Ich bin dann mal alt
tun und zugleich neue Beziehungen leben können. Noch besser ist es natürlich, damit nicht erst im Alter zu beginnen, sondern schon in jungen Jahren. Doch auch im Ruhestand ist es sinnvoll, sich für andere einzusetzen. Wer allerdings früher keine solchen Erfahrungen gemacht hat, tut sich als alter Mensch oft schwer, freiwillig soziale Aufgaben zu übernehmen. Trotzdem sollte sich niemand entmutigen lassen, wenn auch mal Schwierigkeiten auftauchen und man sich fragt, ob man sich ohne Not in solche Aufgaben hineinbegeben soll – es lohnt sich.
Zwar wird oft behauptet, die meisten – oft auch betagten – Menschen seien »satt« und egoistisch, ihnen sei das Schicksal anderer, das Eintreten für Ideale oder die Mithilfe in Vereinen und gemeinnützigen Projekten egal. Doch erfreulicherweise sieht die Wirklichkeit ganz anders aus: Fast jeder Dritte über 14 Jahren hierzulande engagiert sich ehrenamtlich, in Deutschland sind es insgesamt 24 Millionen. Und fast noch einmal so viele Menschen haben laut Umfrage signalisiert, dass sie ebenfalls dazu bereit seien. Allein der finanzielle Wert, der hinter diesem Freiwilligen-Heer steckt, ist immens. Ob Hospiz-Einsatz für Sterbende oder die Mitarbeit im örtlichen Fußballclub, ob in der Vorstandschaft des Schützenvereins oder beim Engagement in Kirchen und Gewerkschaften:
Die ehrenamtlichen Helfer »schenken« der Gesellschaft und ihren Mitmenschen Zeit, Ideen, Hilfe – und Geld. Für ältere Menschen ist das ein geradezu ideales Betätigungsfeld, in das sie ihre reichen Erfahrungen und ihr Wissen einbringen können. Ein wunderbares Beispiel gab es kürzlich in einem bayerischen Altenheim: Dort haben die Senioren für ihre Stadt historische Dokumente »übersetzt«, die noch in der alten Kurrentschrift verfasst waren. Junge Leute haben diese spezielle Schrift nicht mehr erlernt, doch die betagten Heimbewohner waren in der Lage, sie zu entziffern.
Manchmal hat man allerdings den Eindruck, dass der Staat und die Öffentlichkeit solche »Geschenke« nicht richtig schätzen. Denn oft genug müssen sich die Bürger für ihre unentgeltlichen Leistungen mit der Bürokratie – vom städtischen Ordnungsamt bis zum Finanzbeamten – herumschlagen, weil ihr Engagement zahllosen Gesetzen, Verordnungen und Vorschriften entsprechen muss, sonst gibt es Ärger.
Leider bremst der Staat diese Freiwilligenarbeit häufig mit Überregulierungen und nicht selten wird der persönliche Einsatz engagierter Menschen für bestimmte Ideen sogar belächelt, vor allem dann, wenn sich die Initiative direkt gegen staatliche Anordnungen richtet. Bürgerinitiativen gegen neue Autobahntrassen, der Protest gegen eine geplante Flussbegradigung – in allen Städten und Dörfern gibt es Beispiele dafür, dass engagierte Männer und Frauen mitreden und mitgestalten wollen. Manchmal ist ein Konflikt mit den Behörden vorprogrammiert, aber das sollte niemanden entmutigen.
Vielleicht kann gerade in solchen Konfliktfällen die Lebenserfahrung älterer Mitbürger helfen, drohende Streitigkeiten frühzeitig beizulegen und geplante Projekte in die Tat umzusetzen. Soziales Engagement ist häufig auch mit Krisen und Konflikten verbunden, und es braucht viel Kreativität, um die Probleme
lösen zu können. Erfahrung und Gelassenheit helfen dann oft mehr als die ungestümen Protestaktionen junger Leute.
Im Ehrenamt übernehmen Bürger die Mitverantwortung für andere, ohne die Hand aufzuhalten. Ihr »Lohn« besteht aus innerer Zufriedenheit und dem guten Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun. Für ältere Menschen ist die Erfahrung, dass sie gebraucht werden und Beiträge für die Gesellschaft leisten, besonders wichtig. Allerdings haben manche Politiker die Bedeutung dieser sensiblen Hilfsbereitschaft offenbar nicht begriffen, wenn sie sich für die Entlohnung der Freiwilligenarbeit in harter Währung stark machen und sich damit den Ehrenamtlichen anbiedern. In Bayern ist kürzlich das Modellprojekt »EhrenamtsCard« angelaufen: Wer sich in Vereinen oder für gemeinnützige Ideen engagiert, bekommt eine Rabattkarte, mit der er in seiner Region günstig einkaufen kann. Damit sollen möglichst viele Menschen für ehrenamtliches Engagement begeistert werden. Auf den ersten Blick eine interessante Idee. Vereinsvorstände und Platzwarte, Kassenrevisoren und Jugendbetreuer fahren in öffentlichen Verkehrsmitteln zum halben Preis, lassen sich beim Frisör die Haare billiger schneiden und können in rund 500 Geschäften –
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