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Ich Bin Dann Mal Weg: Meine Reise Auf Dem Jakobsweg

Ich Bin Dann Mal Weg: Meine Reise Auf Dem Jakobsweg

Titel: Ich Bin Dann Mal Weg: Meine Reise Auf Dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hape Kerkeling
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wesentlicher Bestandteil unseres Lebens.
    Vielleicht machen es die Nachtschichtpilger doch genau richtig? Die stellen sich der Dunkelheit.
    Je weniger wir uns über die ständigen symbolischen Geburten in unserem Leben freuen und an ihnen hängen, desto leichter können wir vielleicht auch die symbolischen Tode akzeptieren? Ich muss mich jedenfalls mal intensiver mit meinem Schatten auseinander setzen!
    Mir bleiben noch achtzehn Etappen zu laufen. Elf Etappen – zweihundertzwanzig Kilometer – habe ich zu Fuß zurückgelegt. Eine bin ich per Anhalter gefahren und vier habe ich mit dem Bus zurückgelegt. Das entspricht in etwa einhundert motorisierten Kilometern.
    Übermorgen wäre also Halbzeit. Bin heute Abend erschöpft und einfach leer gelaufen! Komme mir vor wie eine leere Flasche, die aufgefüllt werden muss.
    Erkenntnis des Tages:
    Ich werde meinem Schatten begegnen!

28. Juni 2001 – Calzadilla de la Cueza
     
    Heute Morgen komme ich erst um halb acht aus dem Bett und bin immer noch todmüde. Mühsam schleppe ich mich auf die Marathonstrecke, die zunächst über eine grob gepflasterte Römerstraße führt. An einer Tankstelle, kurz bevor der staubige, siebzehn Kilometer lange Feldweg nach Calzadilla de la Cueza beginnt, gönne ich mir noch einen Kaffee. Und da ich nur zwei Liter lauwarmes Wasser dabei habe, bestelle ich mir noch ein Sprudelwasser. Der Inhalt der Plastikflasche entpuppt sich allerdings als steinharter Eisklumpen. Erst will ich mich beschweren, aber dann stopfe ich den Minigletscher einfach murrend in meinen Rucksack. Was nützt es schon: entweder die oder keine!
    Die dann folgende Etappe ist schlicht und ergreifend die Hölle. Die Sonne brennt schon in der Früh gnadenlos und penetrant herunter. Kein Strauch und kein Baum sind weit und breit zu erkennen, vor mir liegen nur immer gleiche Felder und dieser kerzengerade staubige Sandweg, dessen Ende nicht zu erkennen ist. Heute leuchte nicht ich, sondern der Pfad. Siebzehn endlose Kilometer geht es immer nur in dieselbe Richtung ohne jede Abwechslung oder auch nur die Andeutung eines Schattens. Heute begegne ich meinem Schatten garantiert nicht! Normalerweise kann man zumindest alle zehn Kilometer irgendwo einkehren, um für einen Moment im Kühlen zu sitzen und sich auszuruhen. Das ist heute anders, ganz hart. Der Weg blendet mich durch die intensive Sonnenstrahlung so sehr, dass ich meine tränenden Augen ab und zu trotz Sonnenbrille zur Entspannung für mehrere Sekunden schließen muss. Meine Atmung wird immer lauter und trockener. Irgendwann nehme ich außer meinem leidenden Japsen gar nichts anderes mehr wahr.
    In der prallen Sonne zu rasten wäre Wahnsinn, also muss ich tun, was ich eigentlich nicht gut verkrafte: ich verschärfe mein Tempo drastisch, um so schnell wie möglich aus diesem überbelichteten Kornfeldinferno herauszukommen.
    Zum Glück habe ich meinen Eisklumpen dabei und so schütte ich ab und zu etwas von meiner lauwarme Brühe in die gefrorene Flasche und habe immerhin für zweieinhalb Stunden einen kalten Drink, denn so lange dauert es, bis das Eis ganz geschmolzen ist. Trotzdem bleibt die Strecke gnadenlos und ich gerate, als das Eiswasser getrunken ist, allmählich ein bisschen in Panik, denn das Dörfchen Calzadilla de la Cueza, das auf meiner Karte zweifelsfrei eingezeichnet ist, will und will nicht am Horizont auftauchen. Dabei ist es hier flunderflach und man kann irrsinnig weit schauen. Dieses Tempo, das lehrt mich meine bisherige Erfahrung als Pilger, halte ich nicht mehr lange durch. Wahrscheinlich hab ich mich wieder verlaufen? Das wäre heute ganz schlecht. Aber die Schmetterlinge flattern vereinzelt immer noch am Wegesrand entlang und ich halte mich mit dem Absingen von Gospels und Märschen entschlossen über dem nicht vorhandenen Wasser.
     
     
    Kein Strauch, kein Baum, kein Schatten  
     
    Nach gefühlten 25 Kilometern erscheint auf einmal unvorhersehbar vor mir, keine 50 Meter entfernt, in einer sanft absteigenden Senke Calzadilla de la Cueza. Man denkt siebzehn Kilometer lang, dieser doofe Flecken wird nie auftauchen, und auf einmal ist er da. Ganz plötzlich, aus dem Nichts!
    Das war heute die grausamste Strecke! Lieber latsche ich noch mal freiwillig bei Nebel über die Pyrenäen.
    Bin jetzt siebzehn Kilometer in exakt drei Stunden ohne Pause gelaufen. Das ist Rekord und ich fühle mich wie ein Olympiasieger. Eigentlich müsste das ganze Kaff hier zusammenlaufen und mir weinend eine

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