Ian Yery & der Hardcore Absolute Beginner
„Wann?“, wollte er wissen und zog seinen Arm rasch zurück.
Nils starrte ihn so bestürzt an, als hätte er soeben Bambi erschossen. Als hätte er die Zusage zu dem Essen nur als eine rein theoretische Abmachung verstanden, deren Vorsatz sie auch auszuführen, höchst unanständig war. Mo ließ sich durch diese Reaktion zunächst verunsichern, doch dann erinnerte er sich daran, dass Judith Nils als extrem schüchtern vorgestellt hatte. Vielleicht war es sinnvoller, wenn er einfach einen Vorschlag machte.
„Heute Abend?“ Er wollte Nils nicht zu viel Zeit lassen über das Für und Wider einer solchen Verabredung nachzudenken. Auch Mo war in seiner Jugend schüchtern gewesen und gelegentlich hatte er sich eine Sache anders überlegt, wenn er zu lange darüber nachgegrübelt hatte. Vielleicht wäre es sogar noch klüger gewesen, Nils auf der Stelle zu einem gemeinsamen Mittagessen zu überreden.
„Heute …“, stammelte Nils und schien nach Ausreden zu suchen.
„Okay, abgemacht“, sagte Mo rasch und ergriff Nils' Hand. Das war gemein. Er hatte ihn überrumpelt. Mo war durchaus bewusst, dass das keine Zusage gewesen war und erwartete eine Abfuhr. Er wärmte Nils' kühle, nervöse Finger mit seiner Hand und blickte ihm fast schon flehentlich in die Augen. Plötzlich schnellte ein scheues Lächeln in dieses hübsche Gesicht – dasselbe, das Mo vor drei Jahren schon ganz blöd gemacht hatte. Jenes wunderbare, verhaltene, sympathische Lächeln, zu dem er immer wieder hatte hinsehen müssen. Plötzlich war dieser Tag auf dem Festival ganz nah, wie Nils mit ihm geflirtet hatte und dann auf einmal verschwunden gewesen war. Es war genau dasselbe Lächeln jetzt, und statt etwas zu sagen nickte Nils bloß. Instinktiv schloss Mo die Hand fester um Nils' Finger, als fürchte er, dieser könne wieder plötzlich verschwinden.
„Wenn du mir jetzt auch noch verrätst wo du wohnst, hol ich dich heute Abend ab“, schlug Mo vor.
„Nein!“, stieß Nils hervor und erschrak über seine eigene Reaktion. „Ich meine … ich … wir …“
„Wir treffen uns am Rathausplatz. Ist das okay für dich?“, änderte Mo rasch mit sanfter Stimme den Plan und Nils nickte erleichtert. „Wunderbar! Dann heute um zwanzig Uhr, ja?“ Nils' Mundwinkel zuckten nach oben und seine Augen glänzten. Mos Herz hüpfte vor Glück. Nils sollte viel öfter lächeln. Wie schön er war, wenn für wenige Sekunden die Anspannung aus seinem Gesicht wich.
Mo wollte nicht gehen, befürchtete, Nils könnte wieder für Jahre weg sein sobald er ihm den Rücken zukehrte. Er hielt noch immer die Hand, die sich mittlerweile in seiner erwärmt hatte, drückte sie kurz und ließ sie widerwillig los. Wie sehr drängte es ihn, Nils zärtlich über die Wange zu streicheln, ihn an sich zu drücken und ihn sanft zu küssen. Bei diesen Gedanken zerrte der Faden der Lust an seinem Schwanz und Mo entkam ein verräterisches Ächzen.
„Bis nachher“, erinnerte er noch einmal.
„Gut“, murmelte Nils und senkte den Blick.
„Du kommst sicher!“, forderte Mo.
„Okay“, nuschelte Nils.
„Sag ja“, bat Mo. Nils zögerte etwas, dann hob er den Kopf und lächelte.
„Ja“, hauchte er und lief schon wieder rot an. Mos Herz machte einen Salto. Am liebsten hätte er hier im Büro ein Rad geschlagen vor Freude.
Den ganzen Weg bis zum Copyshop legte er laufend zurück und gelegentlich hängte er sich mit einer Hand an die Stange eines Verkehrsschildes und umrundete sie schwungvoll, wie er das als Kind immer getan hatte. Ihm war so leicht zumute, wie schon lange nicht mehr. Noch nie hatte ihn ein geplantes Date so … glücklich gemacht.
Ihm war, als wären die vergangenen drei Jahre nicht richtig passiert, nur in einer Art Traumzustand abgelaufen, und jetzt wäre er erwacht. Seltsam. Wenn er es nicht besser wüsste, könnte er fast meinen er habe sich damals in Nils verliebt und sich daraufhin in einen Winterschlaf begeben, bis er ihn wiederfand. Falls dem wirklich so war, war es ihm bis heute nicht bewusst gewesen. Wie auch? Mo war nicht der Mensch, der sich verliebte nur weil ein Mann ihm ein paar Mal zulächelte. Hätte er sich tatsächlich schon damals in Nils verliebt, hätte er alle Hebel in Bewegung gesetzt, ihn zu finden, denn dann machte er Nägel mit Köpfen und eroberte. Das war wohl das deutlichste Zeichen, dass er sich
nicht
verliebt hatte.
Und heute? Mo wusste es nicht so genau, aber er freute sich schon unglaublich darauf, diesem schüchternen
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