläfen, dass sie nichts verstand.
Alles um sie herum lief ab wie in Zeitlupe. Sie nahm jedes noch so kleine Detail wahr: den Geruch der Lederverkleidung, die kauernden Gestalten auf der Rückbank, Modins hektische Bewegungen, als sie darum kämpfte, den Wagen auf der Piste zu halten.
Rebeccas Hände klammerten sich so hart um den Pistolenkolben, dass ihre Finger schmerzten.
Der Sand wirbelte immer noch im Fahrtwind hinter dem Auto, bildete lange, hypnotisierende Spiralen, die ihren Blick fesselten und es unmöglich machten wegzusehen.
Da fuhr Modin in ein Schlagloch.
Ein paar Millisekunden der Schwerelosigkeit – dann krachte der Wagen wieder auf die Fahrbahn. Rebecca stieß mit dem Kopf gegen das Autodach, das Traumgefühl schwand, und sie wurde in die Wirklichkeit zurückgeworfen.
»Antworte auf den Funk!«, schrie Modin, und im selben Augenblick bemerkte Rebecca, dass ihr der Headsetstöpsel aus dem Ohr gefallen war und über ihrer rechten Schulter baumelte. Sie steckte sie rasch wieder ins Ohr, senkte die Waffe und sank zurück in den Vordersitz.
»Sind alle wohlauf, Normén, bitte kommen?«
Malméns Stimme klang besorgt.
Rebecca drehte sich erneut um und schielte zu ihren Mitfahrern auf dem Rücksitz. Die Ministerin und Gladh lagen zusammengekrümmt in jeweils einer Ecke.
»Alles in Ordnung da hinten?«
Sie bekam keine Antwort, aber die beiden leichenblassen Gesichter wandten sich ihr langsam zu.
»Alles in Ordnung, Ann-Christin?«
Rebecca beugte sich vor und stupste die Ministerin am Knie, was ausreichte, um immerhin ein stummes Kopfnicken zu bekommen.
»Der Ministerin geht’s gut, wir fahren zur Villa zurück«, sagte sie, so ruhig wie möglich, ins Mikrofon, aber das Funkgerät schien das Beben in ihrer Stimme eher zu verstärken.
»Verstanden«, antwortete Malmén knapp.
Rebecca stellte fest, dass sie noch immer die Pistole in der rechten Hand hielt. Sie entspannte den Hahn, steckte die Waffe ins Holster und legte dann langsam den Sicherheitsgurt um.
Ihr Herzschlag beruhigte sich nach und nach, der Adrenalinkick verebbte allmählich, und sie spürte, dass ein leichtes Gefühl von Übelkeit in ihr hochstieg.
»Das war verdammt knapp …«
Ohne den Blick von der Straße zu nehmen, nickte Modin.
»Für einen Moment dachte ich, es ist vorbei, keine Ahnung, warum er nicht geschossen hat.«
Modin warf ihr einen raschen Seitenblick zu. »Er hat vermutlich das Gewehr nicht rechtzeitig hochgekriegt, bevor sie über ihm waren.«
Rebecca brauchte ein paar Sekunden, ehe sie begriff, was er meinte. »Nein, nein, nicht der Soldat – der Revolvermann natürlich.«
»Wer?« Modin schickte ihr einen fragenden Blick.
Bevor sie antworten konnte, beugte sich Gladh zu ihrem linken Ohr vor.
»Was zum Teufel bilden Sie sich eigentlich ein, Normén!?«, zischte er.
ZWEI
Flashback
»Hallo?«
»Guten Abend, mein Freund, denn bei Ihnen ist doch jetzt schon Abend …? Störe ich Sie?«
»Nein, nein, überhaupt nicht, ich habe Ihren Anruf erwartet. Ich bin vor Ort – ist alles … bereit?«
»Alles ist bereit.«
»Und wie sieht es aus mit …?«
»Wie gesagt – alles ist bereit. Die Frage ist nur, ob Sie es sind? Die Aufgabe birgt einige Risiken, ich würde also verstehen, wenn sie zögern … Aber es steht fest, dass wir ohne Ihre Hilfe nichts ausrichten können.«
»Ich bin bereit – kein Problem!«
»Wunderbar!«
»Also, wann fangen wir an?«
»Bald, mein Freund – sehr bald …«
*
»Darfur?«
»Mmm …«
»Für wie lange?«
»Eine knappe Woche, um die Lage auszukundschaften, vier Tage mit der Ministerin, und dann noch ein paar Tage Behördenkram. Zwei Wochen insgesamt, denke ich, das hängt ein wenig davon ab, ob ich mit der Regierungsmaschine heimfliege oder einen Linienflug nehme.«
Er nickte und
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