Ich bin dann mal alt
der Generationen
Mein Vater war Polier und unsere Mutter wollte immer gern Hebamme werden. Ich bin mit 13 beim Radetzky, einem Wirtshaus, schon Arbeiterin gewesen. Und da hing oben in der linken Ecke neben dem Eingang ein Kreuz. Bei dem bin ich gekniet und hab gebetet, dass die Mutter Hebamme werden kann. Sie hätte es werden können, wollte es dann aber nicht mehr. Aber der Glaube, dass Gott geholfen und meine Bitte erhört hat, der ist geblieben – weil sie hätte es ja werden können. Deshalb weiß ich: Der Mensch muss glauben, sonst geht er unter.
Lindenwirtin Josefine Wagner
Die erheblich wachsende Zahl alter Menschen stellt alle modernen Gesellschaften vor gewaltige Probleme, weil die staatlichen Sozialsysteme und die Gesundheitsfürsorge in eine finanzielle Schieflage geraten. Vieles deutet darauf hin, dass diese Länder auf einen Generationenkonflikt zusteuern – mit Konsequenzen, die heute niemand vorhersagen kann. In der Diskussion um die kommende Finanzkatastrophe im Gesundheitswesen wird erstmals sichtbar, dass den meisten Ländern sozialer Unfrieden droht. In Deutschland haben junge Politiker der älteren Generation den Fehdehandschuh bereits zugeworfen. Ihre Forderung, Hochbetagten bestimmte medizinische Leistungen nicht mehr zu bezahlen, war erst der Anfang. Zwar pfiffen die Parteioberen ihre politischen Grünschnäbel sofort zurück und gelobten den erschrockenen Senioren auch in Zukunft beste Behandlung im Krankheitsfall. Aber so überzogen die Äußerungen der Jungen auch waren: Sie treffen den Kern des Problems; denn der Weg in die Seniorengesellschaft der Zukunft wird erhebliche Konflikte zwischen den Generationen auslösen.
In den reichen Industrieländern ist in den vergangenen Jahrzehnten eine »Pampers-Gesellschaft« herangewachsen, die sich gegen alle erdenklichen Unwägbarkeiten des Lebens abgesichert hat. Jetzt müssen Alte wie Junge von vielen lieb gewordenen Annehmlichkeiten Abschied nehmen. Die Altersversorgung, die bestmögliche medizinische Betreuung, der Platz im Seniorenheim – das alles ist nicht mehr so sicher, wie bisher angenommen wurde. Der daraus resultierende Verteilungskampf wird sich zum großen Teil zwischen den Generationen abspielen und der sogenannte demografische Faktor, also die zahlenmäßig stark wachsende Altersgruppe über 60, könnte zum Pulverfass werden. Denn die Mehrheit der Bevölkerung – und das sind eines gar nicht so fernen Tages die Senioren – wird in völligem Einklang mit unseren demokratischen Regeln in den Rathäusern und Parlamenten das Ruder übernehmen und Gesetze schaffen, die ihre Rechte absichern und vermutlich die jungen Menschen enorm belasten. Es ist zu befürchten, dass die aktiv im Erwerbsleben stehenden Jüngeren diese Belastungen nicht tragen wollen – und nicht tragen können. Forderungen wie die, alten Patienten kein neues Hüftgelenk mehr zu bezahlen, werden sich dann ohnehin in Luft auflösen, weil sie in der Seniorengesellschaft gar keine Mehrheit finden. Und mit vielen anderen Entscheidungen dürfte es ähnlich sein.
Der Generationenkonflikt wird in Zukunft manche unfriedliche, schmerzhafte Überraschung bringen. Auch deshalb braucht unsere Gesellschaft dringend eine Reform, die das Altwerden nicht nur mit materiellen Angeboten begleitet. Die nachfolgende Generation übersieht gerne, dass sie die demografische Fehlentwicklung selbst mitverursacht hat: Viele der jungen Leute haben sich gegen das Kinderkriegen entschieden, weil sie ein vermeintlich schöneres Leben haben wollen; Kinder empfinden sie dabei offenbar als Einschränkung. Und die politische Führung setzt
dieses einseitig materielle Denken fort: Der Staat, so fordern unsere Parlamentarier, braucht Kinder, sonst kann er in Zukunft sein Sozial- und Gesundheitssystem nicht mehr finanzieren – welch eine Geringschätzung der Kinder, die nur noch als Beitragszahler für die Staatskasse betrachtet werden.
Der Generationenkonflikt entsteht aus der Beziehungslosigkeit zwischen Jungen und Alten, die sich aufgrund der erkalteten Lebensweise immer mehr voneinander entfernen. Früher standen sich Kinder und Eltern, Enkelkinder und Großeltern, Freunde und Nachbarn näher als heute; auch alte Menschen wurden für vielerlei Tätigkeiten noch gebraucht und ins gemeinsame Leben einbezogen.
Die 1500 Jahre alte Ordensregel der Benediktiner sagt nichts über das Ende einer Berufszeit und den Eintritt in den Ruhestand aus. Der alternde Mönch bleibt im Beziehungsgeschehen, er
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