Ice Ship - Tödliche Fracht
überging, dann spürte McFarlane, wie der Boden unter seinen Füßen zu vibrieren begann. Von zwei starken Dieselgeneratoren angetrieben, begann die Winde sich langsam zu drehen, bis die Gurte straff um den Meteoriten lagen. Die Vorarbeit war getan, die Verladung konnte beginnen. Die Sturmfront befand sich jetzt genau über ihnen, die geballten Wolken verdunkelten den Himmel so, dass das leuchtende Rot des Meteoriten kaum noch auszumachen war. Es sah aus, als wäre plötzlich sein inneres Feuer erloschen. Rachel schielte besorgt auf die Wand aus Schnee, die der Sturm auf sie zutrieb. »O Gott, jetzt geht’s los.« »Alles fertig zur Verladung«, rief Garza. Glinn mummte sich fester in seinen Parka. »Beim ersten Anzeichen von Blitzschlag brechen wir sofort ab, klar? Also, jetzt mit der Verladung beginnen.« Plötzlich wurde es merklich dunkler, ein unheimliches Brausen lag in der Luft, der Schnee trieb hart wie Schrotkugeln horizontal durch die Luft. Von einem Moment zum anderen sah Mc-Farlane nur noch schemenhaft, was sich im Tunnel tat. Die Generatoren übertönten das Heulen des Sturms, der Boden bebte, McFarlane spürte, wie seine Bauchdecke sich verkrampfte und ein unerträglicher Druck auf seinen Ohren lastete. »Herrschaft noch mal«, schimpfte Rachel, »ein historischer Augenblick, und ich kriege nichts davon mit!« Die Kevlargurte waren zum Zerreißen gespannt, sie fingen unter der Belastung wie Drahtseile zu singen an. Aus dem Halbdunkel hörten sie gespenstisches Knacken und rätselhafte schwirrende Geräusche. Aber wie laut die Generatoren auch aufheulten, der Meteor rührte sich nicht. Die Spannung erreichte ihren Siedepunkt. Und dann, als das Geschrille und Geheule sich zur Kakophonie gesteigert hatte, glaubte McFarlane im Graben eine kurze Bewegung auszumachen. Aber beschworen hätte er es bei all dem Lärm, der ihm in den Ohren gellte, und bei dem stiebenden Schnee und den schlechten Sichtverhältnissen nicht. Bis Garza zu ihnen hinaufsah und mit breitem Grinsen den Daumen in die Luft reckte. »Er bewegt sich!«, brüllte Rachel. Garza und Stonecipher riefen den Arbeitern immer wieder Anweisungen zu. Die stählernen Laufrollen unter dem Lastenschlitten quietschten und qualmten, eine Arbeitskolonne war ständig damit beschäftigt, sie und die Auflagefläche des Tiefladers mit Graphit zu besprühen. Und dann ging alles sehr schnell. Der Tieflader schien einen gequälten Schrei auszustoßen, als der Lastenschlitten mit dem Meteor auf der Ladefläche aufsetzte. Die Kevlargurte hingen schlaff durch, der Lärm der Dieselgeneratoren wurde schwächer. Einen Augenblick lang lag fast gespenstische Ruhe über der Szene. Dann pfiff Rachel gellend auf zwei Fingern und jubelte: »Wir haben’s geschafft!« »Drei Meter weit«, holte McFarlane sie trocken auf den Boden der Tatsachen zurück. »Und fast fünftausend Kilometer liegen noch vor uns.« Hinter Hanuxas Klauen zuckten in schneller Folge Blitze über den Himmel, fast unmittelbar danach grollte ohrenbetäubender Donner. Der Wind frischte so stark auf, dass er die Schneedecke aufriss und wie ein weißes Laken in ihre Richtung trieb. »Das war’s!«, rief Glinn der Arbeitskolonne zu. »Mr. Garza, bitte decken Sie den Graben ab.« Garza musste, als er sich zum Kranführer umwandte, die Kapuze des Parkas festhalten, sonst hätte sie ihm die Sicht versperrt. »Das geht jetzt nicht«, rief er zurück. »Der Wind ist zu stark, er knickt uns glatt den Kran um.« Glinn nickte. »Dann ziehen Sie das Segeltuch über den Graben, bis der Sturm vorbei ist.« Die Arbeitskolonne entrollte das in grau-weiß gefleckter Tarnfarbe gehaltene Segeltuch und musste sich wegen des böigen Winds mächtig ins Zeug legen, um es über die offene Grube und den Tieflader zu ziehen. Aber die Mühe lohnte sich, der Graben war nun selbst aus wenigen Metern Entfernung kaum noch auszumachen. Einmal mehr bewunderte McFarlane im Stillen Glinns Umsicht, seine Fähigkeit, in jeder Situation auf alle Möglichkeiten vorbereitet zu sein und immer einen Alternativplan zur Hand zu haben. Zwei, drei Minuten später war das Segeltuch vollständig ausgerollt und fest verzurrt. Wieder zuckte ein greller Blitz über den Himmel, diesmal noch näher. Für den Bruchteil einer Sekunde war die Wand aus Schnee, die der Sturm vor sich her trieb, in schwefelgelbes Licht getaucht. Glinn nickte McFarlane und Rachel zu. »Gehen wir rüber in die Kommandozentrale.« Und als sie, gegen den Wind gestemmt,
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