Ich bin dein Mörder: Thriller (Sam Burke und Klara Swell) (German Edition)
Parameter zutrafen: eine junge Prostituierte, die zumindest entfernt Ähnlichkeit mit Betty gehabt haben musste und die Tom einigermaßen präzise beschrieben hatte. Erwürgt oder erdrosselt. Abgelegt in der Nähe einer Autowaschstraße. In den Monaten November bis Dezember der Jahre 1985 bis 1995. Ein ungeklärter Mordfall. Und sie war fündig geworden. Wie Sam der Akte entnehmen konnte, war Lisa Marie Graham, gebürtig in Twin Falls, Idaho, am Morgen des 22. November 1990 tot aufgefunden worden. Sie lag in einem Müllcontainer von Joe’s Super Fine Wash. Sam blätterte zu den Fotos. Sie hatten sie unter einer blauen Decke gefunden, ihre Hände sorgsam über dem Bauch gefaltet. Sie war hübsch, die braunen Haare lagen unter ihrem bleichen Gesicht wie ein Teppich.
»Hallo, Betty«, flüsterte Sam. Ihre Augen waren geschlossen, ihr Hals voller Blutergüsse. Er musste weit länger zugedrückt haben, als es nötig gewesen wäre. Und sie trug exakt die Kleidung, die Tom in seinem Brief beschrieben hatte, stellte Sam fest. Tom hatte sie also wieder angezogen. Die Polizei damals hatte aufgrund ihrer Tätigkeit angenommen, sie sei von einem Freier ermordet worden. Was genau genommen nicht ganz falsch war. DNA -Spuren waren haufenweise sichergestellt worden, mindestens von sechs verschiedenen Männern.
»Sam«, sagte Bennett neben ihm.
Die Polizei hatte den Fall schnell zu den Akten gelegt und ihren Eltern den geschundenen Leichnam von Lisa Marie in einem Plastiksarg geschickt.
»Sam!«, noch einmal Bennett. Diesmal ein wenig lauter. Sam schreckte hoch.
»Was ist? Ich versuche, mich zu konzentrieren.«
»Fragt sich nur noch, worauf«, ätzte die wissbegierige Shirin vom Rücksitz. Sie würde sich nur noch ein wenig gedulden müssen.
»Wir sind da«, verkündete Bennett.
»Tatsächlich?«, fragte Sam und stellte fest, dass sie stehen geblieben waren. Er stieg aus. Die Waschstraße firmierte immer noch unter Joe’s Super Fine Wash, an derselben Stelle wie damals. Sie warb mit extra flauschigen Reinigungstüchern und hatte mindestens die letzten sechs fälligen Anstriche verpasst. Außerdem war sie geschlossen, was Sam recht war. »Kommt mit«, forderte Sam die beiden winkend auf. So schnell wie Shirin aus dem Wagen sprang, so sehr quälte sich der massige Bennett aus seinem Sitz. Vor der Hecke, die immer noch existierte und hinter der Tom Lisa Marie vor über zwanzig Jahren erwürgt haben musste, versammelte Sam sein kleines Team. Fast wie früher, dachte er zum zweiten Mal an diesem Tag.
»Ich glaube, ich weiß, warum wir keine weiteren Prostituiertenmorde gefunden haben, die auf unser Profil passen«, begann Sam. »Weil Tom ganz einfach keine mehr begangen hat. Er entwickelt sich von einem kontrollierten Täter langsam zu einem Kontrollfreak. Er hat aufgehört, Drogen zu konsumieren. Er versucht es mit einer Prostituierten, aber schon am nächsten Morgen denkt er nur an die Konsequenzen. Er legt ihre Leiche sorgfältig ab. Er schließt ihr die Augen, er bedeckt sie. Alles Anzeichen von Reue. Tom ist nicht unser regulärer Psychopath, der blind mordend von einem Opfer zum nächsten stolpert und immer gieriger wird. Er kontrolliert sich. Und er hat Angst. Angst, dass es wieder passiert. Angst, erwischt zu werden. Er ist ein psychopathischer Phobiker, wobei sich beide Teile seiner Persönlichkeit zu einer Einheit verschmelzen, indem sie sich gegenseitig kontrollieren. Das Verlangen verhindert, dass er sich in sich verschließt, wie es für einen Phobiker üblich wäre, der Phobiker hingegen wird verhindern, dass seine Psychopathie die Kontrolle übernimmt.«
»Klingt furchtbar«, bemerkte Shirin trocken. Bennett lächelte. Man merkte, dass sie noch nicht lange dabei war. Allerdings musste Sam zugeben, dass es sich wirklich um eine äußerst seltene Mischung handelte. Und eine erschreckende, insofern traf ihre Analyse ins Schwarze. Langsam bekam Sam eine Ahnung davon, wie Tom es geschafft haben könnte, so lange jeder Strafverfolgung zu entgehen.
»Außerdem können wir davon ausgehen, dass er sehr gut aussieht. Dass es ihm nicht schwerfallen wird, Frauen davon zu überzeugen, in sein Auto zu steigen.«
»Wie Ted Bundy«, warf Bennett ein, um Shirin ein Beispiel dafür zu liefern, dass so etwas häufiger vorkam, als man dachte. »Er war so attraktiv und hatte eine so anziehende Wirkung auf Frauen, dass er noch im Todestrakt massenweise Heiratsanträge bekam.«
»Passen Sie also auf, mit wem Sie das nächste Mal
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