Ich bin an deiner Seite
näherte. »Möchtest du gerne mit diesen drei Damen wandern?«
Mattie blickte zu ihrem Vater auf und hoffte, dass sie seine Gefühle nicht verletzte. »Wenn es dir recht ist, glaube ich, dass das sehr schön wäre.«
»Dann, denke ich, haben wir unsere Reisegefährten gefunden.«
Leslie bedeutete ihren Freundinnen, sich vorzustellen. Tiffany war zierlich, mit einem fast jungenhaften Körper. Die stämmige, große Blake hielt eine Gitarre auf dem Schoß. Die Frauen schwankten mit dem Verlauf der Straße wie Palmen in starkem Wind.
Der Bus erreichte einen Gipfel. In der Ferne erhoben sich die viel höheren, schneebedeckten Spitzen des Himalayas in den Himmel. Mattie betrachtete die Berge, voller Ehrfurcht über ihre Proportionen. Selbst während sie lächelte und Tiffany und Blake begrüßte, wanderten ihre Augen zurück zu den Gipfeln, und sie fragte sich, ob ihre Mutter vielleicht dort oben war, auf einem davon. Wusste ihre Mutter, dass sie gerade neue Freunde gefunden hatte? Dass sie bald so hoch steigen würde, dass sie sich vielleicht spüren konnten?
Mattie hoffte, dass ihre Mutter die Antwort auf solche Fragen kannte. Sie wollte, dass ihre Mutter sie sah, vor allem jetzt, wo sie versuchte, tapfer zu sein, obwohl so viele Teile von ihr Angst hatten, wo sie sich trotz der Anwesenheit ihres Vaters und der drei freundlichen jungen Frauen so allein fühlte.
***
Ian lag in der Dunkelheit und betrachtete das kleine Zimmer, das sie gemietet hatten. Das erste Tageslicht kroch gerade hinein und beleuchtete die weiß gestrichenen Steinwände. Ein verblichenes Poster mit Mönchen in orangefarbenen Roben, die eine Buddha-Bronzestatue anblickten, hing an der hinteren Wand. Ein ausgefranster Teppich mit bunten Mustern bedeckte den Zementboden. Ansonsten war der Raum schmucklos.
Als er sich auf die rechte Seite legte, blickte er in die gleiche Richtung wie Mattie, die ungefähr dreißig Zentimeter von ihm entfernt lag. Er hatte zwei in Kathmandu gekaufte Schlafsäcke mit den Reißverschlüssen zusammengefügt und auf diese Weise einen riesigen Schlafsack daraus gemacht, den sie sich teilen konnten. Seit Monaten fragte Ian sich, ob sie immer noch im selben Bett schlafen sollten. Er war sicher, dass die meisten Leute sie für zu alt halten würden, um sich noch das Bett mit ihrem Vater zu teilen. Aber die meisten Leute hatten nicht gesehen, wie ihr kleines Mädchen ihre Mutter verlor, und wenn Mattie nachts nicht weinen und keine Angst haben musste, wenn sie bei ihm schlief, nun, dann schlief er sehr gerne bei ihr. Und wenn er ehrlich war, genoss er die gemeinsam verbrachten Nächte. Er las ihr oft im Bett etwas vor oder dachte sich eine Geschichte aus. Und wenn sie ihren Kopf auf seine Brust legte und einschlief, dann konnte er seine Sorgen für einen Moment vergessen.
Mattie murmelte halb verschlafen etwas und griff instinktiv nach ihm. »Schsch«, flüsterte er und zog sie näher an sich, legte seinen Arm um ihre Schultern. Er dachte, dass sie weiterschlafen würde, aber stattdessen wandte sie sich zu ihm um und öffnete die Augen. Ein paar Herzschläge lang sah sie sich im Zimmer um und war sichtlich verwirrt. »Keine Sorge, Schatz«, sagte er und strich ihr mit dem Daumen über die Stirn. »Wir sind in Nepal, erinnerst du dich?«
Sie nickte und sah so jung aus, viel zu unschuldig, um schon so viel gesehen zu haben. Er küsste eine Sommersprosse auf ihrer Nase. »Papa«, sagte sie, »du hast Mundgeruch.«
»Oh, das tut mir leid. Sollen wir aufstehen und uns mal unseren Zähnen widmen? Meine müssten mal baden.«
»Einer von meinen wackelt ein kleines bisschen.«
»Wirklich? Meinst du, die Zahnfee findet uns hier oben?«
Mattie kratzte sich am Kopf. »Sie kann mich hier oben nicht finden, weil es sie nicht gibt. Das weiß ich schon seit zwei Jahren.«
»Seit zwei Jahren? Nein, so lange noch nicht. Höchstens ein Jahr.«
»Aber so lange, Papa. Mindestens so lange.«
Er streckte die Beine aus und genoss, wie sich das kühle Material der Schlafsäcke anfühlte. »Und außerdem stimmt das nicht. Dass es sie nicht gibt, meine ich.«
»Wie meinst du das?«
»Deine Mutter und ich haben dir immer einen Dollar unter das Kopfkissen gelegt und den Zahn weggenommen. Nur weil wir keine Flügel hatten, bedeutet das nicht, dass wir keine Feen waren. Ein paarmal hat deine Mutter sogar ein bisschen Glitzer auf den Boden gestreut und ihren magischen Staub hinterlassen. Also, wenn sie nicht die Zahnfee war, dann weiß ich
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