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iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche

iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche

Titel: iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birte Jeß , Ingo Schmitz
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fingen entzückt zu quietschen an, wenn sie sich an die deutschen Fachwerkhäuser oder einen Besuch im traditionellen Biergarten erinnerten. Außerdem steckten die Wurzeln vieler US-Amerikaner in Deutschland oder Europa. Beim kräftigen Schütteln der Stammbäume fiel immer irgendetwas Brauchbares heraus, auch wenn es nur der Name Muller ohne Pünktchen war. Wenn wir ihnen von unserer Tour erzählten, ernteten wir häufig gönnend ein »good for you«. Diese motivierende Bestätigung hatten wir selbst in Deutschland kaum gehört.
     
    Für Ingo und mich, als Touristen, fühlten sich die USA wie ein übergroßer Vergnügungspark mit dreihundertzehn Millionen Besuchern an. Aus allem, vom raubeinigen Alaska bis ins sonnenverwöhnte Kalifornien, wurde, auch wenn es nichts Aufregendes gab, eine Attraktion gemacht. Im ganzen Land sollte sorgenfreier Zeitvertreib mit Frohsinn, Belustigung und Zerstreuung herrschen. Die Sehenswürdigkeiten vermittelten das Größte und Beste der Welt zu sein. Die Wegführungen und Beschilderungen leiteten die Besucher idiotensicher durch diese Sehenswürdigkeiten, so dass das Nachdenken überflüssig wurde. Das Fast-Food und die braune Rülpsbrause fuhren noch stundenlang im Magen weiter Karussell, selbst wenn die Gäste schon längst den Tummelplatz verlassen hatten. Alles sollte GREAT sein, fast immer und überall. Der Song »The show must go on« brannte sich uns, beim Gedanken an dieses Land, unvergesslich ein. In Sachen Show und Auftritt waren die US-Amerikaner unschlagbar. Sie hatten es einfach drauf, nicht nur auf der Bühne. Ich fragte mich immer wieder, ob die Show hauptsächlich für uns Ausländer aufgefahren wurde oder doch für die Einheimischen selbst?
    Denn kratzten wir an der Oberfläche aus Spektakel und Vergnügen, dann offenbarte sich gleichzeitig ein latentes Gefühl von Besorgnis bei den Einheimischen. Sie waren nicht so unbeschwert, wie es scheinen sollte. Es gab für sie immer einen Grund ein energisches »Vorsicht!« oder »Achtung!« auf den Lippen zu hegen, in den banalsten Situationen ebenso wie in wichtigen. Sie warnten uns vor Dingen wie vor steilen Bergpässen, die wir selbst mit einem alten VW-Käfer bewältigt hätten. Sie warnten uns vorm Verdursten in der Wüste und vorm Stolpern in der unwegsamen Natur. Als ich einen Scherz über ihren Präsidenten machte, verstummte ein älteres Paar und flüsterte uns zu, wir sollten vor der Homeland-Security, ihrem Heimatschutzministerium, aufpassen. Die würden keinen Spaß verstehen, wenn es um den Schutz der US-amerikanischen Bevölkerung und des Staatsgebiets vor terroristischen Bedrohungen ging. Ich war eingeschüchtert, denn ich hatte doch nur einen harmlosen Witz machen wollen. Ich machte deshalb auch keinen mehr darüber, dass uns wie im Comic Asterix und Obelix der »Himmel auf den Kopf fallen« könnte. Denn dann hätten sie sich sicherlich in ihren Häusern mit einer Tonne an Vorräten verbarrikadiert.
    Hielten wir beim Essen die Gabel in der einen Hand und das Messer in der anderen, aßen die Einheimischen einhändig. Wir witzelten mit einem US-amerikanischen Freund darüber, der uns das einhändige Essen so erklärte, dass der imaginäre Colt lässig auf dem Oberschenkel im Anschlag unterm Tisch lag, während die andere Hand mit der Gabel im Essen stochern konnte. Die Entstehungsgeschichte aus der Zeit des Wilden Westens – eine raue Zeit – leuchtete uns ein. Vielleicht wollte er uns mit dieser kuriosen Geschichte aber auch nur veräppeln und uns unsere eigenen Vorurteile unter die Nase reiben.
    Hatten wir vielleicht nur zu viele kindliche Flausen im Kopf, wohingegen die Amis die Ernsthaftigkeit des Lebens längst verstanden hatten?
    Wohl kaum. Die Besorgnis gehörte im Kleinen wie im Großen zur Tagesordnung. Die Machtinhaber des Landes trichterten ihren Einwohnern das unterschwellige Angstgefühl systematisch ein, indem sie ihnen eine Dauerbedrohung suggerierten. Wir selbst spürten die durch extreme Kontrollen bei den Grenzübertritten und selbst bei Fährfahrten. Die Präsenz an bewaffneten Uniformierten war immens. Es wurde das subtile Gefühl vermittelt, dass irgendein ausländischer Bösewicht, sprich Terrorist, etwas Schlimmes im Schilde führte. Wenn nicht in einer konkreten Situation, dann doch an einem anderen Ort und bestimmt in der nahen Zukunft. Die umfangreichen Kontrollmechanismen stellte deshalb auch kaum einer mehr in Frage.
    Die Bewohner sollten ständig auf der Hut sein, was Präsident

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