Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich bin an deiner Seite

Ich bin an deiner Seite

Titel: Ich bin an deiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Shors
Vom Netzwerk:
um sie beide ging, war Ian nicht erfreut darüber, dass er und Mattie jetzt nach Nepal hatten reisen müssen, einen Ort mit wenigen Ärzten und vielen Gefahren.
    Als sie sich dem Zentrum von Kathmandu näherten, wurden die Straßen schmaler. Hunderte von schwarzen Elektrokabeln liefen von Gebäude zu Gebäude, als hätte man ein riesiges Spinnennetz von oben auf die Stadt geworfen. Ian blickte eine Gasse hinunter und sah einen Haufen Abfall, der so groß war wie ein Mini-Transporter. Kinder wühlten in dem Haufen. Ian wollte sich abwenden, aber Mattie zog an seiner Hand. »Was denn, Ru?«, fragte er und zog sie näher an sich, als hupende Autos durch die Fußgänger fuhren.
    »Was machen die Kinder da?«
    »Ich weiß nicht. Wahrscheinlich suchen sie in dem Abfall nach etwas zu essen.«
    »Nach Essen?«
    »Ja, Schatz«, erwiderte er und beugte sich tiefer herunter, sodass er mit ihr auf Augenhöhe war. »Ich schätze, wir werden das auf dieser Reise noch oft sehen. Ganz viel Leid.«
    Mattie sah wieder zu den Kindern hinüber und schüttelte den Kopf. »Aber warum?«
    »Weil es auf der Welt nicht fair zugeht. Und diese Kinder haben vielleicht keine Eltern. Sie haben kein Zuhause. Sie tun das, was nötig ist, um zu überleben.«
    Sie biss sich auf die Unterlippe und dachte danach, wie es sich anfühlte, allein zu sein. »Können wir ihnen helfen, Papa?«
    »Wie willst du ihnen helfen?«
    »Ich weiß nicht, wie. Aber ich möchte es.«
    Ian nickte. Seit Kates Tod hatte er anderen helfen wollen, hatte sein Vermögen teilen wollen, um etwas Gutes mit den Früchten seiner Arbeit zu schaffen, die ihn von seiner Familie ferngehalten hatte. Mit Mattie an der Hand ging er in die stinkende, enge Gasse. Drei Kinder standen oben auf dem Müllhaufen – zwei Mädchen und ein Junge – und wühlten in dem Teil, der erst kürzlich hinzugekommen war. Ihre Kleider waren fleckig und zerrissen. Sie bewegten sich wie Roboter, warfen den Müll mit sparsamen, geübten Bewegungen zur Seite. Ian nahm an, dass sie ungefähr in Matties Alter waren, vielleicht ein bisschen jünger.
    »Guten Tag«, sagte er und trat an den Rand des Haufens.
    Der dunkelhäutige Junge hielt in seiner Arbeit inne und stieg herunter. »Ihr verlaufen?«
    Ian wollte gerade verneinen, überlegte es sich dann jedoch anders und versuchte, nicht darauf zu achten, dass der Junge so dünn war, dass es so aussah, als wäre unter seinem zerschlissenen Shirt gar nichts mehr. »Das stimmt, Kumpel. Wir wollen zur … zur Thamel Street. Wir möchten uns das Rum Doodle ansehen.«
    »Das Rum Doodle?«, fragte der Junge grinsend.
    »Wir bräuchten jemanden, der uns den Weg dorthin zeigt.«
    »Soll ich machen?«
    »Ihr alle. Alle drei.«
    Der Junge sprach auf Nepalesisch mit den Mädchen, die lächelten und von dem Müllhaufen herunterkletterten. Ian war froh, dass sie noch lächeln konnten. Er hatte Kinder gesehen, die dazu nicht mehr in der Lage waren. Mit Mattie an der Hand folgte er den Kindern zurück zur Thamel Street. Sie bogen nach links ab und gingen an verbeulten Autos vorbei, die im Verkehr stecken geblieben waren. Der Junge ließ sich zu Ian und Mattie zurückfallen. »Ist euer erstes Mal in Kathmandu?«, fragte er und deutete auf einen Haufen Kuhmist, damit sie nicht hineintraten.
    »Für mich nicht«, antwortete Ian. »Aber für meine Tochter, Mattie.«
    Mattie sah den Jungen an und lächelte, sagte jedoch nichts.
    »Passt auf braune Haufen auf Straße auf«, sagte der Junge. »Wenn ihr tretet in einen, macht es Tag für euch kaputt.« Er machte das Hupen eines Autos nach und ging an einem kaputten Motorrad und seinem Fahrer vorbei. »Ihr braucht Führer für Berge? Ich könnte hinbringen euch. Ich trage Rucksäcke.«
    »Das brauchst du nicht. Wenn du uns zum Rum Doodle bringst, dann sind wir zufrieden.«
    »Ihr werdet noch mehr zufrieden sein nach dem Rum Doodle.«
    Ian folgte den Kindern und fragte sich, ob er mit Mattie in die Kneipe gehen sollte, selbst wenn sie berühmt war. »Tust du mir einen Gefallen, Kumpel?«, bat Ian den Jungen. »Erzählst du meiner Tochter hier etwas über das Rum Doodle?«
    »Ich noch nie drin gewesen. Ich mal versucht, aber … aber das war kein gut Idee.«
    »Das spielt keine Rolle. Ich schätze, du weißt alles darüber, und wir können uns ja genauso gut ein bisschen unterhalten, während wir gehen.«
    Der Junge kratzte an einem Insektenstich an seinem Arm. »Leute sagen, Sir Hillary hat dort seinen Namen geschrieben. An die Wand. Und

Weitere Kostenlose Bücher