Hype: Thriller (German Edition)
ihm verzeihen können?
Philip wirkte etwas sanfter gestimmt. Trotz allem war er ja verdammt gut in dem, was er tat, ein echtes Naturtalent. Der Golden Boy von ArgusEye.
»Spinnen wir doch einmal einen Gedanken zu Ende, der mir im Laufe unserer kleinen Unterhaltung gekommen ist, Henrik …«
HP verlängerte sein immer eifrigeres Nicken.
Weiterspinnen, Gedanken, Unterhaltung …
Das klang vielversprechend!
»Bei meiner früheren Arbeit beim militärischen Geheimdienst hatten wir es oft mit Infiltrierern oder Spionen zu tun, wie sie manchmal genannt werden …«
HP’s Nicken wurde langsam schwächer.
»… die Allerbesten, die am schwierigsten zu entlarven sind, wissen nicht einmal, dass sie Spione sind. Sie glauben, dass sie für einen guten Zweck handeln und verstehen nicht, dass alles nur Theater ist. Dass sie in Wirklichkeit von außenstehenden Kräften manipuliert werden.«
HP hörte auf zu nicken. Sein Mund schien plötzlich voller Sand zu sein.
»Könnte es so sein, Henrik? Dass du selbst tatsächlich glaubst, gute Absichten zu haben, aber dass eigentlich ein anderer die Strippen zieht? Jemand, der dich lenkt und dir Dinge vorspiegelt, die es vielleicht nicht einmal gibt?«
*
Sie notierte die Angaben auf dem Handybildschirm rasch auf einem Zettel.
Tennishalle morgen Abend um 18:30 Uhr.
Das war eigentlich früher, als sie geplant hatte. Aber so würde sie es umso schneller hinter sich haben. Sie faltete den Zettel zusammen und steckte ihn in die Jackentasche, danach konzentrierte sie sich wieder aufs Beobachten.
Es war kurz vor halb zehn. Der rothaarige Mann war inzwischen seit über einer Stunde im Haus, aber noch immer hatte sie weder den Schatten von Henrik noch von John gesehen. Das ganze Viertel wirkte so bürgerlich verschlafen wie immer, und dennoch wurde sie das Gefühl nicht los, dass Henrik in einer verzwickten Lage steckte.
*
Elroy beugte sich über ihn und führte die Startkabel direkt vor seiner Nase zusammen. Ein rasselnder kleiner blauer Blitz schlug zwischen ihnen empor, und HP wand sich, um das Gesicht wegzudrehen.
Philip hatte ihm die Geschichte nicht abgekauft, was vielleicht auch nicht weiter verwunderlich war. Er wusste selbst kaum, warum er den Job bei ArgusEye angenommen hatte.
Woher hatte er die Idee eigentlich gehabt?
»Naa, wie hättest du es denn gern?«, knurrte Elroy und wiederholte den Trick mit den Startkabeln vor seiner Nase.
Noch ein blauer Blitz, größer diesmal. Dann noch einer.
BLINK.
Hirngespinste …
BLINK.
Dinge, die es nicht gab …
BLINK.
Ein …
BLINK
Traum?
Elroy befestigte eine Kabelklammer an HPs einem Nasenflügel. Das Blinken in seinem Schädel erlosch.
Das Metall war eiskalt und betäubte beinahe die Schmerzen, die es in der empfindlichen Schleimhaut verursachte. Dann führte Elroy die andere Klammer übertrieben langsam in Richtung der ersten.
HP wand sich, warf verzweifelt den Kopf hin und her, konnte dadurch aber nur wenige Sekunden Aufschub gewinnen.
Fuck, fuck, fuck!
Elroy stützte sich mit einem Knie auf seine Brust, drückte ihn tief in die Matratze und wedelte mit der losen Klammer vor seinem Gesicht hin und her.
Rot.
Die blaue saß also schon an ihrem Platz.
Diesmal würde er nicht selbst entscheiden.
Beide Pillen auf einmal.
Mund auf und schlucken.
Die Klammer näherte sich seinem Gesicht. Ihm blieb keine Wahl …
Gewinnen oder verschwinden?
Rot oder blau?
Die Klammer war kurz vor seiner Nase.
5
4
3
2 …
»Ghourab Al-Bain!«, brüllte er genau in dem Moment, als sich die beiden Klammern trafen. Dann wurde alles schwarz.
NEUNUNDZWANZIG
I’m out!
Aufgeregte Stimmen.
»… gehört, was er gesagt hat?«
»Rourab Al-Bain …?«
»… Gruppe, von der wir noch nie gehört haben …«
»… internationale Verbindungen …«
»Das hier kann die ganze Operation gefährden …«
»Wir verschieben das Treffen um ein paar Stunden, bis wir mehr wissen. Ich bin gleich wieder da …«
Er hielt die Augen absichtlich geschlossen, während er einen raschen Funktionscheck durchführte. Gehör, Arme und Beine schienen soweit in Ordnung. Seine Lendengegend müsste eigentlich ein einziges Schmerzzentrum sein, aber irgendwie hatte sein Gehirn ganz einfach beschlossen, die Verbindung zur Leiste zu kappen, denn er spürte fast nichts.
Er hörte die Wohnungstür zufallen, dann Schritte, die zum Schlafzimmer zurückkehrten. Aber diesmal kam das Geräusch nur von einer Person, und er öffnete kurz ein Auge einen Spaltbreit,
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