Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus
Schäuble â, desto gröÃer die Wahr scheinlichkeit, dass sie sich selbst überschätzt. 44 Weil dem Chef niemand mehr sagt, was er alles falsch macht, geht er davon aus, er mache alles richtig â ein idealer Nährboden für Selbstüberschätzung. Und Führungsversagen.
4. Verzichte auf Fingerspitzengefühl!
Dieses Bild hat jeder noch im Kopf: Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, der wegen des Verdachts auf Untreue vor Gericht steht, setzt ein Siegerlächeln auf und posiert vor den Kameras mit dem Victory-Zeichen. 45 Als wäre er Teilnehmer eines fröhlichen Faschingsumzugs. Dabei ging es im Mannesmann-Prozess um ein ernstes Thema: die RechtmäÃigkeit von millionenschweren Abfindungszahlungen.
Vielen Chefs fehlt das, was man gemeinhin als Fingerspitzengefühl bezeichnet. Auch der Ackermann-Vorgänger Hilmar Kopper bewies die Sensibilität einer Planierraupe: Die millionenschweren Schäden durch den Immobilienbetrüger Jürgen Schneider, ermög Âlicht durch leichtfertige Bankkredite, bezeichnete er locker und flockig als »Peanuts« â während etliche Handwerker auf offenen Rechnungen saÃen und um ihre Existenz kämpften. Damit hatte er 1994 das Unwort des Jahres in die Welt gesetzt. 46
Genauso unsensibel geht es in den Irrenhäusern bei der Mitarbeiter-Führung zu, sogar noch beim letzten Akt. Eine Betriebswirtin, die für ein mittelständisches Unternehmen tätig war, schreibt mir: »Meine Firma hat ihrer Briefpost im Dezember grundsätzlich ein Blatt mit einem Weihnachtsgedicht hinzugefügt. Das sollte eine nette Geste sein. Auch ich habe dieses Gedicht aus dem Umschlag gezogen. Dann holte ich das zweite Blatt heraus â es war meine Kündigung!«
Solche Szenen wirken auf das Image des Unternehmens wie Gift auf einen Brunnen. Denn die Mitarbeiter sind es, die sich Âgegenüber den Kunden für ihre Chefs rechtfertigen müssen. Wie soll der Bankangestellte seinem Kunden glaubhaft erklären, dass er ihm einen Kredit von 50 000 Euro verweigert â wenn doch sein oberster Chef groÃe Millionensummen als »Peanuts« bezeichnet?
5. Lass die faulen Säcke schwitzen!
Der ZEIT -Redakteur Stefan Willeke beschreibt in seiner Reportage »Felix im Unglück« eine Szene, die sich im Juli 2008 im schweizerischen Thun abspielte. 47 Der FuÃballtrainer Felix Magath habe nach dem Mittagessen verkündet: ⺠Heute kein Training, heute ein Ausflug mit Kaffee und Kuchen. â¹ Magath empfahl, TrainingsÂsachen anzuziehen, man wisse ja nie. Als die Spieler glaubten, sie würden gleich in die Seilbahn steigen, erklärte ihnen Magath, dass sie den Berg hochlaufen würden, bis zur Gipfelstation auf 2362 Me Âtern Höhe. Nicht gehen, laufen. Sie liefen zweieinhalb Stunden lang, nur bergauf. Auch Magath rannte mit, am Ende der Gruppe. Der Stürmer Grafite brach kurz vor dem Ziel zusammen und wurde auf einer Trage ins Tal gebracht. Anderen Spielern liefen Tränen aus den Augen, als sie an der Berghütte eintrafen, wo es endlich Kaffee und Kuchen gab.
Rückblickender Kommentar eines FuÃballers: »Wir Spieler hatten ein gemeinsames Feindbild. Das verbindet.«
Für einen solchen Chef gehen die Mitarbeiter durchs Feuer â unfreiwillig, weil er sie durch die Hölle scheucht! Solche Irrenhaus-Direktoren laden ihnen so viele Arbeiten auf den Rücken und muten ihnen so viel Kritik zu, bis die Mitarbeiter, wie der Stürmer Grafite, zusammenbrechen. Oder bis sie, was auch regelmäÃig passiert, aus dem Fenster der Firma springen; jeder fünfte Selbstmord geht nach einer Studie des TÃV Rheinland auf Probleme im Beruf zurück. 48
Haben diese Irrenhaus-Direktoren je davon gehört, dass die hohe Kunst des Führens darin besteht, »freiwillige Gefolgsleute« hinter sich zu versammeln? 49 Dass Mitarbeiter die besten Leistungen nicht dann vollbringen, wenn man sie anpeitscht, sondern wenn man positive Erwartungen in sie setzt und ihnen Gestaltungsräume lässt?
Die Mitarbeiter rächen sich auf ihre Weise: Ihr angespannter Leistungsmuskel erschlafft, sobald ihnen der Mann mit der Peitsche den Rücken zudreht. Und sie verpassen ihm einen Spitznamen, Magath heiÃt unter seinen Spielern nicht mehr Felix, sondern »Quälix«.
6. Pfeif auf die Moral!
Viele Manager konzentrieren sich nicht mehr auf die Werte des Unternehmens,
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