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sein, und auch er hatte die Neigung, sich in sich selbst zurückzuziehen, wenn ihn etwas beschäftigte.
Wenn er zu dem Schluss käme, dass er Schuld am Tode des Anasso oder aus irgendeinem Grunde nicht geeignet sei, das Kommando zu übernehmen, würde er spurlos verschwinden, und niemand wäre imstande, ihn zu finden.
Das durfte nicht geschehen.
Wie groß auch immer sein Unbehagen oder seine Beden-ken sein mochten, Styx war nun ihr Anführer.
»Ich vermute, das ist die entscheidende Frage«, meinte er leise.
Shay sah ihn lange mit ernstem Gesicht an.
»Geh zu ihm.«
*
456
Am Ende dauerte es beinahe eine Woche, bis Viper endlich am Rande des hohen Steilufers des Mississippi entlang wanderte.
Trotz all seiner Sorge um Styx hatte er sich zunächst um seinen eigenen Clan kümmern müssen, denn er hatte diese Angelegenheiten im letzten Monat zu sehr vernachlässigt.
Jetzt war es Shays beharrlichem Drängen zu verdanken, dass er sich auf den Weg zu dem abgelegenen Farmhaus gemacht hatte. Sie hatte behauptet, dass er sie mit seinen nächtlichen Grübeleien in den Wahnsinn triebe. Und dass sie ihn in die Kellerräume verbannen würde, wenn er nicht seinem alten Freund entgegen träte und sein Gewissen beruhigte.
Das war ein Schicksal, das Viper nicht einmal als Möglichkeit in Erwägung hatte ziehen wollen.
Er hatte Chicago verlassen, war durch die Nacht gefahren und hatte seinen Wagen in der Nähe der Landstraße geparkt.
Er zog es vor, den schmalen Pfad zu Fuß zu nehmen, der sich durch den spärlichen Wald wand. Noch immer war er sich nicht sicher, was er zu Styx sagen sollte. Oder ob der stolze Vampir überhaupt einwilligen würde, mit ihm zu sprechen.
Er war noch ein ganzes Stück von dem Farmhaus entfernt, als ein Schatten hinter einem Baum hervorkam. Umgehend stand Viper dem hoch aufragenden Vampir mit dem rabenschwarzen Haar direkt gegenüber.
Das bronzefarbene Gesicht war ausdruckslos, und Viper hob vorsichtig die Hände zu einer Friedensgeste.
Streng genommen hatte er ohne Erlaubnis das Land eines anderen Clanchefs betreten. Styx hatte durchaus das Recht, ihn hinrichten zu lassen.
»Bist du das Begrüßungskomitee, oder hast du die Absicht, mich zu töten?«, fragte er. Sein Ton war sanft, aber sein Körper war angespannt, damit er schnell auf jeden möglichen Angriff reagieren konnte.
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Styx zuckte die Achseln, und seine Finger spielten geistesabwesend mit dem Anhänger, den er um den Hals trug.
»Ich könnte dich dasselbe fragen. Es muss einen wichtigen Grund geben, wenn sich ein Vampir, der sich erst kürzlich mit einer Gefährtin verbunden hat, so weit von seinem Versteck entfernt.«
»Einfache Freundschaft und Sorge um dich, alter Kamerad«, antwortete Viper.
»Sorge?« Die dunklen Augen seines Gegenübers verengten sich. »Hast du befürchtet, ich könne in die Fußstapfen meines Meisters treten und eine Sucht nach dem Blut dieser armseligen Menschen entwickeln?«
Viper trat einen Schritt vor. Eine eisige Brise bewegte die Nachtluft um sie herum, zerrte an ihren Umhängen und ra-schelte in den kahlen Bäumen.
Glücklicherweise spürten Vampire die Kälte nicht.
»Ich befürchte lediglich, dass du hier verweilst, grübelst und dir selbst die Schuld an der Tragödie um den Anasso gibst.«
Viper legte Styx eine Hand auf die breite Schulter. »Ich liebe dich wie einen Bruder, aber du hast den unglückseligen Hang zu glauben, du solltest unfehlbar sein.«
»Ich bin weit entfernt davon, unfehlbar zu sein.« In Styx'
Augen blitzten Schuldgefühle auf, die so stark waren, dass Viper zusammenfuhr. »Ich hätte beinahe zugelassen, dass deine Gefährtin vernichtet worden wäre.«
»Shay geht es gut, und sie ist wunderbar zufrieden mit ihrem neuen Gefährten. Ebenso wie ich mit meiner Gefährtin«, sagte er bestimmt. Keiner von ihnen konnte es sich leisten, dass sich Styx von dem Gefühl, gescheitert zu sein, lähmen ließ. Sie brauchten ihn stark und bereit, das Kommando zu übernehmen. »Die Vergangenheit ist vorüber, Styx. Nun ist es an der Zeit, in die Zukunft zu blicken. Unser aller Zukunft.«
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»Und aus diesem Grunde bist du hier?«, fragte Styx.
»Du bist nun unser Anführer. Ich möchte dich wissen lassen, dass dir meine Loyalität sicher ist und auch die meines Clans.«
Styx' Miene versteinerte. »Ich hatte nie den Wunsch, diese Position innezuhaben.«
Viper musste lächeln. »Unsere eigenen Wünsche kümmern das Schicksal nur selten. Es entwickelt sich, wie es
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