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Ich bin an deiner Seite

Ich bin an deiner Seite

Titel: Ich bin an deiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Shors
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Sie wissen schon – getrocknete Nudeln und Gewürze und so etwas. Jedenfalls hatten wir, als ich sie kürzlich verkaufte, mehr als zwanzig Angestellte. Sogar ein paar Männer aus Bangalore arbeiteten für uns.«
    »Wirklich, aus Bangalore? Haben Sie gut gearbeitet?«
    »Wie Räder an einem Wagen.«
    Der Mann nickte, trank sein Bier aus und stellte die Dose beiseite. »Varanasi wird Ihnen gefallen. Seien Sie vorsichtig, es gibt dort viele Taschendiebe. Aber wenn Sie Ihre Schuhe ausziehen und mit den Füßen in den Ganges gehen, dann werden Sie das Gefühl haben, zu Hause zu sein.«
    »Das haben wir schon gehört.«
    »Dann genießen Sie Ihre Reise. Und den Ganges.«
    Als Ian bemerkte, wie müde Mattie aussah, bedankte er sich bei dem Paar für das Essen und die Getränke. Dann half er ihr, eine kleine Eisenleiter hinaufzuklettern, die zu einer gepolsterten Liege über ihren Sitzen führte. Ein Vorhang konnte um das Bett geschlossen werden, und Ian zog ihn zu, überrascht darüber, dass ein sauberes weißes Laken auf der Matratze lag. Obwohl das Bett eigentlich nur für einen schlafenden Passagier gedacht war, wusste Ian, dass Mattie wollen würde, dass er neben ihr lag. »Denkst du, hier ist genug Platz für uns beide?«, fragte er.
    »Sicher, Papa«, sagte sie und rückte möglichst weit zur Seite, um Platz für ihn zu machen. Den Ring ihrer Urgroßmutter hielt sie fest umklammert.
    Ian legte sich neben sie auf den Rücken. Sie lehnte den Kopf an seine Brust. Der Zug ruckelte unter ihnen hin und her, und das rhythmische Rattern der Räder auf den Schienen dämpfte die Unterhaltungen der anderen Reisenden. »Möchtest du gerne eine Geschichte hören, Schatz?«
    »Kannst du mir eine neue erzählen?«
    »Wovon soll sie denn handeln?«
    »Von … von einem Mädchen, das eine kleine Schwester bekommt.«
    Er strich ihr über den Hinterkopf und wünschte, sie würde nicht um solche Geschichten bitten, denn sie wollte, dass sie gut ausging. Und ein gutes Ende war in einer Geschichte einfacher zu schaffen als im wirklichen Leben. »Es war einmal ein braunäugiges Mädchen«, begann er, »die ganz allein in einem Zug lebte.«
    Ian fuhr mit der Geschichte fort und fragte sich, welche Worte sie wohl lächeln lassen würden und ob sie jemals eine kleine Schwester bekommen würde. Er wollte ihr mehr als alles andere auf der Welt einen solchen Schatz schenken, aber er konnte sich im Moment nicht vorstellen, wieder zu heiraten. Und als alleinerziehender Vater schied eine Adoption aus. Kein Jugendamt würde ihm ein Kind zusprechen.
    Am Ende seiner Geschichte fand das Mädchen eine kleine Schwester, und das brachte Mattie zum Lächeln. Sie bedankte sich bei ihm, gab ihm den Ring und schloss die Augen. Er blieb wach, und seine Gedanken wirbelten durcheinander, während seine Finger den Ring drehten. Er wusste nicht, ob er ihr letztlich Hoffnungen machen konnte, wie er es so gerne wollte. Irgendwann würde ihre Reise zu Ende sein, und dann würde er sich einen neuen Job suchen müssen, der ihn von ihr trennen würde. Sie würde ihn brauchen, und er würde in einer Besprechung sein, vielleicht nur ein paar Kilometer die Straße runter, aber zu weit, um die Distanz zu überbrücken.
    Die Nacht verging, aber Ian fand keinen Schlaf. Zum ersten Mal seit dem Beginn ihrer Reise wollte er nicht, dass sie endete.
***
    Vom Wasser aus wirkte Varanasi heiter. An den betonierten Ufern des Ganges erhoben sich zwei- und dreigeschossige Tempel, Schreine und Paläste wie bunte Burgen. Die Tempel waren unten oft rechteckig und hatten ein buntes, spitzes Dach. In den Höfen unter den Tempeln in der Nähe des Flusses beteten Hindus in zeremoniellen Roben, versammelten sich oft um einen mit Blumen bedeckten Körper. Reihen von niedrigen Stufen führten von den Tempeln direkt in den Ganges und gestatteten es den Menschen, bequem am und im Wasser zu beten. Mattie war einmal bei einem Footballspiel der New York Giants gewesen und fand, dass das Ufer des Flusses aussah wie die Tribünen in einem riesigen Stadion. Rosafarbene und rote Tempel sprenkelten das Flussufer, und Tausende von Hindus gingen die Steintreppen hinauf und hinunter, Pilger, die aus allen Teilen des Landes gekommen waren, um im Ganges zu schwimmen und sich von ihren Sünden reinzuwaschen.
    Der Ganges war viel größer, als sie angenommen hatte. Boote mit blauen Rümpfen tanzten in der Strömung, während Fischer Netze in das trübe Wasser auswarfen und Touristen Fotos machten. Matties Vater

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