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Icarus

Icarus

Titel: Icarus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Russell Andrews
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existiert haben mußte. Jack erfuhr, daß es ein typisches Raub-Szenario war. Man lenkt durch irgend etwas die Aufmerksamkeit potentieller Beobachter vom eigentlichen Ziel ab – und steuert dann auf dieses Ziel zu. Das Ziel war an diesem Abend offensichtlich Caroline gewesen. Oder vielleicht auch nur Carolines Halskette. Und da ergab sich schon das erste fehlende Glied: Man fand keine Verbindung zwischen jemandem, der über die Kette Bescheid wußte, und dem Raub und den Schüssen. Jack hatte Carolines Mutter sein Geschenk gezeigt, und sie hatte ihrerseits ihren anderen beiden Töchtern davon erzählt. Keine von ihnen hatte jedoch an der Eröffnung teilgenommen. Carolines Mutter litt unter schwerer Arthritis und fühlte sich nicht fit genug, um sitzenderweise ein ganzes Dinner durchzustehen. Llewellyn unternahm mit ihrem Mann und den Kindern eine Urlaubsreise. Susanna Rae hatte, wie es ihrer typischen Art entsprach, knapp mit »nehme nicht teil« geantwortet und war gar nicht erst erschienen. Alle wurden praktisch sofort von der Liste der Verdächtigen gestrichen. Mehrere Tage lang – ein Zeitraum, den Jack seinem Fieberwahn zuschrieb – hatte er immer wieder an Susanna gedacht. Aber als er sich allmählich wieder in die Realität zurücktastete, erkannte er, daß sie, so verbittert und unangenehm sie häufig auftrat, niemals zu einer solchen schrecklichen Tat fähig wäre. Mehrere Angehörige des Personals hatten kurz vor dem offiziellen Beginn der Feier von der Halskette erfahren – Caroline hatte die Halskette stolz getragen, als sie nach unten in den Gastraum ging –, aber alle Untersuchungen in dieser Richtung verliefen im Sande. Die Möglichkeit, daß der Überfall die Tat eines Insiders war, wurde schnell ausgeschlossen, und Jack war überzeugt, daß diese Schlußfolgerung richtig war.
    Niemand konnte eine Verbindung zwischen den beiden Studenten und dem unbekannten Schützen herstellen. Niemand fand eine Verbindung zu »Raymond Kutchler« und irgend jemandem im Restaurant. Caroline war für die Einladungsliste verantwortlich gewesen – sie hatte Vorschläge von Jack, von den Geschäftsführern des Restaurants und von der örtlichen Handelskammer angenommen, aber letztendlich war es ihre ganz persönliche Liste gewesen. Als die formellen Einladungen verschickt werden mußten, hatte sie der Sekretärin des Restaurants mehrere Bögen gelben Notizpapiers mit den handgeschriebenen Namen und Adressen darauf übergeben. Kutchlers Name stand darauf – »Raymond Kutchler und Begleitung« in Carolines wunderschöner, makelloser Handschrift – sowie eine Adresse. Die Adresse stellte sich als falsch heraus, und daraus ergab sich ein weiteres fehlendes Glied: wie hatte die Einladung zu Kutchler/Haywood gelangen können, wenn nicht per Post?
    Man nahm an, daß Kutchler/Haywood und Neufield von derselben Person getötet worden waren, die Caroline ermordet und auf Jack geschossen hatte – aber auch in dieser Richtung ergaben sich keine weiteren Erkenntnisse. Niemand, der die beiden Toten gekannt hatte, konnte auch nur eine vage Vermutung äußern, wie sie zu der Einladung für die Restauranteröffnung gelangt sein könnten. Nicht einer von de-nen, die die beiden kannten, konnte sich irgendeine Verbindung zu den Kellers oder zu jemandem vorstellen, der im Restaurant arbeitete.
    Obgleich alle Ermittler davon ausgingen, daß der Mörder ein Mann war, erkannte Jack irgendwann, daß er nicht einmal das mit Sicherheit sagen konnte. Aufgrund des wuchtigen Schlages auf den Kopf, den er beim Betreten des Büros abbekommen hatte, waren ihm die Stimmen, die er danach gehört hatte, irgendwie weit entfernt und traumgleich vorgekommen. Rückblickend waren viele Worte völlig unsinnig gewesen und konnten keinem Geschlecht eindeutig zugeschrieben werden.
    Daraus ergab sich das wichtigste fehlende Glied: Wer war die dritte Person im Büro an jenem Abend gewesen? Wer hatte Jack mit drei Kugeln schwer verletzt und seine Frau mit einer einzigen getötet?
    Und warum war Caroline, nachdem sie erschossen worden war, aus dem Fenster geworfen worden? Sowohl die Polizei wie auch Jacks Privatermittler verwarfen jegliche Verbindung zu Joan Kellers Tod. Ein Polizist meinte, es wäre ein unglücklicher Zufall. Ein anderer vertrat die Auffassung, daß der Mörder vielleicht über den Tod von Jacks Mutter Bescheid gewußt hatte und ihn nur hatte kopieren wollen.
    Jack jedoch wußte es besser. Für ihn war es eine Wiederauferstehung der

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