Ich bin dann mal alt
um seinen Segen. Dabei sprach er: »Der gütige und barmherzige Gott segne dich. Er erfülle dich mit seiner Liebe und mit seiner Kraft. Er schenke dir Einsicht und Weisheit des Herzens. Er stärke dich in deiner Not und befreie dich von allem Leid des Leibes und der Seele. Seine heiligen Engel sollen dich auf deinen Wegen begleiten, und unter dem Schutz des Allmächtigen sollst du geborgen sein.« Dann zeichnete der Mönch das Zeichen des Kreuzes über ihn und half dem knieenden Mann vom Boden auf.
Dem Mann liefen Tränen über die Wangen. Er sagte: »Sehen Sie, ich glaube nicht an Gott. Ich habe lange nicht gebetet. Ich weiß nicht, ob es einen Gott gibt, der mich beschützt. Aber ich sehne mich so sehr nach einem Segen.«
Not und Krankheit haben diesen Mann wahrscheinlich zu seinen tiefsten Gefühlen und zu seiner innersten Sehnsucht geführt. Er hat seine eigenen Grenzen überschritten und sich einer Wirklichkeit zugewandt, die gläubige Menschen Gott nennen. Er selbst konnte diese Sehnsucht wahrscheinlich nur in seiner Not und durch seine Krankheit ausdrücken. Oft ist es so, dass Menschen in Notsituationen zu ihrer Sehnsucht finden. Sie wissen nicht, dass sie immer in der Liebe Gottes geborgen sind, aber sie ahnen, dass es über alle Grenzen und über alles Leid hinaus etwas geben muss, das Hilfe und Stütze gibt.
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Wege zur Transzendenz
Jeder Mensch hat – auch im Alter – die grundlegende Fähigkeit zur Wandlung. Das ist keine wissenschaftliche These, sondern eine Erfahrung, die aus dem Glauben kommt. Dieser Wandel bezieht sich sowohl auf den körperlichen wie auf den geistigen Wachstumsprozess. Außerdem ist ein Mensch – bei aller Anerkennung seiner beschränkten Möglichkeiten – in der Lage, über seine eigenen Grenzen hinauszuschauen und sogar das scheinbar Unvorstellbare zu denken. Selbst wenn im Alter die physischen Kräfte erlahmen, kann der Mensch Grenzen überschreiten – nämlich in geistiger Hinsicht. Denn der geistig-seelische Prozess ist – anders als der körperliche – eine ständige Weiterentwicklung. Das spirituelle Leben wird immer umfassender und reifer, die Menschen werden weise und genießen immer häufiger den Zustand heiterer Gelassenheit. Diese seelische Weiterentwicklung geht meistens einher mit dem zunehmenden Verfall des Körpers – vermutlich bedingen die beiden gegenläufigen Entwicklungen einander wie bei kommunizierenden Röhren: Das geistige Wachstum holt sich seine Kraft aus dem Körper, der immer mehr abbaut. Es ist eine Entwicklung, die wegführt von der äußerlichen Stabilität – hin zu innerer Sicherheit und Stärke. Der Mensch lässt sein materialistisches Leben allmählich hinter sich und geht einer spirituellen Welt entgegen, in der die alten Verhaltensmuster keine Bedeutung haben. Bei diesen Schritten in die Transzendenz tauchen die Sinnfragen des Lebens auf: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Was geschieht nach dem Tod?
Wir kennen die Antworten nicht, weil wir keinen Einblick in den Schöpfungsplan haben. Ihn zu enträtseln, wäre der größte
Triumph des menschlichen Verstandes, aber er wird uns ein Geheimnis bleiben, das nur aus dem Glauben heraus erklärbar ist. Zu allen Zeiten haben die Menschen nach Beweisen für ein Leben nach dem Tod gesucht – vergeblich. Aus Beobachtungen und Bildern haben sie nach ihren Vorstellungen ein geistiges Szenario entworfen, das natürlich keiner wissenschaftlich-rationalen Prüfung standhält. Allein aus dem Glauben sind die Schöpfung und das Jenseits zu verstehen. Für alte Menschen ist diese Glaubenserfahrung besonders wichtig, weil sie nahe an der Schwelle zum Übergang in eine andere Dimension stehen – ohne Transzendenz wäre menschliches Leben sinnlos.
Sucht und Sehnsucht
Im Wirtshaus erlebt man ja allerhand. Oft fangen die Männer zu saufen an und man denkt, das hat keinen Sinn und kein Ziel. Aber eigentlich wollen sie nur glücklich sein – bloß geht das nicht mit Bier und nicht mit Wein und nicht mit Schnaps. Wer so einen Weg geht, ist verloren.
Lindenwirtin Josefine Wagner
Die Menschen sehnen sich nach Glück, nach einem guten Leben. Diese Sehnsucht ist eine menschliche Grundhaltung, eine Brücke zur Transzendenz – und akzeptiert, dass man sich im Leben nicht jeden Wunsch erfüllen kann. Sie wird jedoch pervertiert, wenn es einseitig nur noch um materielle Ziele geht. Dann wandelt sich die Sehnsucht häufig zur Sucht, die den Menschen abhängig und krank macht. Wie oft kommt es vor, dass ein
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