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Ich bin dann mal alt

Ich bin dann mal alt

Titel: Ich bin dann mal alt
Autoren: Johannes Pausch , Gert Boehm
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Mann in seiner verständlichen Sehnsucht nach einer harmonischen, liebevollen Zweierbeziehung zu einem rastlosen Sexisten wird, der die Frauen nur »benutzt« und wie seine Hemden wechselt.
    Die Eigenständigkeit des Menschen, seine Freiheit – sie werden eingeschränkt, sobald man süchtig wird nach immer neuen Events, nach Nervenkitzel und Sexabenteuern, nach Titeln und äußeren Statussymbolen. Die Sucht macht aus dem Menschen einen Getriebenen, und erst die Rückkehr zu einer Sehnsucht, in der sich die Hoffnung auf Erfüllung in angemessener Weise ausdrückt, macht den Menschen wieder ruhig und gelassen. Sehr vereinfacht könnte man sagen: Sucht bezieht sich auf materielle Ziele und aufs Diesseits, Sehnsucht auf geistige Ziele und aufs Jenseits. Jeder trägt in sich einen göttlichen Funken, der die Sehnsucht des Menschen nach Transzendenz wachhält. Es wäre falsch zu versuchen, dieses Urbedürfnis mit Alkohol oder Drogen
zu stillen – statt den Weg voller Hoffnung und Vertrauen ins Leben zu gehen.
    Die Erfahrung zeigt, dass Süchte im Alter besonders intensiv auftreten – nach materieller Sicherheit, nach Beziehungen, nach Erhalt der Gesundheit um jeden Preis. Und diese Wünsche sollen am besten sofort und zu 100 Prozent erfüllt werden. Aber genau diese übertriebenen Forderungen werden zur Falle. Viele einsame, gebrechliche Menschen sind süchtig nach Zuwendung und »kaufen« sich eine Bezugsperson oder eine Pflegekraft, nörgeln aber sofort herum, wenn die Streicheleinheiten nicht so erfolgen wie erwartet. Dabei ist es im Alter eine große Freiheit, dass man »absichtslos« leben kann. Der Mensch braucht sich selbst nichts mehr zu beweisen und kann darauf verzichten, etwas erreichen zu müssen. Diese innere Absichtslosigkeit wirkt befreiend – man muss nicht mehr mit dem Bruder, dem Ex-Arbeitskollegen oder einem missliebigen Politiker streiten oder sich für etwas rechtfertigen. Absichtslose Sehnsucht wirkt wie ein Geschenk für den Leib und die Seele.
    Natürlich ist es verständlich, wenn sich ein alter Mensch, den Schmerzen plagen, nach Gesundheit sehnt. Er lebt in der Hoffnung, dass er von seinen Schmerzen befreit wird – wenn er diese Zuversicht nicht mehr hat, wird sich sein leidvoller Zustand kaum ändern. Seine Sehnsucht ist die Triebfeder für seine leibseelische Gesundheit. In jedem Menschen brennt das Feuer der Liebe, der Hoffnung, des Vertrauens – verbindet er sich damit, kann er den Blick auf ein anderes, größeres, erfülltes Leben richten, in dem das Leid keinen Platz mehr hat. Kein Arzt, kein Medikament kann diesen Heilszustand herbeiführen – damit wäre die ärztliche Kunst, deren Aufgabe es ist, körperliche Schmerzen zu lindern oder zu beseitigen, auch überfordert. Eher ist die Gefahr groß, dass der Patient süchtig wird nach den Arzneien, die ihn sofort vom physischen Schmerz befreien. Natürlich darf ein
Mensch seinen Körper nicht vernachlässigen oder sich einer Schmerztherapie verweigern, aber er muss auch wissen: Der Leib hat Grenzen, doch in bestimmten Situationen kann man sie auch überschreiten.
    Rückkehr zur kleinen Dosis
    Wir sind dauernd einer Überdosis vielfältiger »Gifte« ausgesetzt: Elektrosmog, die Informationsflut, Lärm, Umweltgifte, Medikamente, Geschmacksverstärker, Farb- und Konservierungsstoffe in den Lebensmitteln, gespritztes Obst und Gemüse – und zusätzlich die zerstörerischen Emotionen, die sich in Form von Hass und Neid, von Habsucht, Geiz und Stolz in die Seele fressen. In homöopathischen Mengen können Gifte dem Menschen helfen, aber im Übermaß sind sie schädlich. Sonnenstrahlen tun gut, doch die Überdosierung erzeugt Hautkrebs. Ein Glas Wein schmeckt und ist bekömmlich, aber das Übermaß macht krank und süchtig. Moderne Gesellschaften scheinen für Überdosierungen jeder Art ein fruchtbarer Nährboden zu sein – auch die meisten Erfolgsprämien für Topmanager haben das rechte Maß verloren.
    Viele Menschen meinen, gegen solche »Gifte« könne man nichts machen, nehmen sie als Schicksal hin, das man eben aushalten muss, und bekämpfen mit der einen Überdosis die andere – zum Beispiel den Stress in der Arbeit mit einer Schlaftablette für die Nacht oder den übermäßigen Zigarettenkonsum mit einer Überdosis Sport im Fitness-Studio und mit Vitamintabletten.
    Überdosierungen soll man jedoch nicht schlagartig, sondern schrittweise auf ein gutes Maß zurückführen. Die Rückkehr
zur kleinen Dosis ist heilsam – lediglich
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