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Icarus

Icarus

Titel: Icarus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Russell Andrews
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eigentlich nach Virginia mitbringen sollen, es aber vergessen. Es mußte noch dort sein.
    Es mußte einfach. Daher sprintete er los. Er würde nur genug Zeit brauchen, um die Tür aufzureißen und in die Ecke des Schranks zu greifen und es rauszuholen. Er hatte keine Ahnung, ob das Gewehr geladen war, aber es war ihm egal. Es war seine einzige Hoffnung, und er konnte nur daran denken, wie er es rausholen, damit auf Bryan zielen und abdrücken würde und hoffen, daß er den verdammten Scheißkerl damit in die Hölle schickte.
    Jack stolperte über den Wohnzimmerteppich, rutschte aus, sein Knie wischte für einen kurzen Moment über den Boden, und ein stechender Schmerz raste durch seine Hüfte, aber er kam sofort wieder hoch und setzte den Weg fort. Bryan war jetzt schon durch die Tür, aber Jack hatte genug Zeit, dessen war er sich sicher. Wenn das Gewehr an Ort und Stelle war, würde er herankommen. Er war dicht davor. Bryan war ebenfalls über den Teppich gestolpert, war schnell wieder auf den Beinen, stürmte weiter …
    Und Jack hatte es geschafft. Er war am Schrank. Er packte den Türgriff und zog. Ohne zu warten, sprang er regelrecht hinein, streckte die Hände aus, um die Mäntel wegzuschieben und das Gewehr, das in der Ecke stehen mußte, zu greifen. Bitte laß es dort sein … bitte laß es dort und geladen sein …
    Aber irgend etwas stimmte nicht. Etwas fiel aus dem Schrank, wälzte sich auf ihn. Etwas Großes und Schwerfälliges stieß ihn zurück und legte sich ihm in den Weg. Er kam nicht an das Gewehr heran. Es war unmöglich. Er schaffte es noch nicht einmal bis zu den Mänteln. Dieses Ding war auf ihm, und Jack sackte zusammen, landete auf dem Fußboden, das Ding wickelte sich um ihn und zog ihn abwärts …
    Nein. Nein, nein, nein, nein! Kein Ding. Jack erkannte, daß es überhaupt kein verdammtes Ding war …
    Ein Mensch. Eine Tote.
    Patience McCoy.
    Ihr Kopf war praktisch vom Körper abgetrennt, ihr beigefarbenes Kostüm war voller roter Flecken. Ein ekelhafter Gestank hüllte ihn ein …
    O Gott. Sie lag auf ihm. Jack befand sich auf dem Fußboden, kämpfte sich von der Leiche der Polizistin frei, spürte ihre kalte Haut, sein Magen revoltierte, als er in ihre toten Augen starrte, ihr Blut spürte, das an seinem Hemd und seinem Gesicht klebte. Er versuchte auf die Füße zu kommen, nahezu blind vor Wut und der Erkenntnis, daß es vorbei war. Niemand würde ihn jetzt retten können. Niemand. Bryan stand über ihm, Jack hatte verloren …
    Bryan trat ihm in die Rippen. Jack spürte den ersten Kontakt, und seine Seite explodierte in rasendem Schmerz. Der nächste Treffer kam und der nächste, bis er begriff, daß er gegen die Wand der Diele getreten worden war, an der er jetzt kauerte. Er war ziemlich lädiert, aber das war jetzt bedeutungslos. Die hektische Aktion war vorüber. McCoy lag leblos vor dem offenen Schrank. Bryan war jetzt ruhig und schaute ihn an. Seine Augen zeigten wieder diesen leeren, emotionslosen Ausdruck. Keine Wut lag mehr darin. In der Hand hielt er Doms Messer, dessen Spitze auf Jacks Herz zeigte. Im Raum war es absolut still bis auf das Ticken der Großvateruhr gegenüber der Fahrstuhltür.
    »Ich glaube, ich hätte es Ihnen sagen sollen«, meinte Bryan und deutete mit einem Kopfnicken auf McCoy. »Sie kann Ihnen nicht mehr helfen.«
    »Du hast Dom ebenfalls getötet, nicht wahr?« ächzte Jack mühsam. Er sah Blut von seinem Kinn auf sein Hemd tropfen. Er hatte keine Ahnung, ob es sein eigenes oder das von McCoy war. Es war ihm auch ziemlich egal.
    »Nein, Mr. Keller. Sie haben ihn getötet. Sie sagten, Sie würden ihm alles erzählen, was Sie wüßten. Also mußte ich in Erfahrung bringen, was er wußte, nicht wahr? Er war ein verdammt zäher alter Knochen, das muß ich ihm lassen. Er ging mit einem Fleischerbeil auf mich los. Können Sie sich das vorstellen?«
    »Ja.« Jack dachte an Dom. Dachte an seine Kraft und Sturheit. »Das kann ich mir vorstellen.« Bryan kam jetzt langsam auf ihn zu, mit kurzen, bedächtigen Schritten. »Als du Samsonite getötet hast«, sagte Jack, »da war ich doch auch dort. Warum hast du mich nicht schon da umgebracht?«
    Bryan sah ihn ungläubig an. »Ich mag Sie, Mr. Keller. Sie sind mein Freund. Ich laufe doch nicht einfach nur herum und bringe jeden um, oder?«
    »Aber auf der Straße … die Schüsse. Du hast auf mich geschossen …«
    »Das sollte Ihnen eine Warnung sein. Ich konnte doch nicht zulassen, daß Sie mich verpetzen, oder? Was

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