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Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens

Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens

Titel: Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Beth Durst
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Konnte schon sein, dass sie zu Nordlichtern wurden. Bär hatte mal gesagt, sie würden einfach entschwinden. Vielleicht hätte sie ja eines Tages genug Daten, um auch Routen zu sterbenden Bären festzulegen, so wie jetzt zu den Geburten? Wäre das nicht eine Idee? Aber sie sollte nicht zu voreilig sein. Jetzt musste sie erst einmal herausfinden, ob ihr Plan überhaupt funktionierte.
    Die erste Route, die Cassie geplant hatte, führte hinunter zum Lancaster Sound, über die Hudson Bay und dann ostwärts in die Davis Strait. An der Mündung des Sounds schrie Bär ihr zu, er spüre einen Ruf. Cassie klammerte sich fest, als er mit langen Sprüngen durch Presseisrücken brach und über das knirschende Eis am Boden weiterjagte.
    Dann bremste er ohne Vorwarnung ab, und Cassie wurde gegen seinen Hals geschleudert. »Moment«, sagte er zu ihr. »Beim ersten Mal lassen wir es ruhig angehen.« Cassie packte das Fell in seinem Nacken fester und öffnete den Mund, um zu fragen, was er damit meine.
    Er ging in eine Schneewehe hinein.
    Der umgebende Schnee löste sich auf wie ein Trugbild, und Cassie erschauerte, als er durch sie hindurchglitt. Sekunden später spürte sie feuchtwarme Luft auf ihrem Gesicht. Die obere Hälfte ihres Körpers befand sich im Inneren einer Bärenhöhle, der Rest war eingeschlossen in dem fest zusammengepappten Schnee. In völliger Dunkelheit lauschte sie dem Keuchen der Bärenmutter. Noch niemals war sie in freier Wildbahn einer Eisbärin so nahe gewesen, die gerade Junge bekam. Wahrscheinlich war das noch keinem Menschen vor ihr gelungen. Unglaublich, dachte sie. Es ist unmöglich.
    Es ist die Macht eines Munaqsri. Das war der Grund, warum er diese Macht überhaupt besaß: um die Bären zu erreichen, während sie geboren wurden oder starben. All die Magie existierte, um diesen einen Augenblick möglich zu machen.
    »Es ist so weit«, flüsterte Bär. »Das Junge kommt.«
    »Ich kann nichts sehen«, flüsterte Cassie zurück. Doch plötzlich konnte sie. Sie sah Weiß: Fell und Eis. Wahrscheinlich hatte Bär etwas mit ihren Augen gemacht, ihren Körper auf dieselbe Weise verändert, wie er es tat, wenn er sie draußen auf dem Eis warm hielt.
    Bär schob sich ganz langsam vorwärts und legte sein Gesicht an den Bauch der Bärin. Auch Cassie robbte sich näher heran. »Hast du die Seele?«, flüsterte sie.
    »Schau her«, sagte Bär und öffnete seine Schnauze. Wie ein Wassertropfen fiel ein kleiner, dunkler Schatten heraus und versank in der riesigen pelzigen Masse. Cassie hielt den Atem an. Ein winzig kleiner Körper, das Junge, glitt aus dem Leib der Bärin heraus und begann sich zu winden und zu krümmen. Bär sagte mit leiser, liebevoller Stimme: »Und so bekommen wir unsere Babys.«
    »Es ist … ein Wunder.« Sie fand kein anderes Wort dafür. Bär brachte Wunder hervor.
    Das blinde Junge quäkte und kroch im mütterlichen Fell umher, während die Bärin es mit ihrer Zunge ableckte, die so groß war, dass das Kleine ganz darunter verschwand.
    Leise zog Bär sich zurück. Wieder glitten sie durch festen Schnee. Cassie war, als müsste sie ersticken, und sie versuchte mit aller Kraft, Ruhe zu bewahren. Bär würde mir niemals wehtun, sagte sie zu sich selbst. Als sie wieder auftauchten, sog sie keuchend die frische Luft ein, während sie am ganzen Leibe zitterte. »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte Bär.
    »Die Nachtsicht ist toll«, meinte sie. »Das Durch-die-Wand-Gehen aber schrecklich.« Sie nahm noch ein paar tiefe Atemzüge, um ihr rasendes Herz zu beruhigen.
    Dann holte sie mit bebenden Händen ihr GPS hervor: Breite 63° 46 ' 05 " N, Länge 80° 09 ' 32 " W. Mit einem Stift vermerkte sie die Daten in einem Notizbuch und steckte alles zusammen wieder in die Innentasche ihres Anoraks. »Als Nächstes sollten wir nach Churchill. Es gibt da einige Bärinnen westlich der Hudson Bay, die bereits überfällig sind.«
    »Wie du wünschst, o glorreiche Führerin.«
    Sie prustete. »Reizend.«
    »Bist du noch wach?«, fragte Cassie, als sie in dieser Nacht nebeneinanderlagen.
    »Tritt mich nicht«, murmelte Bär in sein Kissen.
    Sie lächelte und streckte im Dunkeln die Hand aus, um seine menschliche Schulter zu berühren. »Es wird funktionieren«, meinte sie. »Die Geburt dieses Jungen ist der Beweis.« Sie hatte einen Platz an diesem Ort, und nicht nur als Bärs Frau. Sie hatte hier eine Zukunft.
    »Ja«, stimmte er zu. Sie spürte, wie er sich umdrehte. Vermutlich sah er sie direkt an.
    »Wir

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