Ich arbeite in einem Irrenhaus
eines Unbehagens, eine winzige Verstimmung.«
Das ist eine Einladung an die Intuition. Probieren Sie es selbst aus, indem Sie an solche Situationen denken. Welche fallen Ihnen ein?
Ich wette, Sie werden eine Gemeinsamkeit feststellen: Es geht Ihnen immer dann schlecht, wenn Sie gegen das verstoßen müssen, was Ihnen heilig ist, gegen das, was Sie als Persönlichkeit ausmacht – gegen Ihre eigenen Werte.
Einzelne Verstöße sind oft bezeichnend und weisen auf einen grundlegenden Wertekonflikt zwischen der Firma und Ihnen hin. Hier ein Beispiel aus einer Beratung:
Eine Marketing-Assistentin erzählte mir auf die Frage nach unguten Gefühlen: »Neulich habe ich ein Mailing verfasst. Mein Chef las drüber und hatte noch zwei winzige Korrekturen. Das waren keine Fehler, nur Geschmacksfragen. Er bat mich, die Änderungen einzupflegen und ihm den Text noch einmal vorzulegen. Das habe ich gemacht. Alles o.k. Doch eine halbe Stunde später sagte eine Kollegin zu mir: ›Mensch, was ist denn mit dir los – du wirkst so geknickt?‹ Ich hatte das gar nicht bemerkt, aber es stimmte: Ich fühlte mich schlecht.«
Was steckte dahinter? Die Beratung ergab, dass die Marketing-Assistentin eine zupackende und selbständige Frau war. Als Kind hatte sie im Geschäft ihrer Eltern mitgeholfen, seit vielen Jahren leitete sie die Jugendgruppe eines Vereins. Sie liebte es, Dinge in der Hand zu haben, Verantwortung zu tragen, selbst zu entscheiden.
Doch welche Spielräume hatte sie in ihrer Firma? Warum hatte ihr Chef es für nötig gehalten, in das Mailing durch kleine Geschmackskorrekturen einzugreifen? Warum ließ er sich sogar diese Mini-Korrekturen noch einmal vorlegen? Die Assistentin räumte ein: Solche Vorgänge waren typisch für dieses Irrenhaus. Es herrschte eine Verdachtskultur, ein System der Kontrolle. Ihr Chef glaubte nur, was er selbst gesehen hatte. Und sein Chef wiederum belauerte ihn. Die Arbeitszeiten wurden mit der Stechuhr erfasst, Dienstreisestrecken mit dem Fahrtroutenplaner nachgerechnet. Und sogar bei einer Kundenbefragung, die sie organisierte, drängten sich gleich zwei Vorgesetzte wie Kontrollkommissare dazu – obwohl ihre Anwesenheit sachlich nicht begründet war.
Die höchsten Werte im Leben der Marketingassistentin waren Entscheidungsfreiheit und Verantwortungsgefühl. Wo sie diese Werte leben konnte, etwa in ihrer Jugendgruppe, blühte sie auf. Dagegen lief sie in ihrer Firma täglich gegen die Gitterstäbe der Kontrolle und des Hierarchiedenkens. Ihr eigenes Wertesystem und das des Unternehmens waren diametral entgegengesetzt.
In der Beratung kamen wir zu dem Ergebnis: In dieser Firma konnte sie nicht glücklich, höchstens irrsinnig werden.
Eine Firma muss zu Ihren Werten passen; sonst beschwören Sie ein irrsinniges Arbeitsverhältnis, Ihren persönlichen Niedergang herauf. Wer die Ehrlichkeit liebt, stürzt bei der »Münchhausen AG« ins Unglück; wer die Gründlichkeit liebt, versauert bei der »Hauptsache-schnell GmbH«; wer Sicherheit schätzt, wird bei der »Hire-and-fire-Company« wahnsinnig. Und was sollte ein Liebhaber von Kooperation und Miteinander in der »Gebrüder Haifischbecken OHG« sehen, wenn nicht ein absolutes Irrenhaus?
Darum prüfe, wer sich (ewig) an eine Firma bindet – und zwar zweierlei: seine Werte; und die Werte der Firma. Je größer die Schnittmenge, desto geringer der gefühlte Irrsinn – und desto glücklicher die Arbeits-Ehe.
Aufgabe: Fünf Glücksmomente
Ihres Lebens
Erinnern Sie sich bitte an fünf Situationen, in denen Sie absolut glücklich waren. Schreiben Sie in kurzen Worten auf, was passiert ist. Beispiel: »Wir haben eine Tour mit dem Wohnmobil durch die USA gemacht. Jeden Tag auf der Straße, jeden Tag neue Anblicke, jede Nacht auf einem anderen Parkplatz – das war ein tolles Gefühl.«
Nun leiten Sie aus jedem der fünf Erlebnisse drei Werte ab, die Sie so haben leben können. Bei der US-Tour könnten das sein: »Freiheitsliebe, Abenteuerlust und Veränderungsdrang.«
Am Ende der Aufgabe haben Sie fünfzehn Werte auf einem Blatt Papier stehen. Achten Sie darauf, welche Werte mehrfach vorkommen oder miteinander verwandt sind. Diese scheinen Ihnen besonders viel zu bedeuten.
Nun streichen Sie so lange Werte durch, bis nur noch die drei wichtigsten stehen bleiben. Fragen Sie sich bei jedem der Werte: Inwieweit ist er in meiner Firma gefragt, inwieweit kann ich ihn verwirklichen? Erteilen Sie je eine Schulnote von 1 bis 6. Wie sieht der
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