Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich bin alt und das ist gut so

Ich bin alt und das ist gut so

Titel: Ich bin alt und das ist gut so Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Ruetting
Vom Netzwerk:
erwarten, nur Widerstand. Oder vielleicht doch, irgendwann?
    Aber es gibt auch kleine Erfolge. Deshalb fängt die Arbeit an, mir Freude zu machen. Die Landtagsgaststätte führt ein inzwischen beliebtes Vollwertgericht auf der Speisenkarte. Mit Privatschulen ist die Einführung vollwertiger biologischer Ernährung der Schulkinder geplant. Eine dreitägige Ausstellung im Landtag mit Bio-Produkten fand großen Anklang, der Knüller: ein Tag mit Renate Künast – 650 begeisterte Besucher!
    Ich muss nicht wiedergewählt werden, das ist mein Trumpf. Ich drohe: Wenn Ihr nicht lieb zu mir seid, kandidiere ich 2008 noch einmal! Gelegentlich wird mir vorgeworfen, ich weiche die Grenzen zwischen den Parteien auf. Na wunderbar!
    Mein Buch »Lachen wir uns gesund« ist ins Arabische übersetzt worden. Fehlt noch die Übersetzung ins Hebräische. In einem der Kapitel habe ich geschrieben:
    »… muss insbesondere das völkerverständigende und friedensstiftende Element des Lachens hervorgehoben werden. Ein lachender Mensch schießt nicht auf einen anderen lachenden Menschen. Das wäre ja geradezu paradiesisch: Gelächter in der Knesset und bei der Hamas, gemeinsames Lachen verbindet Bosnier, Serben und Kroaten, Menschen in Russland mit Menschen in Tschetschenien, die Fehde zwischen Katholiken und Protestanten wird einfach weggelacht … Juden, Palästinenser, Moslems, Christen, Agnostiker und Atheisten – alle vereint in einem gigantischen Gelächter … eine unrealisierbare Utopie? Durchaus nicht! Wie hat es Ben Gurion ausgedrückt: »Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist!«
    Vielleicht habe ich Glück und mir bricht nicht vor Ende der Legislaturperiode das Herz. Die chinesischen Artisten kündigen ihre Darbietungen mit dem Spruch an: »Möge die Übung gelingen!« Sollte meine Übung also gelingen, so möchte ich mich von diesem Landtag mit einer kolossalen Lachmeditation verabschieden.
    Und dann gehen, ohne mich noch einmal umzusehen …
    7. Juli 2006
    Halbzeit der 15. Wahlperiode im Bayerischen Landtag – und für mich als Abgeordnete.
    »Lieber auf neuen Wegen stolpern, als in alten Bahnen auf der Stelle treten«, habe ich in meine Homepage geschrieben.
    Eine »Spielzeit« riskiere ich, mehr nicht – das war von Anfang an klar. Mehr ist nicht drin. Die außerparlamentarische Arbeit liegt mir entschieden mehr als die parlamentarische. Ich kette mich lie-ber am Tor des Pharmakonzerns Schering gegen Tierversuche an wie 1982 in Berlin – tatsächlich vor einem Vierteljahrhundert? – oder beteilige mich an der gesetzwidrigen Freilassung von 7000 eingesperrten Hühnern, als stundenlang endlose Debatten in Ausschüssen und Plenum über mich ergehen zu lassen. Zumal so gut wie sicher ist: Wird ein Antrag von uns Grünen eingebracht, wird er abgelehnt. Kein Wunder – bei 15 Grünen gegen 124 CSU-Mitglieder!
    Privatleben gleich null.
    Gesundheit hat sehr gelitten. Zu wenig Schlaf, meistens nur vier Stunden, zu viel Hetze, unregelmäßiges Essen beziehungsweise gar keins, weil »keine Zeit«, oft erst abends auf dem zugigen Bahnsteig des Ostbahnhofs, im Schneegestöber eine erkaltete Pizza. Gelenkprobleme, Herz- und Kreislaufprobleme, da »keine Zeit« und auch keine Kraft mehr, alle meine wundervollen Ratschläge selbst durchzuführen. Bin gespannt, ob ich dieses Jahr überlebe.
    Die vielen entsetzlichen Probleme im Tierschutz, mit denen ich mich auseinandersetzen muss, die Ohnmacht, die ständige Frustration, weil alles rückwärts geht im Tierschutz, zermürben.
    Jeder Antrag wird von der CSU abgelehnt, das Verbot der Anbindehaltung von Pferden – abgelehnt. Das Verbot des Imports von Hunde- und Katzenfellen – abgelehnt. Verbot der Pelztierzucht – abgelehnt. Das unter der ehemaligen Regierung erlassene Verbot der tierquälerischen Batteriehaltung von Legehennen, dem alle Bundesländer zugestimmt haben, auch Bayern – rückgängig gemacht. Die Legehenne soll nun auch in Zukunft in einem Käfig, gerade um eine Postkarte größer als eine DIN-A4-Seite, dahinvegetieren müssen. Und das nennt sich »Kleinvoliere« – ein Betrug an den Verbrauchern, von denen inzwischen 80% Käfigeier ablehnen. Das Verbot des betäubungslosen Schächtens – abgelehnt. Der Antrag auf eine Novellierung des Jagdgesetzes mit dem Verbot, Hunde und Katzen abzuschießen – abgelehnt. Die Forderung nach einem Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzverbände, ohne das der ganze Tierschutz ein zahnloser Papiertiger bleibt – abgelehnt.

Weitere Kostenlose Bücher