Hypnose
auf.
»Nein«, sagte sie entschieden. »Ich möchte das nicht.«
Weshalb war sie unter großer Gefahr nur hierhergefahren? Warum saß sie überhaupt noch hier? Schwiegersohn und Schwiegervater warnten sich gegenseitig voreinander. Was hatte dieses Verwirrspiel zu bedeuten? Brinkhus’ Version klang einleuchtend, wenn sie ihr auch zu glatt erschien. Konnte sie ihm noch vertrauen?
Doch Inka stand nicht auf. Eine Hoffnung hielt sie zurück, und diese war so stark, dass sie sich fühlte, als sei sie auf dem Ledersessel festgewachsen. Es war der Gedanke, nur durch die Hypnose an ein Wissen heranzukommen, das durch ihr Bewusstsein in Schach gehalten wurde.
»Frau Mayer, ich kann Ihren Widerstand gut verstehen. Nichts fällt schwerer, als sich den eigenen Ängsten zu stellen. Eine Dissoziation wird uns jetzt helfen, den traumatischen Moment mit Abstand zu betrachten und Sie werden mir von Dingen berichten können, die Ihnen vorher unsäglich erschienen.«
Inka schüttelte den Kopf und schwieg. Es ging ihr nicht mehr allein darum, sich den schmerzhaften Erinnerungen stellen zu müssen, es übermannte sie schlicht die Panik davor, sich von ihrem Therapeuten ein weiteres Mal hypnotisieren zu lassen. Es war allerdings ihre einzige Chance rechtzeitig herauszufinden, wer sie töten wollte … Doch was, wenn Doktor Brinkhus sich die Geschichte mit den gefälschten Zeugnissen nur ausgedacht hatte, um sie ins Boot zu holen und ihr Vertrauen wiederzugewinnen? Zugegeben, er hatte Details erzählt, die das Ganze glaubhaft schienen ließen, aber womöglich diente der Aufwand nur, um von sich selbst abzulenken.
»Frau Mayer, wenn Sie nicht zu einer Hypnose bereit sind, brechen wir die Sitzung auf Ihren Wunsch hin gerne ab.«
Inka schluckte. Wie konnte sie nur über Brinkhus mehr herausfinden? Er musste mehr von sich preisgeben und nicht nur ihr versteckte Informationen entlocken. Wer war er? Wie war er wirklich?
Inka wollte bis zu seinem verborgenen Kern vordringen. Das bedeutet in Phase eins: ihm Honig ums Maul zu schmieren.
»Dürfte ich Ihnen eine Frage stellen, Doktor?«
»Bitte.« Brinkhus lehnte sich zurück.
»Ich schätze Sie als geradlinigen und offenen Menschen mit Prinzipien. Und ich möchte nicht an Ihrem Wort zweifeln. Aber Sie verstehen sicher, dass es für mich schwer zu begreifen ist, dass Doktor Brunner ein Hochstapler ist. Er war so etwas wie ein Ziehvater für mich, ich habe in meiner Schulzeit viel Zeit im Hause Brunner verbracht. Hatten Sie denn vor dieser Entdeckung ein gutes Verhältnis zu Ihrem Schwiegervater?«
Doktor Brinkhus zögerte kurz. »Als Ihr Therapeut spielt meine private Person keine Rolle, aber ich möchte Ihnen diese Frage dennoch beantworten. Wir hatten einen freundschaftlichen Umgang miteinander und haben uns fachlich gegenseitig respektiert. Seine Tochter habe ich in München kennen gelernt, als sie noch Medizinstudentin war, aber Sie dürfen mir glauben, dass ich Evelyn nicht deshalb geheiratet habe, weil ihr Vater Leiter einer Privatklinik war, und schon gar nicht hatte ich im Sinn, an seinem Stuhl zu sägen. Ich bin ehrgeizig, ja, aber ich gehe nicht über Leichen, was mir mein Schwiegervater in seinem schizophrenen Wahn unterstellt hat.«
Inka musterte ihn eingehend. Brinkhus schaute ihr geradewegs in die Augen, sein Oberkörper war ihr zugewandt und leicht nach vorn gebeugt, seine Handflächen zeigten nach oben. Allerdings wusste er allemal so viel über Körpersprache wie sie und konnte deren Deutung sicherlich zu seinen Gunsten beeinflussen. Wenn er ein Spiel spielte, dann machte er es richtig gut.
»Wissen Sie, Frau Mayer, ich möchte dieses Thema jetzt nicht weiter vertiefen. Ich war mehr als zehn Jahre der Stellvertreter meines Schwiegervaters in der Klinik, und Sie können gewiss sein, dass ich mir selbst genug Vorwürfe mache, nicht schon früher sein Wesen als Hochstapler durchschaut zu haben. Da zweifelt man schon mal an seiner eigenen Kompetenz als Psychiater, wenn ich an dieser Stelle so ehrlich sein darf.«
Aus Hohn hätte sie beinahe aufgelacht. Meinte er wirklich, dass sie an seine Ehrlichkeit glaubte und ihn nicht im Geringsten verdächtigte?
»Ich danke Ihnen für Ihre Offenheit, Doktor Brinkhus. Wie kam es, dass Sie sein Stellvertreter wurden? Sie hätten doch auch an eine andere psychiatrische Klinik gehen können, um familiären Zwistigkeiten zu entgehen.«
»Nun spricht aber die Journalistin aus Ihnen! Wo soll der Artikel denn gedruckt werden? Wenn Sie
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