Hype: Thriller (German Edition)
war nicht sonderlich verlockend.
Also musste sie ihren Posten verlassen, zumindest für einige Minuten. Nicht ganz optimal, aber zur Not frisst der Teufel Fliegen.
Sie ließ den Motor an, legte den ersten Gang ein und fuhr langsam vom Bürgersteig weg, vorbei an dem im Parkverbot stehenden Mercedes des Rothaarigen. Sie wollte rechts in Richtung Strandvägen abbiegen, als sie plötzlich ihre Meinung änderte.
Sie wendete und hielt direkt hinter der großen Luxuskarosse. Man mochte es Polizeiinstinkt nennen oder was auch immer, aber etwas sagte ihr, dass es eine gute Idee wäre, sich diesen Wagen näher anzusehen, bevor sie wegfuhr.
Sie zog die Handbremse und holte ihr Handy aus der Tasche.
*
Elroy stürmte auf die Terrasse und geradewegs auf ihn zu.
Ohne nachzudenken, kletterte HP über das Geländer. Schräg unter ihm befand sich ein Balkon, und wenn er sich an eine der Stangen des Geländers hängte, konnte er sich vielleicht nach unten schwingen.
Er packte das Geländer, so fest er konnte, und genau in dem Moment, als Elroy sich auf ihn warf, machte er einen kleinen Satz und ließ sich fallen.
Aber er hatte die Geschwindigkeit falsch eingeschätzt. Seine kalten Finger konnten ihn nicht halten, und anstatt nun mit den Händen an der unteren Geländerstange zu hängen, fiel er beinahe ungebremst auf den Balkon darunter.
Er landete in einer kleinen Schneewehe, aber der Aufprall war dennoch hart genug, um ihm kurz den Atem zu rauben. Er brauchte ein paar Sekunden, bis er sich wieder gefangen hatte, und als er zur Dachterrasse hochblickte, war dort niemand mehr zu sehen.
Jetzt aber weg!
Der Balkon war schmal und befand sich an der Vorderseite des Hauses. HP lief an einigen Fenstern vorbei, bis er zu der großen Tür kam. Die Kälte brannte auf seiner Haut, und ihm tat alles weh nach der Strombehandlung und der Landung im Schnee. Er warf sich gegen die Scheibe der Glastür und schlug mit beiden Fäusten dagegen.
Ein erschrockenes Omagesicht tauchte im Inneren auf.
»Aufmachen!«, schrie er. »Mach auf, verdammt noch mal, du alte Kuh!«
Die Oma rührte sich nicht.
Würde er selbst einem völlig nackten Mann, der plötzlich auf seinem Balkon gelandet war, die Tür öffnen?
»Machen Sie bitte auf …«, bettelte er.
Plötzlich war die Alte verschwunden. Er ging ein paar Schritte zum Geländer und blickte hinunter. Dort unten gab es noch einen Balkon, zwei Stockwerke tiefer. Sollte er …?
Er ging wieder zur Glastür, drückte sein Gesicht gegen die Scheibe und hob die Hand, um erneut dagegen zu pochen …
Erschrocken trat er rasch einen Schritt zurück. Durch die Scheibe starrte ihn Philip Argus an.
»Mach jetzt keine Dummheiten, Henrik«, rief Philip, während er an dem Türgriff rüttelte.
Das Omagesicht tauchte erneut auf, sie schien ihm zu zeigen, wie man die Kindersicherung löste. Eine weitere dunkle Gestalt stand hinter ihr.
Sicherlich Elroy.
HP kletterte mühsam über das schmiedeeiserne Geländer. Sein Körper wurde immer steifer, und er stellte fest, dass er seine Finger kaum noch spürte.
»Sei doch vernünftig, Henrik«, mahnte Philips gedämpfte Stimme von der anderen Seite der Tür.
Er hatte recht, das konnte nicht funktionieren. Sechs, sieben Meter waren es nach unten, und selbst wenn er sich entgegen aller Wahrscheinlichkeit diesmal mit den Händen würde festhalten können, würde er dennoch ein gutes Stück fallen.
Philip und die Alte schienen fast um den Türgriff zu kämpfen. HP blieben höchstens noch ein paar Sekunden Bedenkzeit.
Da fiel sein Blick plötzlich auf das Seidenband an seinem Knöchel. Er beugte sich vor, um das Band zu lösen, und konnte es relativ leicht über den Fuß schieben. Musste an der Kälte liegen.
Er zog das Band zwischen den Stangen des Geländers durch und wickelte die Enden um seine Hände. Dann stieg er über das Geländer und ging in die Hocke.
Die Tür wurde aufgerissen.
Körper, die in die Kälte stürzten. Stolpernde Füße, Flüche, Hände, die sich nach ihm ausstreckten.
Da sprang er …
*
Ein Knirschen lenkte ihre Aufmerksamkeit nach oben, aber die Sicht durch die Windschutzscheibe war begrenzt, und sie sah nur etwas Schnee, der herabrieselte.
Sie hatte soeben mit der Einsatzzentrale telefoniert. Die Überprüfung des Autokennzeichens hatte nichts Besonderes ergeben. Ein Firmenwagen, zugelassen auf ArgusEye AB, die ihren Sitz in einem der Hochhäuser am Hötorg hatte. Jetzt konnte sie nur hoffen, dass ihr ein Blick in das Wageninnere
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